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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes
Autoren: J Brekke
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war das damit zu begründen, dass sich unerwartet die Möglichkeit bot, die Leiche im Sicherheitstrakt zu verstecken. Es war genau, wie Felicia Stone es an einem Abend im Krankenhaus gesagt hatte: Die meisten Mörder sind Opportunisten. Sogar der organisierteste Serienmörder kann seine übliche Vorgehensweise ablegen, wenn er sich dadurch Vorteile verschafft.
    Eine andere Theorie lautete, dass Jens Dahle zwar Lust empfunden hatte, Bond zu ermorden, den Mord an seiner Frau aber so schnell und effektiv wie möglich hinter sich bringen wollte. Einige waren der Ansicht, dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass der Soziopath Dahle tief in seinem Inneren doch noch so etwas wie menschliche Gefühle hatte. Singsaker war nicht dieser Meinung.
    Was Jens Dahle zu einem menschlichen Monster gemacht hatte, würden sie vermutlich nie herausfinden. Trotz der Gerüchte in seiner Heimatgemeinde, dass der Brand auf dem elterlichen Hof vielleicht nicht so zufällig war, wie die Ermittlungen es damals angenommen hatten, gab es keine konkreten Beweise dafür, dass er eine unglückliche Kindheit gehabt hatte oder auf irgendeine Weise misshandelt worden wäre. Keine der Zeugenaussagen der Leute, die ihn als Kind gekannt hatten, deutete auch nur an, dass er Probleme gehabt oder sich in irgendeiner Weise seltsam verhalten hätte, wie es für die Kindheit eines Serienmörders typisch gewesen wäre. Er war kein Bettnässer, hatte keine Tiere gequält und war nie dabei ertappt worden, Feuer gelegt oder Sachen mutwillig zerstört zu haben. Er soll lediglich einmal einen Fantomas-Comic im örtlichen Kiosk geklaut haben. Das war aber auch schon seine gesamte kriminelle Karriere, die im Übrigen nicht einmal in einer Anzeige gemündet hatte, da der Kioskbesitzer ihn als einen guten Jungen einschätzte. Jens Dahle war auch Mädchen gegenüber nie aufdringlich oder unangenehm aufgefallen, und in der Gemeinde hatte ihn nie jemand als Spanner beschuldigt. Er hatte nie jemanden bedroht, und es war auch nicht dokumentiert, dass er sich jemals geprügelt hatte. Die Verhöre in Ørland hatten lediglich ergeben, dass er ein stiller Junge war, der viel für sich allein gemacht hatte und häufig verträumt oder in Gedanken versunken gewirkt hatte. In seiner Jugend war er bekannt dafür, lieber zu Hause in seinem Zimmer zu bleiben und Bücher oder Comics zu lesen, als mit den Mädchen der Gemeinde auf irgendwelche Feste zu gehen. Seine Alters genossen hatten ihn als harmlosen, schlauen, aber etwas seltsamen Jungen abgetan.
    Singsaker fragte sich, wie lange es dauern würde, bis er wieder an Dahles Haus vorbeiradeln konnte, ohne immer wieder das gleiche Bild vor Augen zu haben. Dahle mit entblößtem Oberkörper, eine Maske aus Menschenhaut vor dem Gesicht, oder den Moment, in dem er die Maske herunterriss und zwei Augen zum Vorschein kamen, die in eine vollkommen andere Welt starrten als seine, eine Welt, die Dahle in all den einsamen Jahren in seinen Gedanken geformt hatte, ohne dass jemand anders etwas davon mitbekommen hatte. Der Anblick von Jon Vattens Haus, ein Stück weiter die Straße runter, hellte seine Laune auch nicht gerade auf. Und als er auf den Hof hinter seinem Haus fuhr und die Haustür aufschloss, plante er, den Hering Hering sein zu lassen und sich stattdessen mit einer Flasche Rød Aalborg auf dem Nachtschränkchen ins Bett zu legen und vielleicht irgendeinen sentimentalen Film zu schauen.
    Aus diesem Plan wurde nichts.
    Felicia bekam Panik, als sie den Schlüssel in der Tür hörte. Schon wieder hatte sie das Gefühl, etwas Dummes getan zu haben. War es richtig gewesen, es auf diese Weise zu tun? Oder machte sie so alles kaputt, bevor es überhaupt begonnen hatte? Jetzt war es zu spät für solche Bedenken. Jetzt konnte sie sich nur noch an ihren Plan halten. Sie hastete ins Schlafzimmer, legte sich ins Bett und musste über sich selbst lachen, als sie die oberen zwei Knöpfe ihrer Bluse öffnete. Bescheuert, dachte sie. Und wenn es nicht funktioniert?
    Als sie ihn mit einer Flasche Aquavit in jeder Hand ins Schlafzimmer kommen sah, das Hemd bereits aufgeknöpft, wusste sie, dass alles nach Plan laufen würde. Sie hatte nichts falsch gemacht, sondern das einzig Richtige. Eine Sache gab es noch herauszufinden, und er stand vor ihr und gab ihr genau die erhoffte Antwort.
    Sie stand aus dem Bett auf, ging zu ihm und legte ihm einen Finger auf den Mund. Dann nahm sie ihm die Flaschen aus der Hand, stellte sie beiseite und begann, ihn
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