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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes
Autoren: J Brekke
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und ihm den Schlaf geraubt. So war er zu guter Letzt doch noch ausgeruht nach Bergen gekommen.Alles war, wie es sein sollte. Das Leben eines Seemanns war kurz und voller Ausschweifungen. Und wirklich vermissen würde den kleinen, versoffenen Köter wohl kaum jemand.
    Als sie in den Hafen mit dem seltsamen Namen Vaagen glitten, reffte die Mannschaft die Segel und suchte einen Ankerplatz. Es war Herbst, aber der Winter schien die Berge ringsum bereits fest im Griff zu haben. Er zählte sieben Gipfel, und alle trugen eine dünne, weiße Mütze. Unten im Hafen regnete es leise, jeder Tropfen zeichnete Ringe auf das dunkle Wasser.
    Der Blick des Mönchs glitt in Richtung Stadt. Knapp zehntausend Seelen wohnten hier.Abgesehen von der Festung Bergenshus an der Spitze der Hafeneinfahrt, ein paar Kirchen und vereinzelten prächtigen Steinhäusern bestand die Stadt komplett aus Holz. Niemals zuvor hatte er so viele Holzhäuser so dicht gedrängt sehen. Sogar die Stadtmauer schien aus nackten Rundhölzern errichtet worden zu sein.Auf dem letzten Stückchen in den Hafen hatte er sich vorgestellt, wie gut so eine Holzstadt brennen würde, sollte einmal ein Feuer ausbrechen.
    Auf dem Kai zahlte er den Steuermann für die Überfahrt und knotete die Lederbörse an den Gürtel, der die Kutte zusammenhielt. Er war ein Bettelmönch mit prall gefülltem Geldbeutel. Für jemanden, der wie er aufWanderschaft war, war es mitunter ratsam, Bruder Franz’ Regeln etwas großzügiger auszulegen. Das ersparte ihm unnötige Aufenthalte und Umwege.
    Der Steuermann wünschte ihm Glück auf seiner weiteren Reise, ehe er selbst in Richtung der nahe gelegenen Handelshäuser verschwand, in denen er Geschäfte machen und sich etwas zu essen sichern wollte. Der Bettelmönch blieb stehen und spürte wieder den Hunger, der ihn seit Rostock treu begleitet hatte.Aber mit dem Essen musste er noch eine Weile warten.
    Es kommt auf die richtige Reihenfolge an, immer, dachte er. Diese Weisheit hatte er von Meister Alessandro.Auch wenn sich des Meisters Worte auf die Sektion einer Leiche bezogen und nicht darauf, rasch eine Angelegenheit in einer fremden Stadt zu erledigen, waren sie nützlich.Wie fast alle seine Worte ergaben sie auch in anderen Lebenssituationen Sinn. Die Reihenfolge war wirklich wichtiger als alles andere, wenn er mit der ersehnten Beute wieder aus der Stadt verschwinden wollte.
    Und als Erstes musste er sich eine Gelegenheit sichern, dass er die Stadt schnell wieder verlassen konnte.
    Sobald die Messer in seinem Besitz waren, wollte er nach Norden in Richtung Trondheim. Deshalb hielt er nach norwegischen Schiffen Ausschau. Es lagen an diesem Morgen aber nur wenige solche Schiffe an der Tyskebrygge im Hafen Vaagen, doch eine Frau, die einen Handkarren mit frisch Gebackenem hinter sich herzog, die sie den Seeleuten verkaufen wollte, sagte ihm, dass die norwegischen Boote weiter hinten an der Strandlinie lagen.Während er ihre lange, verwirrende Wegbeschreibung hinüber zur anderen Seite des Hafens anhörte, überraschte es ihn, wie schnell die norwegische Sprache zu ihm zurückkam. Es war vierzehn Sommer her, dass er zuletzt in diesem Land gewesen war, und bis auf die Sprache konnte er sich an nichts mehr erinnern. Die Sprache und das Gesicht seiner Mutter.
    Er kaufte der Frau mit dem Karren ein Gebäckstück ab und dankte ihr für die Hilfe. Eigentlich behagte ihm der Gedanke nicht, die ganze Stadt durchqueren zu müssen, um alles zu regeln.Was, wenn er auf den Barbier stieß und der ihn erkannte? Ihm blieb wohl keine andere Wahl. Die kleinen Schiffe und Nordlandsboote, die Menschen und Waren entlang der Küste dieses gebirgigen Landes transportierten, lagen nun mal auf der anderen Seite vertäut. Er setzte sich die Kapuze auf und ging los.
    Stadtluft macht frei, hieß es, aber gut roch sie nicht. Nach etlichen Tagen auf See hatte er beinahe vergessen, wie eine Stadt stinken konnte. Bergen war da keine Ausnahme, im Gegenteil, hier hatte der übliche Gestank nach Brackwasser, Kloake und Verwesung einen Einschlag von verdorbenem Fisch und fauligem Holz. Der Bettelmönch verspürte den Drang, sich die Nase zuzuhalten, als er die Winkel und schmalen Durchgänge am Ende des Hafens passierte.Aber er riss sich zusammen. Er wollte um keinen Preis auffallen und ging zielstrebig geradeaus, ohne nach rechts oder links zu schauen oder Augenkontakt mit denen zu suchen, die ihm entgegenkamen.
    Auf der anderen Seite des Hafens waren noch mehr Leute
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