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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes
Autoren: J Brekke
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Pfad, der zu einem Bootshaus führte. Das muss zu dem alten, abgebrannten Hof gehören, dachte er, denn vor dem Bootshaus stand Jens Dahles Wagen. Er war ein vorsichtiger Mann. Penibel und vorsichtig.Wenn er nicht gesehen werden wollte, wurde er auch nicht gesehen. Er fragte sich, welchen Weg er von Trondheim genommen hatte, um nirgends registriert zu werden, und welches Alibi er für diesen letzten Akt inszeniert hatte.Aber auch das spielte nun keine Rolle mehr. Er ging zum Bootshaus und öffnete die Tür.
    Drinnen lag ein altes, morsches Ruderboot auf den Bodenbrettern.Verrottende Netze hingen an der einen Wand, und in einer Ecke lagen Bojen und alte Reifen.An der anderen Wand stand ein Arbeitstisch, über dem gepflegtes, neues Werkzeug hing. Kneifzangen, Pinzetten, Messer und die verschiedensten Schabewerkzeuge. In einem Kästchen, das auf dem Tisch stand, lagen Nadeln und Fäden aller Größen und Stärken, und daneben stand ein Tintenfässchen mit einer Feder.Auf dem Boden neben dem Tisch lehnten Rahmen verschiedenster Größe an der Wand. Das war der Arbeitsplatz eines ordnungsliebenden Menschen. Mitten auf dem Arbeitstisch lag ein Rahmen mit einer aufgespannten Haut. Dahles letzte Arbeit. Die Haut stammte bestimmt von einem Menschen, sicher von Dahles Frau, dachte Singsaker.Auf der anderen Seite des Arbeitstisches stand eine Schneiderpuppe ähnlich der, die er in Siri Holms Wohnung gesehen hatte, über der eine präparierte Haut hing.War das die Haut von Hedda Vatten? Eine andere Haut, deutlich kleiner und möglicherweise von einem Kind, hing an einem Haken an der Wand. Dieser Haut fehlte am Rücken ein großes Stück. In einem Regal lagen Pergamentrollen. Er sah sich um, ohne etwas anzufassen. Die ersten Sätze auf der Außenseite einer der Rollen waren sichtbar:
    »Man muss immer damit rechnen, dass ein Mörder seinen ganz eigenen, fantasievollen Prosastil hat. Der Junge war bereits tot, als ich mit ihm begann. Gut. So lag er wenigstens still auf dem Arbeitstisch …«
    Mehr konnte er nicht lesen, ohne das Pergament zu entrollen.Aber er wollte nichts anfassen.Aber jetzt wusste er, dass sie hier das Geständnis finden würden, das sie brauchten. Die letzten Beweise.
    Das war zu viel für ihn. Die Zurechnungsfähigkeitsmaske kam ihm in den Sinn.Wir tragen alle Masken, dachte er, und merkte, dass er die Maske des Polizeibeamten nicht mehr tragen wollte. Es ging nicht mehr. Hauptkommissar Odd Singsaker stolperte aus dem Bootshaus und kotzte sich endlich alles aus dem Leib: Waffeln und Wut, Trauer und Kaffee klatschten vor dem blitzblank geputzten Auto von Jens Dahle auf den Boden.
    Was habe ich doch für einen verdammten Scheißjob, dachte er und legte sich rücklings in die nasse Heide neben dem Weg. Dort blieb er einige Minuten liegen und wartete, bis das Gefühl des Schwindels und der Benommenheit sich langsam legte. Der Nieselregen benetzte seine Stirn, und er stellte überrascht fest, wie klar die Geschehnisse der letzten Stunden in seinem Kopf aufgereiht waren. Zum ersten Mal seit seiner Operation erinnerte er sich an jedes noch so kleine Detail des vergangenen Tages. Die Ärzte hatten gesagt, dass sein Erinnerungsvermögen wieder besser werden würde. Seinetwegen hätte das gerne noch ein paar Tage warten können. Nach einer Weile fühlte er sich wieder stark genug, aufzustehen.
    Er ging zurück zum Uferfelsen, setzte sich ans obere Ende und blickte in die Richtung, in die der Helikopter verschwunden war. Inzwischen war mehr als eine Viertelstunde vergangen. Felicia war bereits in der Obhut der besten Chirurgen dieser Gegend. Das war der Sieg, an dem er festhalten musste. Felicia würde überleben.Wie sollte er das Ganze sonst aushalten?
    Er nahm sein Handy und tippte sich durch die nicht beantworteten Anrufe. Er fand Lars’ Nummer und drückte die grüne Taste.
    Sein Sohn antwortete nach dem zweiten Klingeln.
    »Also, wann ist die Kindstaufe?«, fragte Singsaker liebevoll. Eine Träne kroch im Schneckentempo über seine Nase.
    Siri Holm und Odd Singsaker fuhren durch die graugrüne Landschaft Fosens zurück in Richtung Stadt. Der Regen hatte sich gelegt, und die Nachmittagssonne bohrte Streifen aus Licht durch die Wolkendecke. Siri versuchte ihn auszufragen, was geschehen war, aber er hatte keine Lust, darüber zu reden, und entschuldigte sich damit, dass er aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nichts sagen dürfe. Er teilte ihr aber mit, dass Dahle und Vatten tot waren, Felicia aber überleben
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