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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes
Autoren: J Brekke
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auszuziehen. Danach führte sie ihn zum Bett. Er legte sich auf den Rücken und sah zu, wie sie sich auszog. Irgendwann waren nur noch schwarze Haare und weiße Haut zu sehen. Sie legte sich neben ihn und küsste ihn auf den Mund. Danach bewegte sie sich nach unten zu Schultern und Brust. Sie zögerte lange in der Nabelregion, bevor sie den Ort erreichte, zu dem sie eigentlich wollte. Er war kurz vorm Explodieren und kam viel zu schnell.
    »Das war, das war …«, stammelte er anschließend, und blieb stecken.
    »Du hast keine Ahnung, was das war«, sagte sie. »Aber eines Tages werde ich es dir vielleicht erzählen.«
    Er sah sie an, als sie neben ihm auf dem Bett saß.
    »Ich hoffe wirklich, dass du das eines Tages tun wirst«, sagte er.
    »Und ich hoffe, dass du jetzt nicht dein ganzes Pulver verschossen hast«, sagte sie. »Das war nämlich nur etwas, das ich tun musste . Die Fortsetzung, hingegen, die wünsche ich mir selber.«
    »Vergiss nicht, dass ich nicht mehr der Jüngste bin«, sagte er lächelnd. »Aber wer weiß, wenn wir uns Zeit nehmen, ist alles möglich.«
    Eine Stunde später saßen sie im Bett und sahen sich eine Wiederholung von Grey’s Anatomy an. Sie waren nackt. Ihr Kopf lag auf seiner Schulter, und ihre langen, schwarzen Haare breiteten sich wie ein Cape über seinen Oberkörper. Irgendwann in der Zukunft würde sie die vergangene Stunde als schwerelos beschreiben und erklären, dass danach die Gesetze der Gravitation aufgehoben waren. Und er erlebte diesen Moment so, als wäre die Narbe an seinem Kopf endlich richtig verheilt.
    »Ich hasse Arztserien«, sagte sie lachend.
    »Ich auch«, erwiderte er, »aber auf eine gute Weise.«
    »Johnes hat mir zwei Wochen Urlaub gegeben.«
    »Wunderbar, dann kannst du mit mir nach Oslo kommen. Ich bin zu einer Taufe eingeladen, und du solltest definitiv mehr von unserem Land sehen als nur Trondheim.«
    »Gern.Aber ich mag Trondheim. Ich mag den Regen und das kalte Wetter.«
    »Wie gern magst du es?«, fragte er und fühlte einen Schmetterling in seinem Bauch erwachen.
    »Wer weiß?«, sagte sie. »Vielleicht mag ich es so sehr, wie du hoffst.«

31
    Ørland, 1555
    D er Pater saß in seiner Kammer und blickte über die Wiese vor seinem Fenster. Ein kleines Mädchen ging über den Weg, der zu ihm hinauf führte. Es war die kleine Mari, deren Eltern gestorben waren, eine Woche bevor man mit den Leichen von Frau Inger und ihrer Tochter, die auf dem Weg nach Bergen Schiffbruch erlitten hatten, nach Hause überführt hatte. Pater Johannes hatte auf beiden Beerdigungen gepredigt. Die Beisetzung von Frau Inger und ihrer Tochter war prachtvoll gewesen, mit Särgen aus Eichenholz. Die mit Wappentafeln geschmückte Kirche in Ørland war voll besetzt gewesen. Die Beerdigung von Maris Eltern hingegen war sehr bescheiden ausgefallen, unter freiem Himmel. Mari hatte geweint. Er hatte sie gebeten, zu ihm zu kommen, damit er sehen konnte, welche Art von Hilfe er ihr bieten konnte.
    Jetzt saß er in seiner Kammer und las in seinem Tagebuch. Es war aus Kalbsleder, nur die letzten Seiten waren aus der Haut, die er aus Bergen mitgenommen hatte, wo er dem Barbier zum letzten Mal begegnet war. Kein Pergament ließ sich so gut beschreiben wie dieses.Während er las, warf er immer wieder einen Blick aus dem offenen Fenster. Mari näherte sich. Das Mädchen war wirklich dünn.
    Seine Augen wanderten zurück zu dem Buch. Die letzten Seiten hatte er dem Blut und den Eingeweiden gewidmet. Neben dem Buch, das auf dem Tisch vor ihm lag, lag auch das Lederbündel mit den Messern.
    Auf diesem Leder hatte er seine teuflischsten Gedanken verewigt. Gedanken, die er einfach nicht loswerden konnte. Die davon handelten, wie er ihnen das Leben nahm, wie er sie häutete, wie er mit dem Messer in sie eindrang und sah, was sich dort drinnen verbarg.
    Aber es war nicht mehr als das. Gedanken, nichts weiter. Er hatte nicht ein einziges Mal Hand an einen Menschen gelegt. Seit der Erzbischof ihn nach Fosen geschickt hatte, war er ein guter Pater gewesen, erst katholisch, dann Lutheraner. Zu konvertieren hatte ihm nicht so viel ausgemacht wie befürchtet, weil er irgendwann eingesehen hatte, dass die Religion nicht das Wichtigste war. Das Wichtigste waren die Menschen. Und er hatte festgestellt, dass er, trotz allem, was ihm im Leben widerfahren war, die Menschen liebte. Er war nicht wie der Barbier, dessen Leben er seinerzeit in Bergen verschont hatte. Er hatte ihn nur ohnmächtig geschlagen und ihm
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