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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes
Autoren: J Brekke
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zu kommen, verschwanden etwas.
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte er, allen Mut zusammennehmend.
    »Welche Frage?«
    Im gleichen Moment öffnete sich eine der Türen und gab ihm die Antwort auf die Frage, die er gerade noch einmal stellen wollte. Sie war nicht allein hier. Gunn Brita Dahle, die Bibliothekarin, deren Stelle Siri Holm übernehmen sollte, betrat in all ihrer Fülle den Raum. Hatte sie ihre roten Haare geschnitten? Irgendetwas war anders.
    »Oh, hallo, Jon«, sagte sie, ohne ihn anzusehen, die Nase tief in irgendeinem Katalog vergraben. »Ich bin dabei, Siri in einige ihrer neuen Aufgaben einzuweisen. Ich muss das heute machen, da ich ja schon in Rotvoll angefangen habe.«
    »Kein Problem, ich war grad auf dem Weg in mein Büro«, antwortete er und trat einen Schritt zurück.Als er sich umdrehte, spürte er, dass Siri Holm seine Schulter berührte.Wieder lachte sie leise und sagte:
    »Wir werden uns dann ja noch öfter sehen.«
    Er antwortete nicht. Verließ einfach den Raum und schloss die Tür hinter sich. In seinem Büro setzte er sich gleich an den Schreibtisch. Er wusste nicht, was er denken sollte. Dann strich er den Hosensaum glatt, der von der Fahrradfahrt noch immer feucht war.
    Am Trondheimsfjord, 1528
    Er ging auf Hitra, einige Tagesmärsche vor Trondheim, an Land. Ihm kam das sehr entgegen, da er lange genug still im Boot gesessen hatte und sich danach sehnte, seine Beine zu benutzen. Der erste Teil des Weges führte ihn quer über die Insel zu einer Fährstation auf der anderen Seite, von wo aus er aufs Festland übersetzen konnte. Danach brauchte er nur noch dem Fjord bis zur Stadt zu folgen. Er hatte es in keiner Weise eilig, sondern sich sogar vorgenommen, unterwegs, irgendwo im Wald, eine längere Pause einzulegen und dort zu übernachten, statt sich eine Unterkunft zu suchen. Dabei zweifelte er gar nicht daran, in dieser Gegend einen Wirt finden zu können, der einen Bruder wie ihn aufnahm. Die lutherische Ketzerei war in diesem Land eher bei den Großbauern und Adeligen verbreitet. Die Reichen und Mächtigen folgten dem Irrglauben und rechtfertigten mit ihm ihre Gier, während die meisten einfachen Leute dem rechten Glauben treu geblieben waren. Er wusste das, sehnte sich aber am allermeisten nach Ruhe und Frieden, auch vor den höflichen Fragen eines noch so freundlichen Wirts. Die Zeit, in der er sich nicht Richtung Stadt bewegte, wollte er einzig und allein für seine Arbeit nutzen.
    Die Haut sollte perfekt werden. Noch war sie nicht vollständig abgeschabt, und zuerst brauchte er einen Rahmen.
    Am ersten Abend machte er auf einer Anhöhe Rast, von der aus er auf das dunkle Meer schauen konnte, über das er gekommen war. Er machte ein Feuer um der Wärme willen. In dem Ledersack, den er sich in Bergen gekauft hatte, lagen die Messer des Barbiers. Er nahm eines im Lichtschein des Feuers heraus und musterte es genau. Stellte es sich in den Händen des Barbiers vor. Sie waren so dick und kräftig und konnten doch so feine Arbeiten verrichten. Er tat alles mit den Händen. Schneiden, lieben, strafen. Der Bettelmönch kannte das Handwerk dieses Mannes gut, wusste, wie sich die grobe Haut seiner Fingerkuppen anfühlte. Ein väterlicher Klaps auf die Schulter, eine zufällige Liebkosung am Arbeitstisch oder eine teuflische Klaue um seinen Hals. Mit diesen Gedanken schlief er ein.
    Am kommenden Morgen nahm er das Messer und ging in den Wald, um vier passende Stöcke für den Rahmen zu suchen. Er nahm sich viel Zeit und fand schließlich vier ebenmäßige, ranke und für die Jahreszeit geschmeidige Äste einer Esche. Er entrindete sie und band die Enden mit der soliden Hanfschnur zusammen, die er ebenfalls in Bergen gekauft hatte. Dann testete er den Rahmen, zog und zerrte an ihm.Als er zufrieden war, begann er die Haut aufzuspannen.

4
    Trondheim, September 2010
    G anz oben im Bücherturm stand der bequeme Sessel. Kein teures Stück.Vatten hatte ihn auf einem Flohmarkt erstanden. Bezogen mit Lederimitat und etwas zu rund und ausladend, um irgendwelche Designpreise zu gewinnen, dafür aber äußerst bequem. Kurz und gut, ein wirklich guter Kauf gewesen war.
    Er ließ sich wie ein echter La-Z-Boy kippen und hatte natürlich auch eine Fußstütze, die erst zum Vorschein kam, wenn man sich mit einem wohligen Seufzer komplett nach hinten lehnte.Vor fünf Jahren noch hätte er so einen Sessel als spießig empfunden, doch heute liebte er ihn. Das Tollste aber war die Platzierung des
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