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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes
Autoren: J Brekke
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für viele Millionen.
    Vattens Büro mit Schalttafel, Monitoren und Überwachungsausrüstung lag am Ende des Flures vor dem großen Raum. Er blieb stehen und lauschte. Er hatte gedacht, er wäre allein im Verwaltungstrakt, und als er nun etwas im hinteren Raum hörte, fluchte er leise, ehe er einen weiteren Schritt auf das Geräusch zuging, vor der Tür stehen blieb und sich an der Nase kratzte. Er holte tief Luft, als wollte er tauchen, machte einen letzten Schritt und betrat den Raum.
    Hinter dem Tisch in der Raummitte stand eine Frau, Mitte zwanzig etwa. Lockige blonde Haare, grüne Augen und ein paar kaum sichtbare Sommersprossen im Gesicht. Dunkelgrünes Kleid mit mexikanisch inspiriertem Muster an den Schultern. In der einen Hand hielt sie eine dampfende Kaffee- oder Teetasse, während sie mit der anderen in einem Buch blätterte, das vor ihr auf dem Tisch lag.AlsVatten den Raum betrat, blickte sie auf und lächelte ihn mit gefährlich intelligenten Augen an.
    Er zuckte mit dem Kopf, lächelte schief und hob eine Hand, um sie zu grüßen, fuhr sich stattdessen aber mit den Fingern durchs Haar. Dann blieb er stehen und strich sich über den Kopf. Ich sollte etwas sagen, dachte er und musterte die Frau. Sie war keine klassische Schönheit, von tausend norwegischen Männern hätten die meisten wahrscheinlich gleichgültig mit den Schultern gezuckt. Einige wenige aber hätten dieser Mehrheit vehement widersprochen, und zu dieser Minderheit zählte auch er. Nur selten zuvor hatte er so grüne, so scharfe Augen gesehen. Ihr Gesicht war rund und etwas asymmetrisch. Und dann diese Sommersprossen, die nicht recht wussten, ob sie sich zeigen sollten oder nicht. Er musste etwas sagen, bevor die Situation peinlich wurde.
    »Wer sind Sie?«, fragte er schließlich.
    Sie lachte.Anscheinend hatte sie seine Unsicherheit längst bemerkt und beschlossen, dass er eigentlich kein unfreundlicher Mann war. Sie erkennt so etwas, dachte er und wusste nicht recht, ob ihm das gefiel oder nicht.
    »Siri«, sagte sie mit einem sanften Lächeln, kam um den Tisch herum und reichte ihm die Hand. »Siri Holm.«
    Da dämmerte es ihm.
    »Die Neue, nicht wahr?«, fragte er mit der Andeutung eines Lächelns auf den Lippen. »Hätte ich mir denken können. Normalerweise lassen wir keine Fremden in diesen Teil der Bibliothek, das hat Ihnen aber sicher schon jemand gesagt, oder? Aber sagen Sie mal, sind Sie allein hier? Sie fangen doch erst am Montag an, wenn ich mich nicht irre?«
    Sie sah ihn mit aufgesetzter Strenge an.
    »Dr.Vatten, nehme ich an?«, fragte sie.
    »Oh, ja, entschuldigen Sie«, sagte er. »Jon Vatten, ich bin hier für die Sicherheit zuständig.« Er war seinen Spitznamen so gewöhnt, dass er nicht einmal darauf reagierte, dass eine Fremde ihn nutzte.Vatten hatte über Archimedes promoviert, arbeitete aber als Wachmann der Universitätsbibliothek. Er hatte seinen Spitznamen immer für einen Ausdruck von Respekt, Mitleid und vielleicht auch von trønderschem Humor gehalten.
    »Ich habe schon viel von Ihnen gehört«, sagte sie und lächelte ihn an, ohne dass dieses Lächeln preisgab, was sie gehört hatte. »Sie sind kein Bibliothekar.«
    Er erwiderte darauf nichts.
    »Nennen Sie mich einfach Jon – wir können uns gerne duzen«, stotterte er stattdessen.
    »Dabei siehst du eigentlich von allen, denen ich hier bisher begegnet bin, am ehesten wie ein Bibliothekar aus«, sagte Siri Holm. »Komisch, dass du keiner bist.«
    Vatten fühlte sich schwindelig. Er sah sich nach einem Stuhl um.Aber am Tisch standen keine Stühle, dort hatten noch nie welche gestanden.Am liebsten hätte er kehrtgemacht und wäre zurück in sein Büro gegangen, aber das konnte er nicht tun, nicht, ohne irgendetwas zu sagen. Das fand selbst er zu brüsk.
    »Wie sieht denn ein Bibliothekar aus?«, fragte er und war sich beinahe sicher, dass er stotterte.
    »Es ist weniger dein Aussehen, eher deine Bewegungen, die Art, wie du dir durch die Haare gefahren bist; ich weiß auch nicht.«
    Sie lachte. Und dieses Lachen sagte ihm auf seltsam klare Weise, dass er ihren Worten kein Gewicht beimessen sollte, es war nur Small Talk, sie waren zwei Fremde, die sich zum ersten Mal trafen, außer, sie legten es drauf an. Er bewunderte dieses Lachen, blieb stehen und wünschte sich, auch so lachen zu können. Kleine soziale Meisterleistung. Darauf hat er sich noch nie verstanden – weder früher noch heute.
    Der Schwindel, die Unsicherheit und die Eile, zurück in sein Büro
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