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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima
Autoren: Donna Leon
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so daran gewöhnt, mich zu ignorieren«, erklärte sie, und Brunetti war erstaunt, wie beiläufig sie das hinzunehmen schien, »daß sie all ihre Geschäfte ohne Scheu in meiner Gegenwart besprachen.«
    »Und wollte man Signora Jacobs im Gegenzug für die Rehabilitierung Guzzardis seine Zeichnungen entlocken?«
    »Ich denke, ja. Maxwell erzählte Claudia von irgendwelchen Papieren, die jemand der Biblioteca übergeben habe und die Guzzardis Unschuld beweisen würden.« Brunetti sah, wie sie sich anstrengte, um getreulich wiederzugeben, was in ihrer Gegenwart gesprochen worden war.
    »Hat er vorgeschlagen, daß Signora Jacobs die Zeichnungen im Tausch gegen diese Papiere hergeben solle?«
    »Nein, er hat Claudia nur gesagt, es gäbe Beweise für die Unschuld ihres Großvaters und sie solle Signora Jacobs fragen, was sie zu tun gedenke.«
    »Und?«
    »Ich weiß nicht, wie es ausging. Aber ich glaube, Claudia hat der alten Frau davon erzählt, und mein Vater hat dann extra noch jemanden zu ihr geschickt.« Es klang vage, das Thema schien sie nicht zu interessieren; plötzlich aber faßte sie den Commissario scharf ins Auge und sagte: »Und dann hörte ich ihn mit Claudia telefonieren.«
    »Und war das der Anlaß dafür, daß er Ihnen ihr Verhältnis beichtete?« fragte Brunetti.
    »Ja. Aber er sagte, es sei vorbei, er habe Schluß gemacht. An dem Tag, als ich mithörte, hat er sogar den Hörer aufgeknallt, nachdem er ihr gesagt hatte, sie solle sehr vorsichtig sein mit dem, was sie über ihn erzählt. Und er klang so aufgebracht, daß ich wohl irgendein Geräusch gemacht habe vor Schreck.« Wieder stockte sie.
    Brunetti wartete.
    »Er kam aus seinem Büro, sah mich und fragte, was ich gehört hätte. Ich hab's hm gesagt und auch, daß ich's nicht mehr ertragen könne, seine ewigen Weibergeschichten, daß ich Angst hätte vor dem, was ich tun würde, wenn er damit nicht endlich aufhört.« Sie nickte, als höre sie die Worte im Geiste wieder, durchlitte noch einmal die Eifersuchtsszene mit ihrem Mann.
    Nach einer Weile fuhr sie fort: »Daraufhin hat er mir erzählt, wie sie ihn verführt hat, obwohl er gar nichts von ihr wollte. Aber sie hat sich ihm an den Hals geworfen. Angefaßt hat sie ihn.« Die Worte »verführt« und »an den Hals geworfen« stieß sie mit Abscheu hervor, aber als sie »angefaßt« sagte, klang blankes Entsetzen aus ihrer Stimme. »Und dann hat er mir auch gestanden, daß er sich fürchte vor dem, was passieren würde, wenn sie zurückkäme, weil er schließlich ein Mann sei und also schwach. Daß er nur mich liebe, aber für nichts garantieren könne, falls dieses verdorbene Geschöpf ihn wieder in Versuchung führen sollte.«
    Sie war jetzt dermaßen erregt, daß es Brunetti ratsam schien, sie für einen Moment abzulenken. »Lassen Sie mich noch einmal auf das Telefonat zurückkommen, das Sie mitgehört haben. Ihr Mann sagte zu Claudia, wenn sie ihre Arbeit in der Bibliothek wiederaufnähme und im übrigen den Mund hielte, dann würde er keine weiteren Schritte unternehmen? Ist das so richtig?«
    Sie nickte.
    »Tut mir leid, Signora, aber Sie wissen ja: Sie müssen etwas sagen.«
    »Ja.«
    »Das waren also seine Worte?«
    »Ja. «
    »Wäre es möglich, daß er über etwas anderes gesprochen hat? Haben Sie darüber mal nachgedacht?« fragte er.
    Sie blickte ihn ganz freimütig an. »Aber so hat er es mir doch erklärt. Daß er sie wiederaufnehmen und nichts gegen sie unternehmen würde, wenn sie sich in Zukunft anständig aufführte.«
    »Aber warum wollte er sie überhaupt zurückhaben?«
    Sie lächelte überlegen, denn die Frage hatte sie sich natürlich auch gestellt und rascher als er die Antwort gefunden. »Er sagte, er wolle keinen Tratsch, er dulde nicht, daß ich unter dem Gerede der Leute leiden müsse.« Wieder lächelte sie, triumphierend diesmal, denn die Rücksichtnahme ihres Mannes war doch ein augenfälliger Beweis seiner Liebe.
    »Verstehe«, sagte Brunetti. »Aber danach, als er Ihnen seine Schwäche gestand und die Angst, daß das Mädchen ihn doch wieder betören könnte - wie haben Sie da reagiert?«
    »Ich war stolz auf ihn, weil er so aufrichtig war, und glücklich, daß ich ihm so viel bedeutete. Daß er sich mir anvertraute.«
    »Natürlich«, murmelte Brunetti, der endlich begriff, was Ford mit seiner Beichte wirklich hatte erreichen wollen und wie erfolgreich er das bewerkstelligt hatte. »Und hat er etwas von Ihnen verlangt?« Als sie darauf offenbar nicht antworten
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