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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima
Autoren: Donna Leon
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konnte ich ihn hören.«
    »Und was sagte er?«
    »Daß Schluß sein müsse, wenn sie ihre Arbeit in der Bibliothek behalten wolle.« Er sah, wie sie sich in Gedanken zurückversetzte und noch einmal den Worten ihres Mannes bei jenem Telefonat lauschte. »Er sagte, wenn sie das Ganze einfach vergessen und niemandem davon erzählen würde, dann verspreche er, nichts weiter zu unternehmen.«
    »Und daraus schlossen Sie, daß es Claudia Leonardo war, die Ihrem Mann nachstellte?« Brunetti wollte damit gar nicht seine Zweifel zum Ausdruck bringen, sondern wunderte sich nur, daß sie die Worte ihres Mannes so hatte interpretieren können.
    »Natürlich.«
    »Und sehen Sie das jetzt immer noch so?«
    Mit einemmal wurde ihre Miene gehässig; die verschlungenen Initialen auf dem Tisch waren vergessen. »Es konnte nur so sein«, stieß sie überzeugt und mit gepreßter Stimme hervor. »Sie war doch seine Gehebte.«
    »Wer hat Ihnen das gesagt?« Während er auf ihre Antwort wartete, studierte Brunetti diese Frau, die gebremste Hektik ihrer Hände, vergegenwärtigte sich die hungrige Sehnsucht, mit der sie ihre Brust der zufälligen Berührung ihres Gatten dargeboten hatte, und eine gänzlich neue Perspektive erschloß sich ihm. »Hat Ihr Mann Ihnen die Affäre gebeichtet, Signora?« fragte er in sanfterem Ton.
    Zuerst kamen die Tränen, die ihn überraschten, weil keine Gefühlsregung auf ihrem Antlitz sie angekündigt hatte. »Ja«, sagte sie dann und senkte den Blick wieder auf die Tischplatte.
    Bei Jagdhunden, so viel wußte Brunetti, unterschied man zwei Kategorien - je nachdem ob der Gesichts- oder der Geruchssinn stärker entwickelt war. Wie einer der letzteren war er jetzt auf und davon, preschte durchs satte, feuchte Grün eines Herbsttages, übersprang Hindernisse, die ihm den Weg versperren sollten, und fand, die Nase hart am Boden, die Spur seiner Beute wieder, deren Witterung zwischendurch von stärkeren Gerüchen überlagert gewesen war. Seine Gedanken überschlugen sich, ihn schwindelte, aber er blieb der Beute hart auf den Fersen, bis er wieder am Ausgangspunkt war. »Wessen Idee war es, Signora, an die alte Dame heranzutreten und ihr in Aussicht zu stellen, daß man Guzzardis Namen reinwaschen könne? Hat sich das Ihr Mann einfallen lassen?«
    Sie hätte fassungslos sein müssen, hätte entsetzt zu ihm aufschauen sollen und beteuern, daß sie nicht wisse, wovon er spreche. Wenn sie so reagiert hätte, dann hätte er ihr nicht geglaubt, aber immerhin abschätzen können, wie weit er noch gehen mußte, um sie zur Strecke zu bringen.
    Statt dessen überraschte sie ihn mit einer Gegenfrage: »Woher wissen Sie das?«
    »Tut nichts zur Sache, ich weiß es eben. Also: Wer hatte die Idee?«
    »Maxwell. Eins der Empfehlungsschreiben, mit denen Claudia sich in der Bibliothek bewarb, trug Signora Jacobs' Unterschrift. Sie gehörte seit einiger Zeit zu den Förderern der Biblioteca della Patria, erkundigte sich dauernd nach Berichten über Guzzardi und ob wir irgendwelche Unterlagen hätten, die beweisen könnten, daß er sich die Zeichnungen des Schweizer Konsuls nicht widerrechtlich angeeignet habe.« Sie hielt inne, und trotz aller Neugier drängte Brunetti sie nicht, fortzufahren. »Mein Vater hat Guzzardi noch gekannt, und er sagte, solche Beweise würde man niemals finden, weil Guzzardi die Bilder sehr wohl gestohlen habe. Und dann sagte er noch, daß die Sammlung heute ein Vermögen wert wäre - bloß wisse keiner, wo sie hingekommen sei.«
    »Niemand wußte, daß Signora Jacobs sie hatte?«
    »Nein, natürlich nicht. Sie hat nie Besuch empfangen, und es war allgemein bekannt, wie arm sie war.« Eleonora stockte, dann korrigierte sie sich: »Ich meine, man hielt sie für bettelarm.«
    »Und wie hat er die Wahrheit herausgefunden?« fragte Brunetti, der es immer noch vermied, ihren Mann namentlich ins Spiel zu bringen.
    »Na, durch Claudia! Eines Tages, als sie sich über Signora Jacobs unterhielten, sagte sie, wie schade es doch sei, daß außer ihr und der alten Frau niemand die schönen Dinge in der Wohnung ihrer Großmutter zu sehen bekäme.« Außer ihnen und der Zugehfrau, hätte Brunetti gern ergänzt. Der Putzfrau aus Somalia, die so ehrlich war, daß Signora Jacobs ihr sogar die Schlüssel anvertraute, während die ganze Stadt als nicht vertrauenswürdig ausgesperrt und ahnungslos blieb.
    »Und Sie? Wie haben Sie davon erfahren, Signora?«
    »Ich habe sie reden hören, meinen Vater und Maxwell. Beide waren
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