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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima
Autoren: Donna Leon
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mochte, formulierte er die Frage um: »Hat er Sie um Hilfe gebeten?«
    Das brachte ihr Lächeln zurück. »Ja. Er wollte, daß ich zu ihr gehe und mit ihr rede und sie dazu bringe, ihn in Ruhe zu lassen.«
    »Klingt nach einer vernünftigen Lösung«, sagte Brunetti, der nur zu gut verstand, auf welch raffinierte Weise ihr Mann sie zu seinem Werkzeug gemacht hatte. »Und? Sind Sie zu ihr gegangen?«
    »Nicht gleich. Erst einmal sagte ich Maxwell, daß ich ihm vertraue, auch darauf, daß er stark sein und ihr widerstehen würde.« Wieder versagte ihr die Stimme vor Entsetzen über die Schamlosigkeit des Mädchens.
    »Und hat er Sie dann noch einmal gebeten, zu ihr zu gehen und sie zur Rede zu stellen?«
    »Nein. Das brauchte er nicht. Ich wußte, daß ich's tun mußte: zu ihr gehen und ihr sagen, daß sie meinen Mann in Ruhe lassen soll.«
    »Und?« »Und an dem bewußten Abend bin ich hingegangen.« Sie stützte die gefalteten Hände vor sich auf den Tisch.
    »Und?« fragte Brunetti wieder.
    »Sie wissen doch, was passiert ist«, sagte sie, dieses alberne Frage-und-Antwort-Spiel verächtlich beiseite wischend.
    »Ja, leider, Signora, aber Sie müssen es trotzdem sagen.«
    »Ich habe sie getötet«, antwortete sie mit gepreßter Stimme. »Sie ließ mich rein, und ich versuchte erst, mit ihr zu reden. Ich habe meinen Stolz, also sagte ich nicht, daß Maxwell mich geschickt hatte. Ich erklärte ihr nur, daß sie sich von ihm fernhalten müsse.«
    »Und weiter?«
    »Sie sagte, ich sei im Irrtum, sie interessiere sich überhaupt nicht für ihn, ich hätte alles falsch verstanden, und es sei Maxwell, der ihr nachstelle.« Sie lächelte selbstsicher. »Aber er hatte mich gewarnt, daß sie lügen und so was behaupten würde, also war ich gewappnet.«
    »Und dann?«
    »Dann behauptete sie Dinge über ihn, furchtbare Dinge, die ich mir nicht anhören konnte.«
    »Was für Dinge?«
    »Daß Maxwell und mein Vater diese Papiere, die Guzzardi entlasten sollten, nur erfunden hätten, um an Geld zu kommen; daß sie Maxwell gesagt habe, sie werde Signora Jacobs die Augen öffnen.« Sie hielt inne, und als sie weitersprach, klang ihre Stimme hart und kalt. »Und sie erfand Lügen über andere Mädchen und was man sich angeblich in der Bibliothek über ihn erzählte.«
    »Und dann?«
    »Und dann sagte sie, schon der Gedanke, mit ihm zu schlafen, sei ihr widerlich.« Hier entgleiste ihre Stimme wie vor einem entsetzlichen Frevel, und auch ohne daß sie es aussprach, wußte Brunetti, daß es dieser Satz war, der sie zum Äußersten getrieben hatte.
    »Und die Waffe, Signora?«
    »Sie hatte einen Apfel gegessen, als ich kam. Das Messer lag noch auf dem Tisch.« Wie in Tasca, dachte Brunetti, und ihn schauderte.
    »Sie hat nicht geschrieen?« fragte er.
    »Nein. Ich glaube, es kam zu überraschend. Sie hatte sich nach irgend etwas umgeschaut, ich weiß nicht, was es war, und als sie sich wieder umdrehte, da hab ich's getan.«
    »Verstehe.« Brunetti wollte jetzt nicht nach Einzelheiten forschen: wichtiger war, daß die Schreibkraft draußen so rasch wie möglich das Band zum Abtippen bekam, damit man Signora Ford ihr Geständnis zur Unterschrift vorlegen konnte. Aber dann gewann seine Neugier doch die Oberhand: »Und Signora Jacobs?«
    »Was soll mit ihr sein?« Ihr Erstaunen klang so echt, daß Brunetti zusammen mit der Frage, die er noch hatte stellen wollen, endlich auch den Verdacht fallenließ, die alte Frau sei gleich ihrer Enkelin ermordet worden.
    »Ich fürchte, es war zuviel für sie«, sagte Eleonora Ford leise und überraschte Brunetti mit dem Nachsatz: »Es tut mir leid, daß sie tot ist.«
    »Tut es Ihnen auch leid, daß Sie das Mädchen getötet haben, Signora?«
    Sie schüttelte mehrmals ruhig und bestimmt den Kopf. »Nein, durchaus nicht. Ich bin froh, daß ich es getan habe.«
    Offenbar hatte sie wieder vergessen oder schon verziehen, was der Commissario ihr erst diesen Nachmittag eingeredet hatte - jenen nur vorgetäuschten Verrat ihres Mannes, der sie in den Selbstverrat getrieben hatte.
    Plötzlich wie erdrückt von der Last menschlicher Torheit und Qual, stand Brunetti auf, gab die Uhrzeit zu Protokoll, erklärte die Vernehmung für beendet, nahm die Kassette aus dem Rekorder und ging hinaus, um das Geständnis abtippen zu lassen.

27
    B runetti bekam sogar Signora Fords Unterschrift. Er blieb neben der Sekretärin stehen, die das Geständnis abtippte, und brachte es dann zurück zu der Frau, die im Vernehmungsraum
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