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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße
Autoren: Ellis Peters
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Menschen.«
    »Ach ja, aber es ist nicht das gleiche Leben wie zuvor.
    Ich hatte mich einverstanden erklärt zu sterben, erinnert Ihr Euch? Was ich jetzt habe, ist Euer Geschenk, mein Freund, ob Euch das recht ist oder nicht. Ich hatte in den letzten Tagen Zeit, über all das nachzudenken, was geschehen ist, bevor ich starb«, sagte er. Es klang nicht unfreundlich. »Die Annahme ist trügerisch, man könne irgendeine Schwierigkeit lösen, indem man von einer unbedeutenden Macht zur anderen überläuft. Jetzt, da ich ergebnislos auf beiden Seiten gekämpft habe, sehe ich meinen Irrtum ein. Die Lösung liegt weder in der Person der Kaiserin noch in der des Königs. Was habt Ihr oder Olivier de Bretagne jetzt für mich beschlossen, Bruder Cadfael?«
    »Oder vielleicht Gott?« sagte Cadfael.
    »Gott, gewiß! Aber er hat seine Boten unter uns, und zweifellos gibt es Vorzeichen, die ich deuten muß.« In seinem Lächeln lag keinerlei Spott. »Die Hoffnungen, die ich in beide Seiten gesetzt hatte, sind unter den weltlichen Fürsten zuschanden geworden. Wohin kann ich mich jetzt noch wenden?« Er war nicht auf eine Antwort aus, noch nicht. Sich wieder vom Bett erheben zu können, wäre für ihn wie eine Wiedergeburt; dann wäre es an der Zeit, sich zu überlegen, was er mit dem Geschenk anfangen konnte. »Da es außer uns noch weitere Menschen auf der Welt gibt, berichtet mir, wie es weitergegangen ist, nachdem Ihr mich aus dem Weg geschafft hattet.«
    Cadfael setzte sich bequem auf seinem Hocker zurecht und schilderte Philip, wie seine Mannen ehrenhaft und in Freiheit mitsamt ihren Verwundeten hatten abziehen dürfen, allerdings unter Zurücklassung ihrer Waffen. Ihr Leben war von Philip erkauft worden. Auch wenn der Preis dafür nun nicht von ihm gefordert werden würde, hatte er doch sein Angebot in gutem Glauben gemacht.
    Keiner der beiden hörte den Hufschlag, der im großen Innenhof widerhallte, nicht das Klirren von Zaumzeug und auch nicht die raschen Schritte auf dem Pflaster. Zu tief lag der Raum im Inneren des Gebäudes, als daß irgendein Vorzeichen sie erreicht hätte. Erst als draußen im Gang laute Stiefeltritte hörbar wurden, stand Cadfael auf und unterbrach sich beunruhigt mitten im Satz. Doch der Wächter vor dem Vorhang, dessen Blick ungehindert bis zum Ende des Ganges reichte, hatte sich nicht gerührt.
    Was er dort sah, gab ihm keinen Anlaß zur Besorgnis. Er erhob sich lediglich und trat zur Seite, um den Herankommenden Platz zu machen.
    Schwungvoll wurde der Vorhang beiseite gezogen und es zeigte sich Oliviers strahlendes Gesicht. Stumm blieb er auf der Schwelle stehen und hielt den Atem an. Er schwankte zwischen einem Hochgefühl und der Furcht über die Kühnheit dessen, was er getan hatte. Als ihn der Blick Philips traf, sah er ihn hoffnungsvoll an, und sein Mund verzog sich zum Ansatz eines Lächelns. Dann trat er einen Schritt zur Seite und zog den Vorhang vollständig zurück, ohne den Raum zu betreten, so daß Philip an ihm vorbeisehen konnte.
    Nach einem kurzen Schwanken zwischen Triumph und Zurückweisung, erkannte Olivier, daß er sich nicht vergebens bemüht hatte, auch wenn sich Philip weder regte noch ein Wort sprach.
    Als Robert, Graf von Gloucester, eintrat, stand Cadfael auf und zog sich in einen Winkel des Raumes zurück. Der untersetzte stille Mann, geübt in der Kunst der Geduld, näherte sich auch jetzt mit gefaßtem und ausdruckslosem Gesicht dem Bett und sah auf den jüngeren seiner Söhne hinab. Im spärlichen Tageslicht, das noch hereindrang, schimmerten die grauen Strähnen, die sein dichtes braunes Haar durchzogen, wie auch die beiden Silberstreifen in seinem kurz gestutzten Bart wie Regentropfen. Er löste die Schließe des Kapuzenumhangs, der ihm in weiten Falten von den Schultern fiel, und ließ ihn zu Boden gleiten. Dann rückte er den Hocker näher ans Bett und setzte sich so selbstverständlich darauf, als wäre er gerade in sein eigenes Haus zurückgekehrt, ohne daß ihm Kummer oder Seelenschmerz das Willkommen trübten.
    »Euer Sohn und Diener«, sagte Philip bewußt förmlich. Seine Stimme klang dünn, als käme sie aus weiter Ferne.
    Der Graf beugte sich vor und küßte ihn auf die Wange, der schlichte Gruß, wie er zwischen Vater und Sohn üblich war. Nichts trübte ihrer beider Beziehung. Lautlos glitt Cadfael an ihnen vorüber und trat in den Gang hinaus, wo er den eigenen Sohn mit stillem Jubel in die Arme schloß.
    Jetzt war also alles vollbracht, was hier zu
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