Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
hängenden bleifarbenen Himmel über ihm immer wieder Schauer von Schneeregen herab, was seine Stimmung nicht unbedingt besserte. Wie grauer Dunst lagen die Farben des Winters schmutzig und ausgebleicht über der Landschaft.
    So machte das Reisen wenig Freude, und er begegnete nur wenigen Menschen — sie zogen, ganz wie die Schafe, ein Dach über dem Kopf vor.
    Am Spätnachmittag erreichte er Cirencester, das er bisher nicht kannte. Cadfael wußte lediglich, daß die Stadt sehr alt war, noch Spuren aus römischer Zeit trug und daß der Wollhandel sie schon vor langer Zeit reich gemacht hatte. Er mußte Vorübergehende nach dem Weg zum Augustinerkloster fragen, doch als er dort eintraf, war es unverkennbar, und ohne Zweifel blühte und gedieh es.
    König Heinrich hatte das Kloster auf den Überresten eines älteren säkularen Kanonikerhauses errichtet, das nur über geringe Geldmittel verfügte und daher allmählich dem Verfall entgegenging. Die Augustiner aber hatten es wiederhergerichtet, und das schöne Torhaus, der große Hof und die herrliche Kirche legten Zeugnis ab von ihrem Eifer und ihrer Tüchtigkeit. Obwohl die Wiederbelebung dieser Anlage keine dreißig Jahre zurücklag, konnte sie mit Fug und Recht einen Platz unter den ersten ihres Ordens im Königreich beanspruchen.
    Cadfael stieg am Tor ab und führte sein Pferd zur Pforte. Die Ordnung und Beschaulichkeit, die dort herrschten, taten ihm wohl nach all den Fährnissen mit unvorhefsagbarem Ausgang, der Belagerung und der trüben Einsamkeit der Straßen. Hier ging alles seinen geordneten Gang, hier hatte jeder eine fest umrissene Aufgabe und fügte sich einem geregelten Tagesablauf. Niemand zweifelte hier an seinem Wert, jede Stunde und jede Sache hatte ihren Sinn und war für den Ablauf des Ganzen unerläßlich - ganz wie zu Hause, dort, wohin ihn sein Herz zog.
    »Ich gehöre dem Benediktinerkloster Sankt Peter und Paul in Shrewsbury an«, sagte Cadfael demütig, »und halte mich in dieser Gegend wegen der Kämpfe in Greenhamsted auf, wo ich mich befand, als die Burg belagert wurde.
    Könnte ich mit dem Bruder Krankenpfleger sprechen?«
    Der Pförtner war ein rundlicher älterer Mönch mit abweisendem Blick, offensichtlich nicht bereit, einen Unbekannten ohne weiteres willkommen zu heißen, nur weil der ein Benediktiner war. Eindringlich erkundigte er sich: »Begehrst du Unterkunft für die Nacht, Bruder?«
    »Nein«, antwortete Cadfael. »Du brauchst für mich nicht zu sorgen. Ich bin auf dem Weg zurück nach Shrewsbury. Mein Auftrag ist rasch erledigt. Ich habe Philip FitzRobert, der bei Greenhamsted schwer verwundet wurde und in Lebensgefahr schwebte, in der Obhut eines anderen hergesandt. Ich hatte mich dort um ihn gekümmert und möchte gern aus dem Munde des Bruders Krankenpfleger erfahren, wie es Philip geht. Oder ob er noch lebt«, fügte er hinzu, mit einem Mal unsicher.
    Bei der Nennung des Namens Philip FitzRobert riß der Pförtner seine zurückhaltenden kalten grauen Augen weit auf, die sich bei der Erwähnung des Benediktinerordens und des Klosters in Shrewsbury nicht erwärmt hatten. Ob man Philip hier liebte oder verabscheute oder ob man seine Anwesenheit lediglich als unvermeidbare Erschwernis des Alltags hinnahm, die Hand seines Vaters lag über ihm und vermochte geschlossene und bewachte Tore zu öffnen. Man durfte dem Kloster keinen Vorwurf daraus machen, daß es eisern über seine Grenzen wachte.
    »Ich werde den Bruder Krankenpfleger rufen«, sagte der Pförtner und ging hinein.
    Jener kam bald herbeigeeilt, ein munterer liebenswürdiger Mann, knapp über dreißig. Er musterte Cadfael mit einem raschen Blick von Kopf bis Fuß und nickte billigend und wissend. »Der junge Mann hat gesagt, daß du vielleicht kämest. Du wurdest gut beschrieben, Bruder, ich hätte dich unter vielen herausgekannt. Du bist willkommen. Er hat uns vom Geschick der Burg berichtet und was unserem Gast dort drohte.«
    »Sie sind also rechtzeitig hier eingetroffen?« fragte Cadfael und stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus.
    »Durchaus. Sie kamen mit dem Fuhrwerk eines Müllers, aber auf den letzten Meilen hat es nicht der Müller gefahren«, berichtete der Krankenpfleger. »Ein Handwerker muß sich um seine Arbeit und seine Familie kümmern, vor allem, wenn er womöglich gerade erst mehr aufs Spiel gesetzt hat, als seine Aufgabe war. Es schien keine Bedrohung gegeben zu haben. Das Fuhrwerk jedenfalls wurde dem Müller zurückgebracht, und danach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher