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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße
Autoren: Ellis Peters
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tun war. Niemand, auch nicht die Kaiserin, würde es wagen, eine frevelnde Hand an etwas zu legen, was Robert von Gloucester gesegnet hatte. Hochbefriedigt gingen Vater und Sohn in den Hof. Dort holte Cadfael sein Pferd aus dem Stall, denn trotz der sich allmählich senkenden Dunkelheit hatte er das Gefühl, noch ein Stück des Weges hinter sich bringen zu müssen, bevor die Nacht vollständig hereingebrochen war. Ein einfaches Obdach würde er später irgendwo in einem Schafstall finden.
    »Ich begleite dich und teile das Lager mit dir, das uns gewiß jemand in seinem Heuschober gewähren wird«, erklärte Olivier. »Bis Gloucester haben wir den gleichen Weg. Sofern wir es bis Winstone schaffen, nimmt uns auch der Müller gern auf.«
    »Eigentlich hatte ich angenommen, daß du schon bei Ermina in Gloucester bist«, sagte Cadfael erstaunt. »Dort gehörst du jetzt hin.«
    »Ich war schon bei ihr - wie hätte ich sie vernachlässigen können? Ich habe sie geküßt«, gab Olivier zur Antwort, »und sie konnte sich mit eigenen Augen überzeugen, daß mir von niemandem ein Leid zugefügt worden ist. So hat sie mich dorthin ziehen lassen, wohin ich mußte. Ich bin nach Hereford zu Robert geritten, und er ist mitgekommen, wie ich es vermutet hatte. Nichts bindet die Menschen fester als die Bande des Blutes, und für niemanden gilt das mehr als für die beiden da drin. Jetzt ist mein Auftrag erfüllt, und ich kann heimkehren.«
    Zwei Tage ritten sie miteinander, zwei Nächte schliefen sie Seite an Seite, in ihre Umhänge gehüllt: die erste in einer Schäferhütte nahe Bagendon, die zweite in der gastfreundlichen Mühle von Cowley. Früh am dritten Tag ritten sie in Gloucester ein. Dort trennten sich ihre Wege.
    Yves hätte darauf hingewiesen, wie vernünftig es wäre, wenn Cadfael über Nacht dort bliebe und einige kostbare Stunden in der Gesellschaft von Menschen verbrächte, die ihn liebten. Olivier aber sah ihn lediglich an und wartete ergeben auf die Entscheidung des Vaters.
    »Nein«, sagte Cadfael und schüttelte bedauernd den Kopf. »Hier ist dein Zuhause, nicht meines. Ich bin schon viel zu lange fortgeblieben und wage nicht, meine Übertretung noch schlimmer zu machen. Dring daher nicht in mich.«
    Also schwieg Olivier. Statt dessen begleitete er ihn ans Nordende der Stadt, wo die Straße nordwestwärts zum fernen Leominster abzweigte. Cadfael hatte noch gut die Hälfte des Tages vor sich, der Himmel war zwar grau, aber friedlich, es wehte kaum Wind. Bis zum Einbruch der Dunkelheit konnte er ohne weiteres noch einige Meilen hinter sich bringen.
    »Gott verhüte, daß ich mich zwischen dich und das stelle, was du zum Trost deines Herzens brauchst«, sagte Olivier, »selbst wenn es meins in Stücke reißt. Zieh sicher deines Weges und fürchte nicht um mich. Wir werden uns gewiß wiedersehen. Wenn du nicht zu mir kommst, werde ich zu dir kommen.«
    »So es Gott gefällt!« erwiderte Cadfael, nahm das Gesicht seines Sohnes in beide Hände und küßte ihn. Wie konnte jemand wie Olivier Gott nicht gefallen? Vorausgesetzt, es gab noch mehr Menschen wie ihn auf dieser Welt.
    Sie waren zu ihrem kurzen Abschied vom Pferd gestiegen. Olivier hielt Cadfael den Steigbügel, damit er wieder aufsitzen konnte. Die andere Hand hatte er am Zaumzeug. »Gott segne dich und sei mit dir!«
    Cadfael beugte sich nieder und machte das Zeichen des Kreuzes auf die breite, glatte Stirn seines Sohnes. »Laß es mich wissen, wenn mein Enkel geboren ist«, bat er.

16. Kapitel
    Meile auf mühevolle Meile zog sich die lange Straße dahin, die heimwärts führte. Stunde folgte auf quälende Stunde, und Tag auf Tag. Bisher hatte der Winter die Menschen mit dem Schlimmsten verschont und nur gelegentlich zögernd einen dünnen Schneeschleier über das Land gelegt, der rasch wieder dahinschwand und schmolz - jetzt meldete er sich nachdrücklich mit Regenschauern und Schneetreiben, die im Wechsel aufeinanderfolgten. Straßen waren überflutet und Flüsse so reißend, daß sie sich nicht ohne Gefahr durchqueren ließen. Es kostete Cadfael drei Tage, Leominster zu erreichen, so viele Hindernisse waren unterwegs zu bewältigen. In der dortigen Priorei blieb er zwei Nächte, damit Hughs Pferd Gelegenheit hatte, ein wenig auszuruhen.
    Zwar ging es ab Leominster etwas besser, aber es blieb mühselig genug. Schnee und Frost hörten auf, doch fiel ein konstanter feiner Nieselregen. Am vierten Tag erreichte er das Gebiet Lacys und Mortimers in der Nähe von
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