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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel
Autoren: Ellis Peters
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ängstlich und verstohlen. Er hatte jetzt einen Passierschein und durfte das Lager ungehindert verlassen.
    Osbern fing ein paar Satzfetzen auf: »Ich muß zurück, man darf keinen Verdacht schöpfen... Ich habe Befehle erhalten!«
    O ja, jetzt mochte er, aus purer Dankbarkeit für die glückliche Wendung seines Unternehmens, zu einer kleinen Spende geneigt sein. Osbern fuhr dem Mann eilig in den Weg und streckte bittend die Hand aus.
    »Um der Liebe Gottes Willen, Herr! Wenn Er Euch gnädig gewesen ist, seid Ihr nun einem Armen gnädig!«
    Er sah ein bleiches, aber nicht mehr ängstliches Gesicht und hörte einen tiefen Seufzer, aus dem Hoffnung und Erleichterung sprachen. Im flackernden Licht des Feuers konnte er eine kunstvoll gearbeitete metallene Spange erkennen, die den Umhang am Hals zusammenhielt. Aus den Falten streckte sich ihm eine Hand mit einer Münze entgegen. »Sprich morgen ein Gebet für mich«, flüsterte der Mann kaum hörbar und schlich so geräuschlos davon, wie er gekommen war. Bevor Osbern ein Wort des Dankes sagen konnte, war er schon zwischen den Bäumen verschwunden.
    Noch vor Morgengrauen erwachte Osbern wieder aus einem unruhigen Schlaf und zog sich hastig in die Büsche zurück, wo er keinem im Weg war. Denn obwohl der Morgen noch nicht angebrochen war, herrschte im königlichen Lager emsige Betriebsamkeit. Das Antreten der Soldaten erfolgte so leise und diszipliniert, daß er es eher fühlen als hören konnte. Die Morgenluft schien vom Marschtritt der Regimenter zu beben, aber es war kaum ein Geräusch zu hören. Vom einen bis zum anderen Ufer des Severn, quer über die Landzunge, über die der einzige Zufahrtsweg zur Stadt führte, herrschte ein geschäftiges, aufgeregtes Summen. König Stephens Armee trat an zum letzten, entscheidenden Angriff auf die Burg von Shrewsbury.

Kapitel II
    Lange vor Mittag war alles vorbei. Die Tore waren verbrannt und eingerammt, die Burghöfe einer nach dem anderen genommen worden, die letzten Bogenschützen waren von den Zinnen und Türmen geschossen worden, und Rauch hing in schweren, dicken Schwaden über der Burg und der Stadt.
    Keine Menschenseele, nicht einmal ein Hund, war in den Straßen zu sehen. Als der Angriff begann, hatten sich alle Männer mit ihren Familien und ihrem Vieh in den Häusern eingeschlossen und die Türen verrammelt. Der Kampf dauerte nicht lange. Die Burgbesatzung war erschöpft; die vielen Deserteure, die geflohen waren, solange sie noch konnten, hatten ihre Kampfkraft geschwächt. Die Kaufleute und Händler von Shrewsbury sahen der unvermeidlichen Plünderung ängstlich entgegen und atmeten erleichtert auf, als diese vom König höchstpersönlich untersagt wurde. Nicht, daß er seinen Flamen ihre Beute mißgönnte – er legte nur Wert darauf, sie in seiner Nähe zu wissen. Auch ein König ist verwundbar, und dies war eine Stadt des Feindes gewesen. Noch war sie nicht befriedet. Außerdem mußte man sich zunächst um die Burg und ihre Besatzung kümmern, und im besonderen um FitzAlan, Adeney und Arnulf von Hesdin. Stephen schritt durch den blutbedeckten, mit zerbrochenen Waffen übersäten Hof in die Burghalle und gab Courcelle und Ten Heyt den Befehl, die feindlichen Anführer aufzustöbern und vor ihn zu bringen.
    Prestcote behielt er bei sich; er sollte der neue Statthalter sein, und die Schlüssel der Burg befanden sich bereits in seinen Händen. Schon war man dabei, die Vorkehrungen, die für die neue königliche Garnison getroffen werden mußten, zu besprechen.
    »Alles in allem«, sagte Prestcote, »waren die Kosten für Euer Gnaden ziemlich niedrig. Jedenfalls, was die Verluste betrifft.
    Zwar hat die Belagerung viel Geld gekostet, aber die Burg ist unversehrt. Es müssen nur einige Mauern ausgebessert und neue Tore gezimmert werden. Diese Feste werdet Ihr nie mehr verlieren – mir scheint, sie war die Zeit wohl wert, die Ihr brauchtet, um sie zu nehmen.«
    »Wir werden ja sehen«, sagte Stephen grimmig. Er dachte an Arnulf von Hesdin und an die unverschämten Beleidigungen, die dieser von den Zinnen herabgeschrien hatte. Als wollte er seinen eigenen Tod herausfordern!
    Courcelle erschien; er hatte seinen Helm abgenommen und sein kastanienbraunes Haar schimmerte im Mittagslicht. Ein viel versprechender Offizier, dachte Stephen anerkennend.
    Aufmerksam, ungeheuer stark im Zweikampf, und seine Männer folgten ihm bedingungslos. »Nun, Adam? Sind sie vernichtet? FitzAlan versteckt sich doch nicht etwa in den Ställen wie
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