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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel
Autoren: Ellis Peters
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nicht. Auf seinem Messer war kein frisches Blut, und das Schwert lag in Courcelles entspannter Hand. Und doch war er tot. Was für ein Wunder war dies? Hugh beugte sich nieder und hob den leblosen Körper an seiner linken Schulter an, um die tödliche Wunde zu sehen. Zwischen den Schulterblättern steckte der Dolch des Toten, den dieser weggeworfen hatte, als er sich nach dem Schwert bückte. Anscheinend war er mit dem schweren Griff zuerst in den Grund gefahren, und Hughs Angriff hatte Courcelle in das Messer gestürzt, das sich, als sie in ihrer tödlichen Umklammerung über den Boden rollten, immer tiefer in sein Fleisch gebohrt hatte. ›Also habe ich ihn eigentlich gar nicht getötet‹, dachte Beringar. ›Er ist durch seine eigene Arglist zu Tode gekommen.‹ Er war zu erschöpft, um sagen zu können, ob er darüber froh war, oder ob es ihm leid tat. Cadfael jedenfalls würde zufrieden sein: Nicholas Faintree war gerächt, sein Tod war gesühnt worden. Der Mörder war öffentlich angeklagt worden, und der Himmel hatte sein Urteil gesprochen. Der Mann, der einen Jüngling hinterrücks erwürgt hatte, war tot.
    Beringar hob sein Schwert auf, grüßte den König mit Ehrerbietung und verließ hinkend und aus mehreren Wunden an Hand und Unterarm blutend den Kampfplatz. Schweigend ließen ihn die Flamen durch.
    Aline Siward eilte auf ihn zu und ließ ihn durch eine innige Umarmung seine Erschöpfung vergessen. Das blonde Haar fiel ihr über die Schultern, und ihr Gesicht war ebenso müde, erleichtert und verzückt wie das seine. »Hugh... Hugh...«, flüsterte sie und berührte zärtlich die blutenden Wunden auf seiner Wange und seiner Hand.
    »Warum hast du mir nichts gesagt? Warum nur, warum? Oh, ich bin so viele Tode gestorben! Aber heute ist uns beiden das Leben geschenkt worden... Küß mich!«
    Er küßte sie. Entgegen seiner Befürchtung verschwand sie nicht wie ein flüchtiges Traumbild. Ohne jeden Zweifel: Sie gehörte ihm.
    »Ich darf mich noch nicht ausruhen«, sagte er und richtete sich auf. »Der König wartet. Wenn du dich wirklich für mich entschieden hast, dann leih mir deinen Arm und stütze mich, damit ich nicht vor ihm zusammenbreche.«
    »Hast du dich denn für mich entschieden?« fragte Aline.
    »Gewiß! Und um diese Entscheidung zu widerrufen, ist es jetzt zu spät, mein Herz!«
    Sie war an seiner Seite, als Hugh Beringar vor den König trat.
    Aus einem geheimen Bereich seiner Seele, dem weder Müdigkeit noch Verletzungen etwas anhaben konnten, strömte ihm neue Kraft zu. »Euer Gnaden«, sagte er, »ich habe meine Beschuldigungen gegen einen Mörder bewiesen und bitte hiermit um die Bestätigung des Urteils.«
    »Euer Gegner hat sich selbst gerichtet«, antwortete Stephen und sah die beiden nachdenklich an. Das Bild, das dieses junge Glück bot, irritierte ihn. »Es könnte aber sein, daß Ihr noch einen weiteren Nutzen aus diesem Sieg zieht. Ihr habt mich eines guten Offiziers beraubt, junger Mann, der immerhin, ganz abgesehen davon, was er sonst noch gewesen sein mag, ein fähiger Statthalter und Vertreter der Krone in dieser Grafschaft war. Als Vergeltung könnte ich erwägen, die Position, deren Inhaber Ihr getötet habt, mit Euch zu besetzen. Das Hausrecht auf Euren eigenen Besitzungen wäre hiervon nicht berührt.
    Was ist Eure Antwort?«
    »Mit Eurer Erlaubnis, Euer Gnaden«, antwortete Beringar ohne eine Miene zu verziehen, »möchte ich mich erst mit meiner Braut beraten.«
    »Was immer mein Herr will, will auch ich«, sagte Aline feierlich.
    ›So so‹, dachte Bruder Cadfael. ›Das war das öffentlichste Ehegelöbnis, das ich je gehört habe. Sie werden ganz Shrewsbury zu der Hochzeit einladen müssen.‹
    Vor der Komplet ging Bruder Cadfael hinüber zum Gästehaus.
    Er hatte nicht nur ein Töpfchen Labkraut-Salbe für Hugh Beringars zahlreiche kleinere Wunden dabei, sondern auch Giles Siwards Dolch. Er war repariert worden; die silberne Adlerklaue, die den Topas hielt, befand sich wieder an ihrem Platz.
    »Bruder Oswald ist ein guter Silberschmied; dies ist sein und mein Geschenk an Eure Dame. Übergebt es ihr selber, aber bittet sie, dem Jungen, der den Dolch aus dem Fluß geholt hat, eine gute Entschädigung zu geben – ich weiß, das wird sie gerne tun. Diesen Teil der Geschichte werdet Ihr ihr wohl erzählen müssen. Über den Rest, soweit es ihren Bruder betrifft, bewahrt jedoch Schweigen, jetzt und immer. Für sie war er nur einer von vielen, die die glücklose Seite
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