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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu
Autoren: Sean Olin
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schauten übers Meer, das hier ganz anders aussah – heller, blasser, weniger bedrohlich. An einem Imbiss mit Tischen im Freien kauften wir uns Fisch-Tacos und Mineralwasser. Asheley überredete mich, eine horchata zu trinken, eine Art Milchshake, obwohl ich überzeugt war, dass das Zeug vor Keimen nur so wimmelte. Als die Uferfelsen flacher wurden und die Straße parallel zum Meeresspiegel lief, hielten wir an, um ein bisschen am Strand entlangzugehen und die Füße von den seichten Wellen umspülen zu lassen.
    Es war wirklich schön. Keine anderen Menschen in der Nähe, Asheley sicher und ich entspannt. Es war zwar eine merkwürdige Situation, aber wir hatten unseren Frieden. Können Sie sich vorstellen, was das für uns bedeutete? Ich weiß gar nicht, ob in meinem Leben jemals Frieden geherrscht hatte. Frieden war für mich immer nur was für andere gewesen. Mir persönlich war er fremd. Als hätte ich kein Recht darauf.
    Aber nun, an diesem einen Nachmittag, als wir auf der mexikanischen Küstenstraße gen Süden fuhren, bekam ich einen Zipfel von dem Leben zu fassen, das ich mir immer gewünscht hatte. Für Asheley und mich. So perfekt war mein Leben noch nie gewesen. Und dass ich das zusammen mit Asheley erleben durfte … ich musste mir auf die Lippen beißen, um vor Glück nicht laut loszuschreien.
    Aber alles Schöne hat ein Ende.
    Gegen sieben Uhr abends erreichten wir Baja del Mar. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, jedenfalls nicht sowas. Die Stadt stank nach Geld. Ich meine, Sie wohnen hier und kennen das alles, aber ich … All die großen Häuser hinter hohen Zäunen und die gestutzten Bougainvilleen am Straßenrand …
    Ich suchte uns ein Motel, das so aussah, als könnten wir es bezahlen. Billig war es nicht gerade, aber was Billigeres war hier wohl nicht zu finden. Das Posada El Delfin. Kennen Sie das? Keine Kaschemme. Okay, hier und da blätterte ein bisschen die Farbe ab, und der weiß gekalkte Fußboden hatte Risse, aber sonst war alles bestens.
    Abgesehen von dem Dreckskerl an der Rezeption. Aber das war ja nicht anders zu erwarten. Ich weiß nicht mehr, wie er hieß. Julio? Juan? Ziemlich junger Typ, vielleicht zwanzig, einundzwanzig. Spindeldürr, Rattenfresse.
    Als wir über den Zimmerpreis verhandelten, sagte Asheley ausdrücklich: »Zwei Betten!« Sie zeigte auf mich und erklärte: »Mein Bruder.« Und was macht der Typ? Zwinkert ihr obszön zu und sagt: » Si , verstehe.« Dann versiegelte er pantomimisch seine Lippen und führte uns zu einem Zimmer mit nur einem Bett. Queensize.
    Bestimmt dachte er, dass er uns damit einen Gefallen tat. Wahrscheinlich kam es öfter vor, dass irgendwelche Nutten ihre Freier als »Freund« oder reiche Säcke ein blutjunges Mädchen als »Tochter« ausgaben, oder was weiß ich. Menschen tun die widerlichsten Sachen. Zwinkern und nicken, wenn ihnen beim Check-in bestimmte Fragen gestellt werden, oder drucksen rum, wenn’s darum geht, was für ein Zimmer sie buchen wollen.
    Wie solche Perverslinge sahen wir ja wohl hoffentlich nicht aus, aber wir wollten nicht groß diskutieren und letzten Endes war’s uns egal. Wir brauchten nun mal ein Zimmer, und der Typ gab uns dieses. Ich kann sogar verstehen, was er dachte. Es ist zwar nicht schön, aber verstehen kann ich’s. Man trifft ja nicht alle Tage auf jemanden, der so naiv und unschuldig ist wie Asheley. Auf tausend Schlampen kommt nur eine wie sie. Trotzdem hatte das Ganze einen üblen Beigeschmack. Wir hatten zwar nichts falsch gemacht und die Wahrheit gesagt, und wir hatten ja auch nichts Illegales vor, aber irgendwie kam ich mir regelrecht beschmutzt vor.
    Wir brachten unser Gepäck ins Zimmer. Es war ganz nett – Klimaanlage, Bilder an den Wänden und so weiter. Dann richteten wir uns erst mal ein bisschen ein.
    Wir haben nicht darüber gesprochen, wie wir den Abend verbringen wollten, aber mein Plan war, dass wir uns erst mal frisch machen und dann was essen gehen sollten. Es war ja eine reiche Stadt, deswegen dachte ich, dass wir in ein edles Restaurant gehen würden, vielleicht mit einer Terrasse im Freien und Windlichtern auf den Tischen, am besten mit Blick aufs Meer, den Sonnenuntergang und die Segelboote, die vor der Küste ankerten. Wir könnten chiles rellenos und Guacamole essen.
    Als Asheley mit Zahnbürste, Shampoo und so weiter ins Badezimmer verschwand, um zu duschen, legte ich mich aufs Bett und versuchte, mich zu entspannen. Ich war die letzten zwei Tage ja praktisch
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