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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu
Autoren: Sean Olin
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durchgefahren. Und geschlafen hatte ich noch länger nicht.
    Ich muss wohl eingeschlafen sein.
    Ich wachte auf, als Ash an meiner Schulter rüttelte.
    »Will«, sagte sie. »Willst du nicht duschen?«
    Ihr Anblick brach mir das Herz.
    Sie war so schön, so zerbrechlich und sie vibrierte vor Hoffnung. Ein echtes Juwel. Herzzerreißend. Sie hatte sich geschminkt und ihr Stanford Sweathirt angezogen. Mir war klar, was sie damit bezweckte. Ich bin ja nicht blöd.
    »Doch, doch«, sagte ich zum Thema Dusche. »Gleich. Du siehst aus, als hättest du heute Abend noch was vor.«
    Sie wurde rot.
    »Na ja«, sagte sie. »Jetzt sind wir ja da. Ich dachte, wir gehen zu Dad und …«
    »Ich weiß, was du meinst.«
    Sie hätten mal sehen sollen, wie erwartungsvoll sie mich ansah. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie traurig mich dieser Anblick machte.
    Ich rutschte auf die andere Seite des Bettes, drehte mich auf die Seite und klopfte auf die Matratze. »Komm, setz dich zu mir.«
    Sie merkte sofort, dass ich schlechte Neuigkeiten hatte. »Was ist jetzt wieder schiefgegangen?«, fragte sie. »Was siehst du mich so komisch an?«
    Ich versuchte zu lächeln, um sie zu beruhigen, aber das war nicht so einfach. Es war wirklich furchtbar traurig für sie.
    »Komm einfach her.«
    Sie setzte sich neben mich und wartete ganz still, aber nervös, auf das, was ich zu sagen hatte.
    »Welche Erinnerungen hast du an Dad?«, fragte ich.
    »Eine ganze Menge.«
    »Was, zum Beispiel?«
    »Wie er abends mit übereinandergeschlagenen Beinen im Wohnzimmer saß und mich auf seinem Fuß wippen ließ. Wir nannten das Pferdchenreiten. Dabei hat er mir lauter lustige Fragen darüber gestellt, was ich tagsüber so gemacht hatte.«
    »Und was noch?«
    »Der Dschungelspielplatz, den er uns im Garten gebaut hat. Warum fragst du, Will? Was soll das?«
    Ich setzte mich auf, nahm ihre Hände und hielt sie fest. Die Klimaanlage war voll aufgedreht, und ich merkte plötzlich, wie kalt es in dem Zimmer war.
    »Es ist nur … Was du da erzählst, kennst du von Fotos. Aber weißt du noch, was für ein Mensch er war? Ich meine, in Wirklichkeit – nicht das strahlende Gesicht für den Fotoapparat.«
    »Ich weiß nicht. Das heißt … lass mich überlegen.«
    »Nein, Ash, das weißt du nicht. Denn wenn du es wüsstest, wäre dir klar, dass er ein … ein schlechter Mensch ist. Ganz anders, als du ihn in Erinnerung hast. Hast du dich mal gefragt, warum Mom trinkt? Hast du dich mal gefragt, warum sie mit Macht an ihrer Selbstzerstörung arbeitet? Wegen Dad! Sie versucht, die Erinnerung an ihn loszuwerden. Es tut mir leid, Ash, aber ich muss …«
    »Warum fängst du ausgerechnet jetzt davon an?«, fragte sie.
    Ich spürte, wie sich ihre Hände verkrampften, und ich fing an, sie zu massieren, um sie zu beruhigen.
    »Er wird uns nicht helfen«, sagte ich. Jetzt war sie raus, die bittere Wahrheit. Ich wünschte, ich hätte es nicht sagen müssen, aber der Zeitpunkt war gekommen. Sie musste es erfahren. »Komm her«, sagte ich.
    Ich zog sie an den Händen zu mir, ganz sanft, und sie ließ sich von mir umdrehen, sodass ich ihre Schultern massieren konnte.
    »Es tut mir so leid. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr«, sagte ich.
    »Schon okay«, flüsterte sie.
    Sie hatte sich gut unter Kontrolle und ließ sich den Schock und die Trauer nicht anmerken. Ich war sehr stolz auf sie. Sie war so tapfer.
    »Aber, hey«, sagte ich. »Wir sind in Mexiko. Weit weg von Morro Bay. Das ist doch super. Und wir haben uns.« Ich legte die Arme um ihre Taille und drückte sie. »Was brauchen wir mehr?«
    Ich fuhr mit der Hand unter ihr Sweatshirt und legte sie auf ihren weichen Bauch. Das hatte ich schon seit einer Ewigkeit tun wollen.
    »Wir Wunderkinder«, sagte ich.
    Dann küsste ich sie auf die weiche Stelle zwischen Hals und Schlüsselbein, hielt sie fest umarmt und schaukelte sie sacht hin und her.
    »Ja«, sagte sie. »Wir Wunderkinder.«
    Sie tätschelte mein Knie und löste sich vorsichtig aus meiner Umarmung. Im Aufstehen sagte sie: »An der Rezeption hab ich nen Colaautomaten gesehen. Eins dieser uralten Modelle mit Flaschen. Ich hol uns eine. Ich sterbe vor Durst.«
    Als sie losging, drückte sie meine Schulter.
    Dann war sie weg.

Asheley
    Ich begann wieder Hoffnung zu schöpfen. Will hatte sich einigermaßen eingekriegt. Wenigstens fuhr er tatsächlich nach Baja del Mar, wo Dad wohnt. Wir hatten noch nicht besprochen, wann und wie wir zu ihm gehen sollten, aber ich hatte schon so
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