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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu
Autoren: Sean Olin
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niemand.
    »Daddy«, sagte ich. »Ich hab eine Bitte. Nur eine. Danach werde ich dich nie wieder belästigen, ich schwör’s. Dann kannst du vergessen, dass ich überhaupt existiere.«
    »Ich höre«, sagte er so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.
    Erst in dem Moment wurde mir klar, dass auch er weinte. Er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, aber ich sah es. Seine Augen waren voller Tränen.
    Ich griff durch die Gitterstäbe. Ich wollte ihn wenigstens einmal anfassen, einen Moment lang seine Nähe spüren. Er ließ es zu und nahm meine Hand. Es war, als ob er sich zu mir bekannte. Er sprach sogar meinen Namen aus. »Asheley.« Auch Wills Namen. Will blieb hinter mir, er wollte Dad nicht zu nahe kommen. Aber Dad sah ihn an und sagte: »Will. Mein kleiner Mann.«
    Dann wurde seine Stimme von Tränen erstickt. Er schüttelte den Kopf, kämpfte gegen die Tränen an und sagte heiser: »Ich hab euch das Leben verpfuscht, nicht wahr?«
    Wir antworteten nicht. Keiner von uns. Wahrscheinlich waren wir zu überwältigt. Zu durcheinander. Zu traurig. Und zu glücklich zugleich. Nicht nur ich. Auch Will.
    »Ich wünschte, ich … ich weiß nicht, was …«, sagte Dad.
    Wieder flossen seine Tränen und er starrte uns mit glasigen Augen an. Vor lauter Tränen konnte er uns wahrscheinlich gar nicht mehr sehen.
    Er schien uns anzuflehen, ihn freizugeben.
    »Bitte, Daddy, wir brauchen Hilfe«, sagte ich. »Die Polizei muss kommen. Bitte ruf die Polizei!«
    Dad reagierte nicht gleich. Dann senkte er den Kopf und ging langsam durch die Einfahrt zurück. Als er an der Haustür war, sah er sich noch einmal zu uns um. Ich glaub, er hat uns zugenickt. Schwer zu sagen. Aber er legte einen Finger an die Lippen, als ob er uns einen Abschiedskuss geben und für unsere Sicherheit beten wollte.
    Ich hatte noch gar nicht kapiert, was gerade passiert war. Ich war nur noch müde. Unglaublich müde. Ich glitt am Gitter runter und setzte mich auf den Asphalt vor der Einfahrt.
    »Die haben hier ein Auslieferungsabkommen«, sagte Will. »Weißt du, was das bedeutet, Ash? Dass sie uns nach Hause schicken. Wir werden verhaftet werden. Wir werden … Sie werden uns auseinanderreißen. Willst du das?«
    »Ich weiß es nicht, Will. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Ich will nur, dass dieser Wahnsinn aufhört.«
    Dann schwiegen wir eine Weile. Schließlich berührte Will mich an der Schulter.
    »Was machen wir denn jetzt?«, fragte er.
    »Mach, was du willst«, sagte ich. »Ich bleib hier sitzen und warte auf die Polizei.«
    Einen Moment lang dachte er nach. Dann sagte er: »Dann bleib ich auch hier.« Wie ein nasser Sack ließ er sich neben mir fallen.
    Da saßen wir dann und haben auf Sie gewartet. Wie es weiterging, wissen Sie ja.

Will
    Nein, das ist alles. Das war’s.
    Haben Sie es jetzt verstanden? Ich bin kein blutgieriger Psychopath. Ich wünschte, ich hätte einen anderen Weg gefunden, Ash zu beschützen.
    Hab ich aber nicht.
    Und sie brauchte …
    Irgendwas musste ich doch tun!
    Okay, tun Sie also, was Sie mit mir tun müssen. Ich versteh das schon. Was aus mir wird, ist egal. Aber … Vergessen Sie nicht, dass wir einen Deal haben. Sie werden Asheley nichts tun, richtig? Sie gehen sanft mit ihr um? Sie verdient was Besseres als das Chaos, in das ich sie gestürzt hab.

Asheley
    Ich behaupte ja nicht, dass ich völlig unschuldig bin. Wenn das der Fall wäre, würde ich mich nicht so sehr für die vielen kleinen Kompromisse schämen, die ich gemacht hab. Was ich sagen will … Er ist mein Bruder, verstehen Sie? Ich liebe ihn. Auch wenn er was Schlimmes getan hat. Auch wenn er manchmal durchdreht. Ich kann ihn verstehen. Er brauchte mich. Er braucht mich immer noch, ganz bestimmt.
    Ich hab ihn enttäuscht.
    Ich hab alle enttäuscht. Ihn, Craig, Naomi, Keith.
    Ich kann es nicht rückgängig machen. Ich kann mich nicht mal bei ihnen entschuldigen. Ich weiß. Ich wünschte nur …
    Wissen Sie, woran ich immer denken muss? An diesen Tag, an unser großes Spiel, als ich von einer Base zur nächsten lief. Alle applaudierten und klopften mir auf die Schulter. Es war so einfach! Ich hatte was geleistet und bekam dafür Anerkennung.
    Dieses Gefühl möchte ich irgendwann noch mal haben. Aber ich muss es mir verdienen. Ich möchte beweisen, dass ich was leisten kann. Und ich versprech, nein, ich schwör: Wenn ich nach Morro Bay zurückgebracht werde und das alles hier hinter mir lasse, werd ich alles tun, was ich kann, um dieses Ziel zu
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