Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
war – vor den neugierigen Blicken des Pöbels zu schützen.
    Ich wankte ins Haus, um mich von Glaucus verarzten zu lassen, und dachte verzweifelt an den Weg, den diese verflixten beinernen Plättchen letzte Nacht genommen hatten …
    »Was zum Hades ist dir denn über die Leber gelaufen?« fragte Glaucus, weniger erschrocken über meine Wunde als über mein finsteres Gesicht.
    »Ich hab gerade ein Vermögen gewonnen, aber meine Nichte hat’s aufgegessen.«
    Mein Trainer Glaucus war ein umsichtiger Mann. »Setz das Kind auf einen Nachttopf und warte ab!«
    Wir führten dann noch eine lebhafte Diskussion darüber, ob Knochen sich unter Einwirkung von Magensäure auflösen, aber damit möchte ich Sie nicht behelligen.
     
    Er reinigte und verband die Wunde. Dann nahm auch ich mir eine Sänfte, ließ mich zur Porta Capena bringen und träumte von der neuen Wohnung, die ich mir würde leisten können, wenn es gelänge, Marcia ein paar der Wettmarken wieder zu entlocken …
    Nichts geht jemals völlig reibungslos ab. Als ich an der Einmündung der Straße, in der die Familie Camillus residierte, meine Träger entlohnte, fielen mir ein paar Kerle auf, die vor einer Garküche herumlungerten: Anacrites’ Spione! Sie hatten sich ausgerechnet, daß ich früher oder später versuchen würde, Helena zu sehen. Wenn ich jetzt auf das Haus des Senators zuging, würde ich meinen Genesungsurlaub in einer Gefängniszelle verbringen.
    Zum Glück war ich als Liebhaber keine Niete und kannte den Hintereingang im Haus des Senators.
     
    Als ich mich wie ein Marmordieb in den Hof stahl, stand Camillus Verus plötzlich mit gekreuzten Armen vor seinem Fischteich und starrte auf die Karpfen hinunter.
    Ich hüstelte diskret. »Schöner Abend, Senator!«
    »Ach, Falco.«
    Ich half ihm, den Fischen Grimassen zu schneiden. »Ich sollte Sie warnen, Senator, wenn ich nachher Ihr Haus verlasse, ist es gut möglich, daß man mich auf offener Straße verhaftet!«
    »Dann haben die Nachbarn doch wenigstens wieder Gesprächsstoff.« Die Tunika, die Glaucus mir geliehen hatte, besaß nur einen Ärmel. Camillus’ Blick blieb an meinem Verband haften.
    »Pertinax ist tot.«
    »Wie das?«
    »Später, Senator. Bevor ich mich erinnern kann, muß ich vergessen lernen.«
    Er nickte. Ein Karpfen schnellte mit dem Maul aus dem Wasser, aber wir hatten nichts für ihn und starrten bloß schuldbewußt in seine Glupschaugen.
    »Helena hat nach Ihnen gefragt«, sagte ihr Vater.
     
    Er begleitete mich bis zum Atrium. Die Statue, die ich ihm aus dem Hause Pertinax geschickt hatte, stand nun auf dem ihr gebührenden Ehrenplatz. Er bedankte sich, und wir betrachteten sie mit einer Ruhe, die sich angesichts des lebenden Modells schwerlich hätte aufrechterhalten lassen.
    »Ich weiß immer noch nicht«, meinte Camillus versonnen, »ob ich sie nicht doch in Marmor hätte bestellen sollen …«
    »Bronze paßt besser«, sagte ich und lächelte ihm zu, damit er merkte, daß es als Kompliment für seine Tochter gedacht war. »Bronze strahlt viel mehr Wärme aus!«
    »Machen Sie, daß Sie zu ihr kommen«, drängte der Senator. »Sie redet nicht und sie weint nicht. Sehen Sie zu, was Sie ausrichten können …«
     
    Ihre Mutter und eine ganze Schar Zofen waren bei ihr. Und ein Mann, bei dem es sich nur um den Arzt handeln konnte. Meine Rosen standen neben Helenas Bett, mein Siegelring steckte an ihrem Finger. Sie überhörte mit eigensinniger Miene hunderterlei weise Ratschläge.
    Ich lehnte in der Tür wie ein Profi, der eisenharte, ungerührte Privatermittler, den nichts umwirft. Sie sah mich sofort. Helena hatte ein ausdrucksstarkes Gesicht, auf dem sich all ihre Empfindungen aufs lebhafteste widerspiegelten. Wann immer dieses Gesicht aufleuchtete, bloß weil ich lebendig und auf meinen zwei Beinen ein Zimmer betrat, war der eisenharte, ungerührte Blick nur sehr schwer beizubehalten.
    Ich widmete mich weiter der Aufgabe, den Türrahmen abzustützen, während ich nach einem jener abgeschmackten Kalauer suchte, die sie in einer solchen Situation von mir erwarten würde. Da entdeckte sie den Verband.
    »Also, das ist typisch«, rief sie, »daß du ausgerechnet dann blutverschmiert auftauchst, wenn anderer Leute Doktor zur Stelle ist, um dich gratis zu verbinden!«
    Ich schüttelte den Kopf: Es sei nur ein Kratzer. Und ihre Augen antworteten, egal was ich ihr angetan hätte, sie sei froh, daß ich endlich da war.
    In meinem Beruf arbeitet man am besten allein, aber es wäre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher