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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten
Autoren: Lindsey Davis
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gekommen, daß er von Ihnen nur immer wieder Enttäuschungen ernten würde. Also hat er einen anderen Weg eingeschlagen!«
    »Einen anderen Weg? Was soll das heißen?«
    »Nun, er hat das gleiche getan, wie Sie heute – er hat geheiratet!«
    Im ersten Moment glaubte er mir nicht. Dann spürte er, daß ich die Wahrheit sagte. Aber sein irrer Verstand begann gleich wieder emsig nach einem Ausweg zu suchen.
    »Es ist aus, Pertinax«, sagte ich. »Sie haben Helena Justina genauso verloren, wie Sie mit all Ihren anderen Plänen gescheitert sind. Ich weiß, warum sie Sie verlassen hat. Und Marcellus wußte es auch.«
    Er lag im Schatten an der Mauer und verbiß sich die Frage. Ich sagte es ihm trotzdem.
    »Sie haben sich nie bemüht, sie wirklich kennenzulernen. Oder haben Sie in all den Jahren, die Sie mit ihr verheiratet waren, entdeckt, daß Helena, wenn ein Mann sie glücklich gemacht hat, in seinen Armen weint?«
    Die Wahrheit dämmerte ihm.
    »Stimmt«, sagte ich, »der Grund, warum Sie Helena verloren haben, ist so alt wie die Welt – sie hat einen Besseren gefunden! «
    Pertinax war blind vor Wut. Als er auf allen vieren zu mir herüberrobben wollte, rutschte die Hand, die das Messerheft hielt, ab, und sein Arm schürfte der Länge nach über den Kiesweg. Ich blieb reglos sitzen. Im entscheidenden Moment hielt ich die Augen geschlossen, hörte aber das scharfe Zischen, mit dem die Luft entwich, als der Opferdolch seine Lunge durchbohrte.
    Er war auf der Stelle tot. Daher wußte ich, daß ihm, als er vornübersank, das Messer des Oberpriesters ins Herz gedrungen war.

XC
    Als mein Herz wieder regelmäßig schlug, stand ich langsam auf. Helenas Garten.
    Eines Tages würde ich ihr einen anderen schenken; einen, in dem es keine Gespenster gab.
     
    Erschöpft schleppte ich mich zum Tor. Endlich bekam ich den Schlüssel ins Schloß und stand im gleißenden Sonnenlicht auf der Straße. Ein Hündchen mit niedlichem Stummelschwanz beschnupperte die Zeltplane, die ein reinlicher Hausverwalter über die Leichen der germanischen Söldner gebreitet hatte; unterdessen saßen die vornehmen Anwohner vom Quirinal in ihren Salons und beschwerten sich.
    Ich pfiff dem kleinen Hund; der wackelte mit seinem Stummelschwanz wie ein Verschwörer.
    Eine Mietsänfte stand im Schatten einer Säulenhalle. Daneben saß die Kellnerin Tullia.
    »Nett, daß Sie gewartet haben!« Freilich nicht aus reiner Nächstenliebe: Ihr Ehevertrag steckte nämlich noch immer in meinem Gürtel. Ich reichte ihr die Schriftrolle und eröffnete ihr, daß sie sich ab sofort als reiche Witwe betrachten dürfe.
    »Gehen Sie mit diesem Dokument zu meiner Bank. Das Geld, das ich Ihnen versprochen habe, ist eine Erbschaft, die Atius Pertinax seinem Freigelassenen Barnabas ausgesetzt hatte; da Sie nun die Witwe des Freigelassenen sind, gehört das Geld Ihnen. Falls der Bankier die Unterschrift auf dem Ehevertrag moniert, erinnern Sie ihn daran, daß Sklaven, die in aller Form in die Freiheit entlassen werden, oft den Namen ihres früheren Herrn annehmen.«
    »Wie hoch ist die Erbschaft?« fragte Tullia eifrig.
    »Eine halbe Million.«
    »Treiben Sie keinen Scherz mit mir, Falco!«
    Ich lachte. »Aber das würde ich mir doch nie erlauben! Seien Sie klug und geben Sie nicht gleich alles in der ersten Woche aus!«
    Sie rümpfte die Nase, eine geborene Geschäftsfrau. Dieses Mädchen würde sein Geld mit eiserner Hand zusammenhalten. »Kann ich Sie irgendwo absetzen?«
    »Danke, aber ich muß erst noch eine Leiche wegschaffen.«
    Tullia lächelte und zog mich am Ärmel zu ihrer Sänfte. »Ich war seine Frau, Falco. Überlassen Sie es mir, ihn zu bestatten.«
    Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. »Pflichtbewußtsein ist doch etwas Wunderbares!«
    Tullia brachte mich zu meinem Gymnasium. Als ich ausgestiegen war, küßte sie mich zum Abschied.
    »Vorsicht, mein Kind – allzu viel Aufregung vertrage ich heute nicht mehr!«
    Ich sah zu, wie sie sich mit dem würdigen Ernst einer Frau in ihren Sitz zurücklehnte, die genau weiß, wie sie den Rest ihres Lebens gestalten wird. Ich hatte das Gefühl, daß Männer nur eine sehr untergeordnete Rolle darin spielen würden.
    Sie beugte sich noch ein letztes Mal vor, als die Träger schon antrabten. »Haben Sie Ihren Wettgewinn schon abgeholt, Falco?«
    »Ferox hat verloren!«
    »Oh, aber Pertinax hat auf Goldschatz gesetzt!« belehrte mich Tullia lachend, ehe sie den Vorhang zuzog, um sich – nun, da sie eine reiche Frau
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