Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
seinem weißverschleierten Gehilfen, das Opfertier zu bringen. Im nächsten Moment war das arme Lämmchen tot. Gordianus waltete rasch und sauber seines Amtes. Am Kap Colonna hatte er sich beachtliche Geschicklichkeit im Umgang mit Opfermessern erworben.
    Er betrachtete die Organe des Tieres, die entschieden elend aussahen, und verkündete sodann, zur Braut gewandt und bar jeder Ironie: »Sie werden ein langes, glückliches und fruchtbares Leben führen!«
    Pertinax schien inzwischen ziemlich nervös, und das nicht ohne Grund. Wenn schon die erste Eheschließung ein riskantes Wagnis ist, dann muß die Wiederholung geradezu lächerlich erscheinen. Der Priester hatte die Verträge mitgebracht; Pertinax wurde angewiesen, als erster zu unterschreiben. Dann trug der priesterliche Gehilfe die Dokumente zur Braut hinüber, die schrecklich langsam ihren Namen malte. Gordianus verwickelte Pertinax unterdessen in eine höfliche Plauderei.
    Mit der Unterzeichnung der Verträge war dem vorgeschriebenen Ritus Genüge getan. Curtius Gordianus lachte kurz und grimmig auf.
    »So, und nun darf der glückliche Bräutigam die Braut küssen …«
    Vier Schritte trennten das Paar noch, als sie langsam den Schleier hob und Pertinax sich gegen Helenas kühl-überlegene Verachtung wappnete. Allein, das Gesicht, das sich ihm enthüllte, war jünger, kesser: ein hübsches Lärvchen mit großen dunklen Augen und kleinen weißen Zähnen, einem blühenden Teint, Glitzerohrringen und einer so vollkommenen Unschuldsmiene, daß sie nur schamlos falsch sein konnte.
    »Tullia!«
    »Beim Jupiter!« rief ich mitfühlend, »wie’s scheint, haben wir Seiner Gnaden die falsche Braut zugeführt!«
     
    Als er sich auf sie stürzen wollte, warf ich meinen weißen Schleier zurück.
    »Falco!«
    »Auch einen vorgefertigten Vertrag sollte man nie unterschreiben, ohne ihn noch einmal zu lesen. Ein Schurke könnte leicht wichtige Details abgeändert haben! Verzeiht, es war eine Lüge, daß Helena Justina die Dokumente prüfen wollte, aber auch ihre Einwilligung in diese zweite Heirat war schließlich nichts als gelogen …«
    Tullia raffte die Röcke und gab Fersengeld. Ich klappte hurtig den geheimnisvollen Kasten auf, den der priesterliche Gehilfe bei jeder Trauung unterm Arm hat. In unserer Familie kursiert der Witz, daß der fromme Jüngling darin sein Vesperbrot spazierentrage – ich aber hatte ein Schwert in meinem Zauberkasten!
    »Halt, im Namen des Kaisers, Gnaeus Atius Pertinax, ich verhafte Sie auf Befehl Vespasians …«
    Hämisches Grinsen verzerrte seinen Mund und entblößte einen schiefen Eckzahn. »Nicht so schnell, Falco!« Dann wandte er sich um und stieß einen durchdringenden Pfiff aus. »Sie sind nicht der einzige, der sich auf Betrug versteht, Falco!« Aus einem verdeckten Seitengang brachen ein halbes Dutzend hochgewachsener Krieger mit Schuppenpanzerbeinkleidern und entblößtem Oberkörper hervor.
    »Der Bräutigam hat gern seine eigenen Trauzeugen dabei, wenn er vor den Altar tritt!« höhnte Pertinax.
    Seine waffenstarrende Hausmacht schien nicht mit Nüssen nach mir werfen zu wollen. Pertinax hatte ihnen offensichtlich befohlen, mich zu töten.

LXXXVIII
    Glücklicherweise hatte ich nicht damit gerechnet, daß der düpierte Bräutigam sich nur mit einer Rede bedanken würde. Zuerst war ich überrascht. Aber dann stand ich mit dem Rücken zur Wand, hatte das Schwert gezückt und erwartete meine Angreifer.
    Bei einem Mann wie Pertinax mußte man einfach mit so etwas rechnen. Weiß der Himmel, wo er die martialischen Burschen aufgetrieben hatte. Sie sahen aus wie germanische Söldner und waren aufgedunsene Kerle, die offenbar weder beim Bier noch bei der Blutwurst maßhalten konnten, aber aufs Kämpfen verstanden sie sich – besonders, wenn es sechs zu eins für sie stand. Offenbar hatte ein gestrenger Legionärshauptmann von der Rheinarmee diese ungeschlachten Kerle einem harten Drill unterworfen. Sie trugen riesige keltische Schwerter mit flacher Klinge, die sie bald über dem Kopf, bald in Hüfthöhe schwangen, so daß ich kaum wußte, wie ich mich darunter wegducken sollte. Mit meiner kurzen Römerwaffe war nichts dagegen auszurichten. Unter meinem Priestergewand trug ich ein Lederwams und Armschützer, doch was nützte mir das angesichts dieser sechs Mordgesellen, die sich offensichtlich schon darauf freuten, mich nach Metzgerart zu häuten!
    Pertinax lachte.
    »So ist’s recht! Nur immer schön bei Laune bleiben!« zischte ich,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher