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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten
Autoren: Lindsey Davis
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die Schlösser aus.
    Langsam ging ich vom Torgang zum Inneren des Hauses. Einer von uns würde vielleicht diesen Weg auch zurückgehen. Es war der einzige Ausgang. Dies war schließlich ein Herrschaftshaus. In Rom wimmelte es von Fassadenkletterern, und dieses schmucke Anwesen war für Multimillionäre mit wertvollen Schätzen erbaut worden. Die Außenmauern waren, aus Sicherheitsgründen, völlig nackt und kahl. Die Fenster gingen alle nach innen, und das meiste Licht kam von den Innenhöfen und durchs offene Atriumdach. Was sich draußen auf den Straßen abspielte, gehörte in eine andere Welt.
    Er war hier. Und ich. Ich hatte den Schlüssel; wir würden beide hier bleiben – so lange, bis ich ihn gefunden hatte.
    Ich machte mich auf die Suche. Das Haus hatte viele Zimmerfluchten, und manche Flure waren so verwinkelt, daß er unbemerkt an mir hätte vorbeischlüpfen können. Deshalb mußte ich manche Ecken zweimal kontrollieren. Darüber verging viel Zeit. Meine Wunde begann zu brennen. Langsam drang das Blut durch den Verband. Ich ging leise – teils um ihn nicht zu warnen, teils um meine Kräfte zu schonen. Schließlich hatte ich alle Räume abgesucht. Und dann fiel mir der eine Ort ein, den ich ausgelassen hatte; endlich wußte ich, wo er war.
    Langsam schlich ich ein zweites Mal den rot ausgeschlagenen Korridor entlang. Dann stand ich zwischen den beiden Sockeln, die einmal Basaltbüsten getragen hatten, vor jenem blaugrauen Zimmer, in dem sie früher geschlafen hatte. Ich kam mir vor wie ein Liebhaber, der auf vertrauten, heimlichen Pfaden wandelt.
    Auf dem silberweißen Fußbodenmosaik entdeckte ich einen kleinen, dunkelroten Fleck. Schwerfällig kniete ich nieder und berührte ihn mit dem Finger. Trocken! Am Ende war der, den ich suchte, schon tot.
    Ich rappelte mich wieder auf und schleppte mich zu der kleinen Tür in der Wandverkleidung. Sie war geschlossen. Als ich sie aufstieß, funkelten mich quer durch Helenas Garten seine zornglühenden Augen an.

LXXXIX
    Ich humpelte zu einem Steinbänkchen und ließ mich vorsichtig ihm gegenüber nieder. »Uns hat’s beide übel erwischt!«
    Pertinax zog eine Grimasse, versuchte meinen Zustand abzuschätzen und brachte sich mühsam in eine bequemere Stellung. »Wie soll es weitergehen, Falco?«
    »Einem von uns wird schon was einfallen …«
    Er lagerte im Schatten, ich saß in der Sonne. Wenn ich auch in den Schatten wollte, würde der Feigenbaum mir die Sicht auf ihn versperren. Also blieb ich, wo ich war.
    Er gehörte zu den nervösen, zappeligen Typen; ich hatte sehr viel Zeit.
    » Ihr Garten«, sagte ich leise und sah mich um. Das gleiche Refugium wie damals, gedämpftes Sonnenlicht, üppiges Grün. Auf einer Seite der Kolonnade ein verwitterter Steinsitz mit Löwentatzenfüßen. Gestutzte Hecken und ein schwacher Hauch von Rosmarin. Sanft bewegter Goldregen. Und die Statue eines kecken Knaben, der Wasser schöpfte, ein verschmitztes Kerlchen in zerlumpter Tunika, der ganz den Eindruck machte, als hätte Helena ihn selbst ausgesucht.
    »Genau der richtig Ort für ein Gespräch«, sagte ich. »Und der rechte Ort zum Sterben für einen, den es sowieso nicht gibt … Keine Angst, ich habe Ihrer ersten Frau versprochen, Sie nicht zu töten.« Ich sah ihn aufatmen und fuhr mit eisiger Stimme fort: »Ich werde Ihnen nur eine Reihe harter, aber nicht tödlicher Schläge verpassen, die Ihr Leben so qualvoll machen, daß Sie von sich aus dem Sterben den Vorzug geben!«
    Gordianus hatte gute Vorarbeit geleistet. Vielleicht besser so; Sterben braucht seine Zeit.
    Er lag, auf den Ellbogen gestützt, auf der Erde. Es gab offenbar keine Stellung, in der die Wunde ihm nicht zu schaffen machte. Er mußte, um atmen zu können, einen Arm schräg gegen das Heft des Opfermessers pressen, das Gordianus ihm zwischen die Rippen gestoßen hatte. Es herauszuziehen wäre riskant gewesen. Manch ein Mann hätte das Wagnis auf sich genommen; ich hätte es getan.
    »Ein Feldscher könnte das Messer sicher rausholen«, sagte ich und grinste, damit er begriff, daß ich keinen Arzt ins Haus lassen würde.
    Er war kalkweiß. Ich wahrscheinlich auch. Das kommt von der Anspannung.
    Er dachte, er liege im Sterben. Ich wußte es.
     
    Meine Lider wurden schwer. Ich spürte, wie er sich hoffnungsvoll bewegte. Ich öffnete die Augen wieder und lächelte.
    »Das ist doch sinnlos, Falco.«
    »Das ganze Leben ist sinnlos.«
    »Warum wollen Sie mich unbedingt tot sehen?«
    »Das werden Sie schon noch
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