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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten
Autoren: Lindsey Davis
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und so war ihr safrangelber Schleier aus extrafeinem Tuch und besonders lang. Maia verlieh ihn an arme Mädchen auf dem Aventin; er hatte schon bei vielen Mesalliancen mitgewirkt, bevor er für die Trauung von Pertinax mißbraucht wurde. Meine Mutter hätte uns den obligaten Kuchen backen können, aber ich wollte sie nicht mit hineinziehen.
    Als ich, mein flauschiges Mitbringsel im Schlepptau, auf Gordianus traf, scherzte er: »Ich hoffe, Sie sehen die heutige Veranstaltung als Probe für Ihre eigene Hochzeit an!«
    Das Schaf, das auf meiner Seite war, blökte kläglich.
     
    Mit Tullia waren wir auf dem Juliusforum, vor dem Tempel der Venus Genetrix, verabredet.
    »Wird er auch wirklich kommen?« fragte der Priester aufgeregt.
    »Er hat mich gestern abend bei uns in der Schenke gesucht. Meine Mutter hat ihm die Botschaft ausgerichtet und den Vertrag entgegengenommen. Sie meint, er hätte ihr ohne weiteres geglaubt.«
    »Und wenn er nicht kommt«, sagte ich ruhig, »dann gehen wir eben alle wieder nach Hause.«
    Gordianus machte sich wie üblich die meisten Sorgen. »Wenn er erfährt, daß sein Vater geheiratet hat, geht er uns bestimmt nicht mehr auf den Leim.«
    »Aemilia Fausta hat mir versprochen, ihre Hochzeit nicht öffentlich bekanntzugeben«, beruhigte ich ihn. »Sorgen Sie sich nicht zu früh!«
    Die Sonne schien auf die vergoldeten Dächer des Kapitols, als wir vom Forum nordwärts gingen.
     
    Es war eine kleine Hochzeitsgesellschaft, genau wie wir es Pertinax versprochen hatten: die Braut, der Priester, dessen Gehilfe, der den Kasten mit den geheimen Gerätschaften trug, und ein vierschrötiger Flötist, der auf einer winzigkleinen Flöte blies. Der Vasall des Priesters trug Militärstiefel, war aber wohl kaum der erste grüne Junge, der seiner geistlichen Berufung in unpassender Kleidung nachgab.
    Den Flötisten (niemand anderer als Milo) ließen wir draußen Wache stehen. Als der Pförtner unseren kümmerlichen Zug hereinließ, nahm er besonders den priesterlichen Gehilfen (mich – aus »religiösen Gründen« dicht verschleiert) mißtrauisch in Augenschein. Ich drückte ihm den Gegenwert einer fürstlichen Mahlzeit in die Hand und empfahl ihm zu verschwinden. Im Gehen sagte er noch, daß der Bräutigam bereits eingetroffen sei. Wir hätten ihn auf der Stelle verhaften können, doch mußten wir erst noch die Trauung hinter uns bringen; das hatte ich der Braut versprochen.
    Atius Pertinax, alias Barnabas, stand im Atrium. Zur Feier des Tages hatte er sich rasiert und eine Toga angezogen, trug aber wie gewöhnlich sein griesgrämiges Gesicht zur Schau. Er wurde blaß, als er Gordianus erblickt, hatte ihn aber vor kurzem vor dem Haus auf dem Quirinal mit Helena reden sehen, und der Priester wiegte ihn vollends in Sicherheit, als er jetzt mit strenger Miene erklärte: »Ich hätte lieber nichts mit Ihnen zu schaffen, Pertinax, aber ich kenne die Braut seit vielen Jahren, und sie hat mich gebeten, die Trauung vorzunehmen.«
    »Die Formalitäten können wir uns sparen«, fauchte Pertinax. Ich bemerkte ein leichtes Zittern unter dem glänzenden Safran, doch ansonsten bewahrte die Braut ihr sittsames Schweigen. Ein hochgewachsenes, anmutiges Geschöpf, vornehm verhüllt vom prächtigen, üppigen Schleier meiner Schwester; das hauchfeine Tuch erlaubte ihr zu sehen, wohin sie trat, entzog umgekehrt jedoch ihr liebliches Antlitz jedem neugierigen Blick.
    »Wie’s beliebt. Bei Hochzeiten wie bei Begräbnissen«, verkündete Gordianus feierlich, »ist der zeremonielle Rahmen den Beteiligten freigestellt. Um die Götter, das Gesetz und die Gesellschaft zufriedenzustellen, bedarf es lediglich einer Opferung, eines Vertrags und der Heimführung der Braut ins Haus ihres Gatten. Die Braut ist bereits erschienen – ungewöhnlich, aber kein Verstoß gegen den Ritus. In Abwesenheit ihrer Familie hat die junge Dame sich entschlossen, auf einen Brautführer zu verzichten und …«
    »Das sieht ihr ähnlich!« platzte Atius Pertinax heraus. Diejenigen unter den Anwesenden, die Helena kannten, sahen keinen Grund zu widersprechen. »Also, worauf warten wir noch?«
    Die Kränze wurden verteilt. Mit erstaunlicher Behendigkeit bedeckte Curtius Gordianus sein Haupt und hatte im Nu einen tragbaren Altar im leeren Atrium aufgeschlagen. Der Pförtner hatte, bevor er sich davonmachte, noch rasch den Brunnen aufgedreht – eine festliche Note für diese nüchterne Veranstaltung.
    Nach einem flüchtigen Gebet bedeutete der Priester
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