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Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot

Titel: Britannien-Zyklus 03 - Die Herrin von Camelot
Autoren: Diana L. Paxson
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ganze Welt.
     
    Licht und Schatten
     
    In welcher Beziehung die vier Insignien zueinander stehen, wird deutlicher, wenn wir uns ihren Platz in der Ordnung der Dinge vor Augen führen. Wie die vier Städte des mythischen Landes, aus dem sie stammen, sind die vier Schätze Himmelsrichtungen zugeordnet: der Speer dem Osten, der Kessel dem Westen, das Schwert dem Süden und der Stein dem Norden. Diese räumliche Ordnung gewinnt eine weitere Dimension, wenn man bedenkt, dass die Objekte auch mit bestimmten Festen im Jahreskreislauf korrespondieren: der Kessel mit dem Beltenefest (1. Mai), der Stein mit Lughnasad (1. August), das Schwert mit Samhain (1. November), dem christlichen Allerheiligen, und der Speer mit Imbolc (1. Februar), unserem Lichtmess. Folgt man diesem zeitlichen Ablauf, so erhält man eine endlose Schleife, die im Zentrum beginnt, einen Bogen über Westen und Norden schlägt und dann durch die Mitte hindurch über Süden und Osten wieder ins Zentrum zurückführt.
    Dass die Bewohner der britischen Inseln bereits in vorkeltischer Zeit ein hohes Wissen um astronomische Zusammenhänge hatten, belegen Megalithbauten wie Stonehenge in England oder der Brugh na Boinne in Irland, die nach Sonnwenden und Tagundnachtgleichen ausgerichtet waren. Der 1897 im französischen Coligny aufgefundene keltische Kalender, eine Bronzetafel, die vermutlich aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stammt, zeigt, wie besessen auch die Kelten von diesem Thema waren.
    Dieser Kalender unterteilt nicht nur den Tag in eine helle und dunkle Hälfte, sondern auch den Monat, das Jahr und eine darüber hinausgehende, fünf Jahre umfassende Zeitspanne. Es fällt auf, dass Kessel und Stein in die helle Hälfte des Jahres fallen, obwohl sie eher mit Phänomen der Erde verbunden sind, und Speer und Schwert, die Attribute der Himmelsgottheiten, der dunklen Hälfte zugeordnet werden. Dies zeigt ein weiteres Mal, dass eine reine Trennung in »weibliche« und »männliche« Attribute für die Deutung zu kurz greift.
    Diese Zweiteilung lebt noch bis in die Gegenwart fort, wie sich an einem frappanten Beispiel zeigen lässt: Der irische Dichter W. B. Yeats scheint der erste gewesen zu sein, dem die bemerkenswerten Parallelen zwischen den vier Schätzen der Danaer und den »Farben« des Tarotspiels aufgefallen sind: Stäbe, Schwerter, Kelche und Pentakel. Oberflächlich betrachtet, scheint der Speer mit dem Blätter treibenden Stab nicht viel gemein zu haben. Doch zieht man die Verbindung zu dem Stab des Joseph von Arimathia, der zum blühenden Baum wurde, so erkennt man die Parallelen. Desgleichen ist in den Pentakeln (auch als Münzen bezeichnet) eine Form des Steins wiederzuerkennen. Diese Entsprechungen besitzen an sich keine Beweiskraft, da eher anzunehmen ist, dass das Tarotspiel, welches sich bis ins späte 14. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, von der Gralssymbolik inspiriert wurde. Wer sich aber fragt, warum beim modernen Kartenspiel Herz und Karo (Eckstein) rot, Kreuz (auch Treff, von lat. trifolium, frz. trefle, Dreiblatt) und Pik dagegen schwarz sind, wird darin einen Reflex der alten keltischen Kosmologie erkennen.
     
    Die Gestalt des Grals
     
    In alten Überlieferungen wird berichtet, dass, als Luzifer vom Himmel stürzte, ein Smaragd aus seiner Krone brach und zur Erde fiel. Bei seinem Sturz verwandelte sich der Stein in ein Schwert, dann in einen Speer und schließlich in den Gralskelch.
    Die Legende vom Gral erscheint zum ersten Mal gegen Ende des 12. Jahrhunderts, zur Zeit der Kreuzzüge; es ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass das Wort orientalischen Ursprungs sein dürfte und ein wie auch immer geartetes Gefäß bezeichnet. Niedergeschrieben wurde sie im Perceval des Chretien de Troyes (um 1190); dort erscheinen die vier »Insignien« des Mythos in dieser Reihenfolge: ein Schwert, das dem jungen Ritter überreicht wird, sowie eine blutende Lanze, ein mit Edelsteinen geschmückter goldener Gral, den eine Jungfrau in beiden Händen hält, und eine silberne Schale, die vorbeigetragen werden.
    Im Peredur, einer der späteren Erzählungen des Mabinogion – etwa um die gleiche Zeit entstanden, wobei die genaue Beziehung zu Chretiens Werk nicht klar ist –, wird dem Helden in der Burg der Wunder neben dem blutenden Speer eine große Schale gezeigt, in der das abgeschlagene Haupt eines Mannes liegt; einige andere wundertätige Gegenstände, darunter ein Schwert, kommen im Umfeld vor.
    Im Perlesvaus (um 1205) verwandelt sich der
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