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Macabros 002: Fluch der Druidin

Macabros 002: Fluch der Druidin

Titel: Macabros 002: Fluch der Druidin
Autoren: Dan Shocker
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Das Mädchen rannte durch die Nacht. Der Regen prasselte vom
Himmel, der Boden war völlig durchweicht. Isabell Flaherty zog
den Umhang über ihren Kopf. Das Wasser lief in Strömen an
ihr herunter. Sie war ganz plötzlich von dem Regen
überrascht worden. Isabell ärgerte sich, daß sie die
Einladung ihrer Freundin nicht angenommen hatte, über Nacht zu
bleiben.
    Das forsche Mädchen hätte jetzt noch umkehren
können. Bis zu ihrer Wohnung war es noch doppelt so weit.
    Der hügelige Boden ließ das Laufen zur Anstrengung
werden. Die dünnen Schuhe waren aufgeweicht, die Zehen lagen
bereits frei, und der kühle Wind ließ die einsame
nächtliche Spaziergängerin frösteln.
    Plötzlich strauchelte sie. Ihr rechter Fuß blieb
zwischen zwei spitzen Felssteinen hängen.
    Isabell fiel der Länge nach auf den harten, nassen Boden.
Instinktiv warf sie die Arme nach vorn, um ihr Gesicht zu
schützen.
    Ein brennender Schmerz durchfuhr ihr Bein.
    Sekundenlang wagte sie nicht, sich zu rühren. Sie
fürchtete schon, ohnmächtig zu werden, doch in letzter
Minute war ihr Wille stärker als ihre Schwäche.
    Das Mädchen richtete sich auf.
    Isabell biß die Zähne aufeinander und befreite ihren
Fuß aus der Steinklemme. Der Fuß war merklich
angeschwollen. Sie war nicht imstande, aufzutreten.
    Ihr Blick irrte durch die Nacht, hinüber zu den Hügeln,
die wie zwei überdimensionale Menschenköpfe aussahen.
Dazwischen lag das kleine bienenkorbähnliche Haus der
Einsiedlerin Kiuna Macgullyghosh. Schwaches, trübes Licht
brannte hinter dem kleinen Fenster.
    Die Frau dort drüben war die einzige, die ihr jetzt helfen
konnte.
    Aber Kiuna Macgullyghosh hatte keinen guten Ruf. Im Dorf
fürchtete man sie. Man machte einen weiten Bogen um die
Einsiedlerklause, die wie angeklebt an der dunklen Felswand hing.
    Man erzählte merkwürdige Geschichten von Kiuna
Macgullyghosh. Sie sei eine Druidin, sie brächte Menschenopfer
dar und würde kleine Kinder fressen. Ihren Namen nannte man nur
flüsternd.
    »Hilfe!« Isabell Flaherty reckte den Kopf in Richtung
des kleinen Hauses.
    Sie konnte unmöglich die ganze Nacht hier liegenbleiben.
    In der Tiefe ihres Herzens hatte sie Angst, aber sie war ein
Mädchen, das sich eigene Gedanken machte und das Grauenvolle,
das man sich von der Macgullyghosh erzählte, eigentlich nicht so
recht glauben wollte.
    »Hilfe!« Ihre Stimme übertönte das
plätschernde Regengeräusch. Isabell Flaherty rutschte auf
dem scharfkantigen Boden weiter. Ihre Haut schürfte auf, die
Kleider zerrissen.
    Nur zentimeterweise kam sie vorwärts.
    Ein Schleier lag vor ihren Augen, in dem Kringel und Sterne
tanzten.
    Isabell Flaherty stemmte sich an einem Baumstumpf hoch und
humpelte auf einem Bein weiter. Aber nach zwei Schritten fiel sie
wieder um. Ohne eine Krücke kam sie so nicht weiter.
Wahrscheinlich hatte sie sich den Fuß gebrochen.
    »Soll ich Ihnen helfen, mein Kind?« sagte in diesem
Augenblick eine Stimme neben ihr. »Haben Sie sich weh
getan?«
    Isabell Flaherty warf den Kopf herum.
    Keine zwei Schritte von ihr entfernt stand eine gebückte
Alte, einen Wollschal um das graue Haar gewickelt.
    Isabell Flaherty hatte Kiuna Macgullyghosh noch nie in ihrem Leben
gesehen. Zum erstenmal blickte sie in die dunklen, glühenden
Augen. Kiuna Macgullyghosh war alt, aber sie sah nicht bösartig
aus, wie die Leute auf der Insel immer behaupteten. Und auch ihre
Stimme klang keineswegs wie das Krächzen einer bösen,
kindermordenden Hexe.
    »Ich bin gestürzt…«, stammelte Isabell
Flaherty. Die Begegnung erregte sie doch mehr, als sie es sich
eingestehen wollte. »Ich glaube… ich habe mir den
Knöchel gebrochen… es tut entsetzlich weh.«
    »Sie müssen so schnell wie möglich ins Trockene.
Kommen Sie, stützen Sie sich auf mich!« Kiuna Macgullyghosh
half sehr geschickt.
    Isabell stützte sich auf die Schulter der Einsiedlerin. Sie
stellte fest, daß die Alte nicht so klapprig war, wie sie
geglaubt hatte. Kiuna Macgullyghosh verfügte über eine
beachtliche Kraft.
    »Ich habe Sie gar nicht kommen hören«, sagte
Isabell Flaherty, während sie schrittweise vorankamen. Der Weg
über den Hügel fiel ihr am schwersten. Dann lief der Pfad
ebenerdig auf das Bienenstockhaus der Einsiedlerin zu.
    Kiuna Macgullyghosh lachte leise. »Wissen Sie, mein Kind,
wenn man sich so oft wie ich die Finger verbrannt hat, dann wird man
mit der Zeit vorsichtig. Schon mehr als einmal wurde ich aus dem Haus
gerufen und aus Jux mit Steinen beworfen. Da habe
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