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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln
Autoren: L Reese
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Zeit, daß ich mit dir schlafe.« Sie hatte etwas anderes erwartet, etwas Romantischeres.

    Als sie ihm keine Antwort gab, stand er auf. »Komm«, sagte er. »Riskier es doch einfach.«
    Franny hatte das Gefühl, noch nie etwas wirklich Gewagtes, Abenteuerliches getan zu haben. Letztendlich hatte sie nie etwas riskiert. Nora, ihre ältere Schwester, riskierte ständig etwas. Sie fuhr nach Nicaragua, während dort der Krieg tobte. Sie fuhr ganz allein, mit Rucksack. Und im Urlaub war sie einmal zum Wildwasser-Rafting an den Urabamba River in Peru gefahren. Franny konnte sich nicht vorstellen, durch die Welt zu ziehen und zum bloßen Vergnügen ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Vielleicht, dachte sie, ist es wirklich an der Zeit, etwas zu riskieren. Deshalb blickte sie zu ihm auf und sagte das einzige, was ihr einfiel: »Okay.«
    Michael verstaute Frannys Rad im Kofferraum seines Wagens, und sie fuhren zu seinem Haus in Willowbank, im südlichen Teil von Davis. Dort waren alle Häuser groß und alt, die meisten sehr gepflegt, mit efeuüberwucherten Eingängen, weiten Rasenflächen und vielen alten Bäumen. Michaels Haus war ein Stück zurückgesetzt, ein weitläufiges Gebäude im Ranch-Stil, dessen Vorderseite von Glyzinien verhüllt wurde. Drinnen wirkte das Haus frisch renoviert: glänzende Plankenböden aus robuster Eiche, Oberlichter in Küche und Diele, eine keramikgeflieste Küchentheke und im Wohnzimmer eine Glasfront, die vom Boden bis zur Decke reichte. Alles wirkte klar, aber lässig, genau wie Michael selbst.
    Nervös ging sie durch sein Haus. Es war in warmen, satten Farben gehalten, hauptsächlich erdigen Brauntönen. Eigentlich hätte das eine beruhigende Wirkung auf sie haben müssen, aber dem war nicht so. Sie fühlte sich seltsam fehl am Platz, irgendwie linkisch, wie eine Ente in einer Nobelboutique: Sie gehörte nicht hierher.
    Michael beobachtete sie, während sie sein Haus begutachtete. Erst nahm er ihr den Mantel ab, dann den Schal, schließlich die Handschuhe. Franny kam es so vor, als würde er sie
schälen, Schicht um Schicht. Er machte ihr einen Drink, ohne zu fragen, ob sie überhaupt einen wollte, und reichte ihn ihr mit den Worten: »Trink das. Ich glaube, du brauchst etwas, das dich ein bißchen entspannt.«
    Normalerweise trank sie keinen Alkohol – sie mochte den Geschmack nicht –, aber diesmal machte sie wie ein Kind genau das, was ihr gesagt wurde. Er führte sie zur Couch, und sie setzten sich. Er sprach mit ihr, wie er es auf dem Campus auch immer getan hatte: beruhigend und leise, als wollte er sie mit seinen Worten liebkosen. Sie mußte an die Worte ihres Vaters denken, die genauso beruhigend gewesen waren, und schließlich entspannte sie sich; allerdings war sie sich nicht sicher, ob es wirklich an Michaels Stimme lag, daß sie ruhiger wurde, oder an den stummen Worten ihres Vaters oder dem Alkohol. Schließlich küßte Michael sie; sein Kuß war zärtlich, nicht so betrunken und träge wie die Küsse des letzten Mannes, mit dem sie zusammengewesen war, dem Reporter des Bee . Michaels Kuß war sanft und warm und ausgesprochen erotisch – genauso, wie sie es sich erhofft hatte.
    Er führte sie ins Schlafzimmer und hängte seine Jacke über einen Stuhl. Der große, hohe Raum mit der gewölbten Decke wirkte hell und luftig. Die Wände waren in blassen Blau- und Grautönen tapeziert, die Möbel hell, modern und bequem. Das Prunkstück des Raumes war ein riesiges Vierpfostenbett. Die Vorhänge waren offen, und durch das Fenster konnte Franny hinaus in den Garten sehen, wo ein riesiger schwarzer Hund über den Rasen trottete.
    Michael beobachtete Franny, die steif im Türrahmen stand. »Schau nicht so grimmig«, sagte er. »Es wird dir gefallen.«
    »Tut mir leid«, sagte sie und versuchte ein kurzes Lächeln. Sie schaltete das Licht aus. Draußen war es noch nicht richtig dunkel, und selbst ohne Licht war jeder Gegenstand im Zimmer deutlich zu erkennen. Sie fragte sich, wie sie es ins Bett und unter die Decke schaffen sollte, ohne daß er sie sah. Sie
war nicht direkt fett – sie war das, was manche Leute mollig nannten. Rubenesk. Egal, wie man es nannte, sie wollte es nicht zeigen. Michael hatte breite Schultern und war normal gebaut. Fett war an ihm keines zu entdecken. Erneut beäugte sie das Bett und überlegte, wie sie es wohl am besten anstellte. Nervös biß sie auf ihrer Unterlippe herum.
    Michael trat auf sie zu und nahm sie in die Arme. »Du solltest deinen Blick
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