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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem
Autoren: Stephen King
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erstenmal voll ins Gesicht. Sie hatte sehr hübsche Züge; blaue Augen und eine hohe, sonnengebräunte Stirn. »Haben Sie in dieser Stadt Ihre Kindheit verbracht?« fragte er.
    »Ja.«
    Er nickte. »Dann wissen Sie es ja. Ich war auch als Kind in Salem's Lot, und ich habe diese Zeit niemals vergessen. Als ich jetzt zurückkam, fuhr ich aus Angst, es könnte sich verändert haben, beinahe weiter.«
    »Hier verändert sich nichts«, sagte sie, »jedenfalls nicht viel.«
    »Als Kind habe ich oft mit den Gärtnerjungen gespielt. Beim Teich oder unten beim Sumpf spielten wir ›Piraten‹ oder ›Räuber und Gendarm‹. Nachdem ich Tante Cindy verlassen hatte, wurden die Zeiten ziemlich hart für meine Mutter und mich.
    Als ich vierzehn war, nahm Mutter sich das Leben, aber da war ich schon lange kein Kind mehr. Meine Kindheit war hier. Und ist es immer noch. Die Stadt hat sich nicht sehr verändert. Wenn man die Hauptstraße betrachtet, so ist es, als sähe man durch eine dünne Eisschicht - wie durch jene Eisplatten, die man im November von der städtischen Zisterne abnehmen konnte, wenn man zuerst die Ränder löste -, und durch diese Eisschicht sieht man seine Kindheit. Alles ist ein wenig verschwommen und trüb, und an manchen Stellen sieht man nichts, aber das meiste ist doch noch vorhanden.«
    Er hielt erstaunt inne. Er hatte eine Rede gehalten.
    »Sie sprechen, wie Sie in Ihren Büchern schreiben«, sagte sie.
    Er lachte. »So habe ich noch nie gesprochen. Jedenfalls nicht laut.«
    »Was haben Sie angefangen, nachdem Ihre Mutter ... nachdem sie starb?«
    »Mich da und dort herumgetrieben«, erwiderte er kurz. »Essen Sie Ihre Eiscreme.«
    Gehorsam tat sie es.
    »Einige Dinge haben sich verändert«, sagte sie nach einer Weile. »Mr. Spencer ist gestorben. Erinnern Sie sich an ihn?«
    »Natürlich. Tante Cindy kam an jedem Donnerstagabend in die Stadt, um ihre Einkäufe zu erledigen, und mich schickte sie hierher, um ein Root-Bier zu trinken. Damals kam es noch frisch aus dem Faß, echtes Rochester-Root-Bier. Sie gab mir fünf Cents, in ein Taschentuch eingewickelt.«
    »Als ich hingehen durfte, kostete es bereits zehn Cents. Wissen Sie noch, was Mr. Spencer immer sagte?«
    Ben beugte sich vor, ballte eine Hand zu einer arthritischen Klaue und zog in einem paralytischen Zucken den Mundwinkel herab. »Deine Blase«, flüsterte er. »Dieses Gesöff wird deine Blase zerstören, Kleiner.«
    Ihr Lachen erfüllte den Raum, und Miss Coogan blickte mißbilligend auf. »Das ist ausgezeichnet! Mich nannte er allerdings Mädelchen!«
    Entzückt sahen sie einander an.
    »Hätten Sie Lust, heute abend ins Kino zu gehen?« fragte er.
    »Gern.«
    »Welches ist das nächste?«
    Sie lächelte. »Das Cinex in Portland. Wo der Vorraum mit den unsterblichen Werken von Susan Norton dekoriert ist.«
    »Was gibt es sonst? Welche Art von Film mögen Sie?«
    »Etwas Aufregendes, wenn möglich mit einer Verfolgungsjagd im Auto.«
    »Okay. Erinnern Sie sich an das Nordica? Das war hier in der Stadt.«
    »Ja, sicher. Es wurde 1968 geschlossen. Als ich auf der Oberschule war, gingen wir immer zu viert hin, zwei Mädchen, zwei Jungen. Wenn der Film schlecht war, warfen wir Popcornschachteln auf die Leinwand.« Sie kicherte. »Die Filme waren fast immer schlecht.«
    »Ja, sie zeigten jene alten Fortsetzungsfilme wie ›Rocket Man‹, ›Die Rückkehr von Rocket Man‹, ›Crash Callahan‹ und ›Voodoo, der Totengottx.«
    »Das war noch vor meiner Zeit.«
    »Was ist mit dem Kino geschehen?«
    »Jetzt hat Larry Crockett dort ein Immobilienbüro«, sagte sie. »Vermutlich war die Konkurrenz des Drive-in in Cumberland und des Fernsehens zu groß.«
    Sie schwiegen einen Augenblick lang, und jeder hing seinen Gedanken nach. Die Uhr in der Greyhound Station zeigte 10 Uhr 45.
    Gleichzeitig sagten sie: »Übrigens, erinnern Sie sich-«
    Sie sahen einander in die Augen, und diesmal blickte Miss Coogan beide tadelnd an, als sie schallend loslachten.
    Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Susan widerwillig erklärte, sie müsse noch Besorgungen machen, werde aber Punkt halb acht Uhr bereit sein. Als sie auseinandergingen, wunderten sich beide über die selbstverständliche, natürliche Art, in der ihre Wege einander gekreuzt hatten.
    Ben schlenderte die Hauptstraße hinunter, blieb an einer Ecke stehen und blickte wie zufällig zum Marstenhaus hinüber. Es fiel ihm ein, daß das große Feuer des Jahres 1951 sich beinahe bis in den Hof des Hauses
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