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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem
Autoren: Stephen King
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wie ein geisterhaftes Geräusch an ihr Ohr. Sie pumpten das Wasser mit der Handpumpe aus dem Brunnen.
    Ein-, zweimal im Monat gingen sie zur Messe in die kleine Kirche im Ort. Keiner von beiden verstand die Zeremonie, aber sie gingen trotzdem hin. Die Hitze war lähmend, und während der Mann den bekannten Liedern lauschte, döste er manchmal ein. Eines Sonntags kam der Junge auf den kleinen hinteren Balkon, wo der Mann seinen neuen Roman schrieb, und erklärte zögernd, er habe mit dem Priester gesprochen und ihn gefragt, ob er in die Kirche aufgenommen werden könne. Der Mann nickte und fragte den Jungen, ob sein Spanisch gut genug sei, um dem Unterricht zu folgen. Der Junge meinte, das werde kein Problem sein.
    Einmal in der Woche fuhr der Mann sechzig Kilometer weit, um die Portland-Zeitung zu kaufen, die immer eine Woche alt und manchmal gelb vom Urin der Hunde war. Zwei Wochen nachdem ihm der Junge von seiner Absicht erzählt hatte, fand der Mann einen langen Artikel über Salem's Lot und eine Stadt in Vermont namens Momson. Im Laufe des Artikels wurde der Name des Mannes erwähnt.
    In der vagen Hoffnung, der Junge werde die Zeitung lesen, ließ sie der Mann liegen. Der Artikel beunruhigte ihn aus den verschiedensten Gründen. Anscheinend war in Salem's Lot noch nicht alles vorüber.
    Einen Tag später kam der Junge mit der Zeitung in der Hand zu ihm, schlug sie auf und wies auf die Überschrift - Geisterstadt in Maine?‹.
    »Ich habe Angst«, sagte er.
    »Ich auch«, erwiderte der Mann.

    Geisterstadt in Maine?

    Von John Lewis

    Jerusalem's Lot ist eine kleine Stadt östlich von Cumberland und dreißig Kilometer nördlich von Portland. Es ist nicht die erste Stadt in der amerikanischen Geschichte, die schlicht und einfach verschwindet, und vermutlich nicht die letzte, aber sie ist sicherlich eine der merkwürdigsten unter ihnen. Im amerikanischen Südwesten sind Geisterstädte nicht selten; dort entstan-den in der Nähe von Gold-und Silberminen fast über Nacht Ortschaften und Siedlungen, die ebenso rasch wieder verschwanden, wenn die Funde nicht mehr ergiebig waren. Leere Geschäfte, Hotels, Spielsalons und Häuser blieben zurück und verfielen inmitten des Schweigens der Wüste.
    In New England aber ist der einzige Parallelfall zu Jerusalem's Lot – oder Salem's Lot, wie die Bewohner es oft nennen – eine kleine Stadt in Vermont namens Momson. Während des Sommers von 1923 scheinen Momson und seine dreihundertzwölf Einwohner sozusagen fortgeblasen worden zu sein. Die Häuser und einige Geschäftsgebäude im Stadtzentrum sind noch vorhanden, aber sie sind seit jenem Sommer vor zweiund-fünfzig Jahren unbewohnt. Da und dort wurden die Möbel mitgenommen, aber die meisten Häuser sind noch möbliert, als sei plötzlich inmitten des Alltags ein großer Sturm aufgekommen, der alle Menschen wegblies. In einem Haus ist der Tisch für das Abendbrot gedeckt, auf ihm steht in der Mitte ein Strauß längst verwelkter Blumen. In einem ändern Haus sind die Betten gemacht, als sei man im Begriff, schlafen zu gehen.
    Im Warenhaus fand man auf dem Verkaufstisch ein verrottetes Baumwolltuch liegen, und in der Kasse waren 1,22 Dollar markiert. In der Kassenlade lagen fünfzig Dollar.
    Die Leute der Umgebung erzählen den Touristen, die Stadt werde von Geistern heimgesucht und deshalb sei sie jetzt unbewohnt. Ein wahrscheinlicherer Grund dürfte es aber sein, daß Momson in einem verlassenen Winkel des Bundesstaates und weit entfernt von einer Hauptstraße liegt.
    Das gleiche gilt für Jerusalem's Lot.
    Laut einer Zählung von 1970 hatte Lot eintausenddreihun-dertneunzehn Einwohner - genau siebenundsechzig Seelen mehr als bei einer zehn Jahre vorher erfolgten Zählung. Es war eine freundliche Stadt, von ihren früheren Bewohnern kurz »the Lot« genannt, ein Ort, in dem sich wenig von Bedeutung ereignete. Das einzige, worüber die Leute sprachen, wenn sie sich im Park oder auf dem Wochenmarkt trafen, war das Feuer im Jahr 1951, als ein achtlos weggeworfenes Streichholz einen der größten Waldbrände der Vereinigten Staaten ausgelöst hatte.
    Wenn jemand die Absicht hatte, seinen Ruhestand in einer kleinen Provinzstadt zu verbringen, wo jeder seinen Nachbarn in Frieden ließ und das größte Ereignis der Woche ein Damentee war, dann war Salem's Lot die richtige Wahl. Die demographische Verteilung war nicht anders als in den meisten ländlichen Kleinstädten: viele alte Leute, wenige Arme, eine Menge junger Leute, die der
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