Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Augenblicke überkamen ihn seit (er versuchte, Mirandas Namen auszusprechen, aber er konnte es nicht) der bösen Zeit, und er hatte sich daran gewöhnt, die Schatten zu vertreiben. Aber diesmal überfiel es ihn mit besonderer Gewalt.
    Was tat er hier? Warum kehrte er in eine Stadt zurück, in der er vier Jahre lang als Kind gelebt hatte? Was erwartete er sich davon, durch die Straßen zu gehen, die er als Junge gekannt hatte und die jetzt vermutlich asphaltiert und von den Bierdosen der Touristen gesäumt waren? Der Zauber war vorbei, alles war vorbei seit jenem Abend, als er die Kontrolle über das Motorrad verlor, und der gelbe Möbelwagen kam, und größer und größer wurde. Und der Schrei seiner Frau Miranda, als –
    Zu seiner Rechten sah er die Ausfahrt, und einen Augenblick lang überlegte er, ob er nicht lieber zurückfahren sollte. Aber wohin zurück? Nach Hause? Lächerlich. Wenn er jemals ein Zuhause gehabt hatte, dann war es hier. Auch wenn es nur für vier Jahre gewesen war.
    Er blinkte und bog in die Straße 12 ein. Sein Blick streifte über den Horizont. Und was er dort sah, ließ ihn auf die Bremse springen. Der Citroen blieb mit einem Ruck stehen.
    Tannen und Föhren bedeckten den sanften Hügel im Osten.
    Von hier konnte man die Stadt nicht sehen. Nur die Bäume.
    Und in der Ferne, wo die Bäume sich gegen den Himmel abzeichneten, das spitze Dach des Marstenhauses.
    Fasziniert starrte er hinüber, während sein Gesicht die gegensätzlichsten Empfindungen kaleidoskopartig widerspiegelte.
    »Bei Gott, es steht noch immer da«, murmelte er vor sich hin.
    Er blickte auf seine Arme. Er hatte Gänsehaut.
    Absichtlich machte er einen Umweg und näherte sich der Stadt von Westen her. Erstaunlich, wie wenig sich hier geändert hatte. Es gab etliche neue Häuser, die er nicht kannte, und eine Taverne namens Dell am Stadtrand, aber es gab immer noch das alte Schild, das den Weg zum Müllabladeplatz wies, und die Straße war immer noch ungepflastert. Der Bauernhof der Familie Griffen schien, abgesehen von einer größeren Scheune, unverändert zu sein, und Ben Mears fragte sich, ob die Griffen noch immer ihre eigene Milch in Flaschen abfüllten und verkauften.
    Damals hatte die Farm ein großes Schild mit dem Markennamen: »Sonnenmilch von der Griffen-Farm«, und darunter war eine lachende Kuh zu sehen gewesen. Er lächelte. In Tante Cindys Haus hatte er viel von dieser Milch auf seine Cornflakes geschüttet.
    Er bog in die Brook Street ein und fuhr die steile Straße auf den Marstenhügel hinauf. Von dort oben konnte man das Stadtzentrum sehen, und zur Linken lag das Marstenhaus. Er fuhr an den Straßenrand und stieg aus.
    Hier war alles wie früher. Nichts hatte sich verändert.
    Die Hausfront war der Stadt zugewandt. Die riesigen, mit Brettern verschlagenen Fenster gaben dem Gebäude jenes unheimliche Aussehen alter Häuser, die lange Zeit unbewohnt geblieben sind. Der Verputz war abgebröckelt, alle Mauern sahen gleichmäßig grau aus.
    Stürme hatten viele Schindeln fortgerissen, und ein schwerer Schneefall hatte die westliche Ecke des Daches eingedrückt, so daß es aussah, als hätte es einen Buckel. Rechts hatte man auf einem Pfosten ein »Betreten verboten«-Schild angenagelt.
    Ben Mears verspürte ein starkes Verlangen, den verwachsenen Pfad zur Eingangstür entlang zu gehen. Vielleicht hineinzugehen, wenn das Tor nicht verschlossen war.
    Wie hypnotisiert starrte er auf das Haus. Das Haus starrte gleichgültig zurück.
    Man ging durch die Halle, atmete den Geruch faulender Tapeten ein und hörte Mäuse umherhuschen. Es würde immer noch eine Menge Kram auf dem Boden liegen und man könnte irgend etwas davon einstecken. Vielleicht einen Briefbeschwerer. Am Ende der Halle könnte man die Treppe hinaufgehen. Es waren vierzehn Stufen. Genau vierzehn. Stand man oben, sah man am Ende des Ganges eine geschlossene Tür. Man könnte den Gang entlang gehen, die Tür würde immer näher kommen, immer größer werden. Man könnte die Hand auf die verrostete Türklinke legen ...
    Ben Mears wandte sich vom Haus ab und atmete schwer.
    Noch nicht. Später vielleicht, aber jetzt noch nicht. Vorläufig genügte es, zu wissen, daß alles noch da war. Vielleicht - würde er das Marstenhaus mieten. Die Küche könnte sein Schreibzimmer werden, und im Wohnzimmer könnte er schlafen. Aber er würde nicht die Treppe hinaufgehen.
    Nur wenn es unbedingt sein mußte.
    Er stieg in seinen Wagen und fuhr den Hügel hinab nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher