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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg
Autoren: Wolfgang David
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kann dir Dutzende Fälle nennen, wo die Dinge, wie du dich ausgedrückt hast, eigentümlich deutlich zu mir gesprochen haben, und nachher kam es trotzdem anders. Manchmal besser, manchmal schlimmer, manchmal, das gebe ich zu, paßte es auch zusammen. Eine Regel vermag ich aber nicht zu entdecken. Es stimmt schon: Gottes Ratschluß ist unerforschlich, und wer das nicht wahrhaben will und wie ein Heide hinter jedem Vogelschwarm eine Bedeutung wittert, darf sich nicht wundern, wenn er seinen Schöpfer damit verärgert.«
    Bernhard stockte der Atem. Es war unglaublich. Dieser Mann, der von seinem schweren Fehltritt eben noch als von einer ›Geschichte‹ gesprochen hatte, erlaubte es sich ihn zu belehren, ja, er drehte den Spieß einfach um und bezichtigte ihn, den Bischof, heidnischer Neigungen. Wenn dies nun vor Zeugen geschehen wäre? Verzweifelt überlegte er, wie er sich, ohne unehrerbietig zu werden, verteidigen sollte, wurde aber von Heinrichs Baß an diesem Vorhaben gehindert.
    »Da wir gerade dabei sind, möchte ich dir noch etwas sagen. Es wird dir vermutlich nicht gefallen, doch das ist mir gleichgültig. Ich bin zwar nicht so gebildet wie du, mache mir aber auch meine Gedanken und habe nie einsehen können, warum Gott in seiner Himmelsburg zwischen Knechten und Edlen nicht unterscheiden sollte. Nein, unterbrich mich nicht! Was hat ihm denn solch ein armes Bäuerlein zu bieten? Es zahlt pünktlich seinen Zehnt, hält sich an die Vorschriften, und damit ist es bereits aus. Daß er diesen Leuten nichts durchgehen läßt, ist nur zu begreiflich. Nun nimm jemanden wie mich! Wie stand es denn um das Kirchengut, bevor ich gewählt wurde? Was die Ungarn nicht fortschleppten, raubten die Herzöge, Grafen … Ja, du hast recht, ich übertreibe. Aber sehr weit von der Wahrheit entfernt ist das nicht. Mit Schenkungen und Privilegien war es auch nicht gerade üppig bestellt, was?«
    »Niemand bestrei –«
    »Denkt meinethalben von mir, was ihr wollt, aber daß es vor meiner Zeit der Kirche besser ging, kann wohl keiner behaupten. Wenn es jedoch so ist, glaubst du dann wirklich, daß es mir unser Schöpfer verübelt, falls ich an gewissen Tagen einmal danebengreife und statt eines Fisches eine Hühnerkeule erwische? Du verstehst: Ich lege es natürlich nicht darauf an. Aber nehmen wir an, es passiert, und nehmen wir auch noch an, ich vergesse es danach: hältst du es dann tatsächlich für wahrscheinlich, daß er mir deswegen einen Feldzug gegen die Heiden verdirbt? Denn das willst du mir doch weismachen.«
    »Aber Herr König«, flüsterte Bernhard, »was redest du da? Das ist entsetzlich. Wüßte ich nicht –«
    »Sei still, Bischof, sei bloß still!« Heinrich bückte sich blitzschnell, riß einen glimmenden Ast aus dem Feuer und schleuderte ihn an Bernhard vorbei in den Wald, wo er funkensprühend an einem Stamm zerbarst. Keuchend schaute der König ihm hinterher, dann zum Bischof, der das Gesicht mit den Händen bedeckt hatte.
    »Wage es nie wieder, mir zu drohen, oder du wirst es bereuen«, sagte er nach einer Pause dumpf. »Was bildest du verdammter Narr dir eigentlich ein? Daß ich ein altes Weib bin, das man mit irgendwelchen Gerüchten erschrecken kann? Schlag dir solche Flausen aus dem Kopf, sonst …« Er zeigte auf den Strauch, in den der zerschmetterte Ast gefallen war, und setzte bereits ruhiger hinzu: »Ich diene Gott auf meine Weise, ob es die richtige ist, werde ich am Tage des Jüngsten Gerichts erfahren. Freilich, ich bin ein schwacher Mensch und gehe zuweilen in die Irre. Sag es mir getrost, wenn du meinst, daß meine Seele in Gefahr ist, doch sage es gerade heraus und nicht, indem du versuchst, mir Angst einzujagen. Das kann ich auf den Tod nicht leiden. In den nächsten Wochen allerdings verschone mich mit jeglichen Vorwürfen, denn während eines Krieges ist es auch dem Frommsten unmöglich, dauernd an seine Seligkeit zu denken. Und – kein Wort mehr von dem Balg, schon gar nicht zu den Leuten. Hast du mich verstanden?«
    Bernhard nickte stumm.
    »Das freut mich«, sagte Heinrich spöttisch. Er lachte kurz und berührte dabei den Bischof am Arm. »Nimm es mir nicht krumm, daß ich dich so angefahren habe, nein? Du bist selbst schuld daran. Mich an meine früheren Sünden zu erinnern, das hättest du nicht tun dürfen.«
    Er blickte zur Seite.
    »Wie es scheint, sind sie gerade im Begriff, meinen Ur zu rösten. Setze dich zu uns, wenn es soweit ist, ich lade dich ein. Wir wollen doch mal
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