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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg
Autoren: Wolfgang David
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hervorgegangen – schließlich hatte Heinrich aber das Sündhafte dieser Ehe erkannt, bereut und sich von Hatheburg getrennt. Seitdem Bernhard davon erfahren hatte, brannte er darauf, mindestens ebensoviel Einfluß zu erringen wie sein Vorgänger. Sein Traum war es, als Vertrauter des Königs zu gelten, den dieser immer dann zu Rate zog, wenn er sein Seelenheil gefährdet wähnte. Und dabei mußte es ja nicht bleiben; zahlreiche Beispiele zeigten, wie weit es ein kluger Mann bei einem mächtigen Herrscher bringen konnte. Freilich gab es genügend Anzeichen, daß Heinrich nach einem geistlichen Vormund nicht unbedingt gierte. Auch damals hatte er (noch nicht einmal Herzog!) Siegmund keineswegs aufs Wort gehorcht, sondern sich erst von Hatheburg gelöst, als ihm die jüngere und vor allem reichere Mathilde versprochen worden war. Ein schwieriger, eigensinniger Mensch, den zu lenken bestimmt größte Geschicklichkeit erforderte. Doch gerade das reizte Bernhard, sich an dieser Aufgabe zu versuchen.
    Wenn er seinem Ziel noch keinen Schritt nähergekommen war, so lag das, meinte er, daran, daß es ihm bisher an Gelegenheiten gemangelt hatte, den König von seinen Vorzügen zu überzeugen. Das tägliche Zusammensein während des bevorstehenden Feldzuges würde es ihm nun ermöglichen, dies nachzuholen. Hauptsächlich deshalb, aber auch, um seinen Eifer in Reichsbelangen zu beweisen, hatte er sich mit einem kleinen Aufgebot daran beteiligt.
    »Wir Sterblichen sollten nicht über unser Maß hinaus klug sein wollen«, sprach er jetzt, ohne jedoch diesen Satz auf sich zu beziehen. »Und wie du, Herr König, weißt, liegt es in niemandes Macht, Gottes unerforschliche Absichten zu enträtseln. Wahrhaftig«, er bekreuzigte sich, »das sei mir fern.« Er unterstrich diese wirkungsvolle Einleitung durch eine Pause, fuhr dann fort: »Manchmal scheint es allerdings, als sprächen die Dinge eigentümlich deutlich zu uns. In Frohse wurde neunhundertvierundzwanzig ein Kind geboren, das safrangelbe Zähne hatte und am Hinterkopf befiedert war. Es starb nach vier Tagen, im Sommer darauf aber raffte eine schwere Seuche die meisten Bewohner des Dorfes hinweg. Die Überlebenden meinten, daß ein Zusammenhang zwischen der Geburt des Ungeheuers und ihren Missetaten bestanden habe, und berichteten von häufigen Verstößen gegen das Fastengebot.« Er zögerte und fügte hinzu: »Verzeih, aber ich hielt es für meine Pflicht, dir diese Begebenheit nicht zu verschweigen.«
    Er fühlte, wie sich unter seinen Achselhöhlen Schweißtropfen bildeten und die Hüften herabrannen. Vor sechs Jahren hatte der König in der Nacht zum Gründonnerstag betrunken seiner Gemahlin beigewohnt; nahm man es genau, mußte sogar von einer Vergewaltigung gesprochen werden, denn die fromme Frau hatte sich nach Auskunft des Gesindes heftig gewehrt. Der Vorfall war gebüßt worden, und indem er, Bernhard, jetzt darauf anspielte, ließ er erkennen, daß er eine Wiederholung nicht für ausgeschlossen hielt.
    Eine solche Unterstellung war gewagt, doch Heinrich schien ihm seine Kühnheit nicht zu verargen. »Ein Säugling mit Federn und Zähnen?« staunte er. »Was es nicht alles gibt. Welche Farbe hatten übrigens die Federn? Und wie lang waren sie?«
    »Das ist mir nicht bekannt.«
    »Dann hast du ihn gar nicht selbst gesehen?«
    »Nein. Es ist mir erzählt worden«, antwortete Bernhard, von der absonderlichen Neugier des Königs ein wenig befremdet.
    »Schade, ich hätte gern noch mehr davon gehört«, sagte dieser bedauernd, schmunzelte leicht, wurde jedoch sogleich wieder ernst und richtete seine kleinen, etwas hervorstehenden Augen fest auf den Bischof. Bernhard befiel Unruhe.
    »Wir wollten uns über Vorzeichen unterhalten, nicht?« sagte Heinrich und kratzte sich dabei am Kinn. »Weißt du, mein Freund, mit ihnen ist das so eine Sache. Ich bin ja ein bißchen älter als du und habe die Erfahrung gemacht, daß es am vernünftigsten ist, sie gar nicht zu beachten. Nicht lange, nachdem mir damals diese Geschichte mit der Königin passiert war«, er lächelte verstohlen, »besuchten uns doch wieder einmal die Ungarn, und ich dachte schon: jetzt hast du's! Dann gelang es uns, ihren Häuptling zu fangen und den Waffenstillstand auszuhandeln, und obwohl sie uns jedes Jahr ganz schön schröpfen, bin ich der Meinung, daß wir alles in allem keinen schlechten Tausch abgeschlossen haben. Du nicht?«
    »Gewiß, Herr König«, bestätigte Bernhard gepreßt.
    »Siehst du. Ich
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