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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta
Autoren: Berte Bratt
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auch hungrig.“
    Monsieur Aubel war gemütlich und ruhig, nicht eine Spur so aufgeregt wie seine Frau.
    An sich war sie auch nett, aber ihr Mundwerk lief ständig wie eine Mühle.
    „Kommen Sie nur jetzt und essen Sie mit uns.“, sagte Monsieur.
    „Wir müssen frühzeitig essen; wenn wir noch abwaschen wollen, bevor wir fahren“ - das war Madame.
    „Aber bitte, das wäre ja noch schöner!“ sagte ich. „Das bißchen Abwasch kann ich doch leicht machen, wenn Sie abgereist sind.“
    „Wollen Sie das wirklich? Das wäre reizend von Ihnen. Sie haben einen guten Schlaf. Es war wirklich zu nett, Sie dort liegen zu sehen, zusammen mit meinen beiden Schätzchen. (Ja, sie sagte Schätzchen, ich kann nichts dafür!) - Sie haben ja gleich ihre Herzen gewonnen, was machen Sie bloß, um die Tiere so zutraulich zu
    machen?“
    „Nichts“, sagte ich. Und das stimmte. Bei uns zu Hause ist es selbstverständlich, daß man gut zu den Tieren ist, daß sie regelmäßig Fressen bekommen und gut gepflegt werden, aber wir machen nie viele Umstände mit ihnen. Wir selber haben immer eine oder zwei Katzen gehabt. Zeitweise hatten wir auch einen Hund, und daß die Tiere da waren, war genauso selbstverständlich wie die Tatsache, daß wir selbst da waren. Wenn Pussi auf den Schoß sprang, wurde sie ein bißchen gestreichelt - „Na, Pussi, bist du da?“ Wenn der Hund kam und seinen Kopf an unsere Knie legte, wurde er hinter den Ohren gekrault; er bekam ein paar freundliche Worte, aber es wurde nie viel Theater mit ihm gemacht. Späterhin verstand ich, daß es gerade dies war, was diese überfeinerten und verwöhnten Katzen hier brauchten. Sie hatten ganz einfach ein bißchen Ruhe und Nichtbeachtetwerden nötig. Frau Aubel betrachtete mich mit ungeheurem Respekt und Vertrauen, weil ihre beiden „Schätzchen“ mich gelten ließen.
    Nun machte ich Bekanntschaft mit französischem Essen, und mir gingen die Augen über. Wenn dieses hier ein gewöhnlicher Lunch sein sollte. wie mochte dann eine Festmahlzeit aussehen?
    Zuerst fünf oder sechs kleine Schüsselchen mit kalten Delikatessen. Monsieur Aubel verspeiste eine Sardine. Seine Frau nahm den Teller weg und gab ihm einen neuen. Dann aß er ein Stück Zunge und bekam danach wieder einen neuen Teller.
    Das würde einen Berg Abwasch geben! So war es auch. Neun Teller allein für die Hors d’oeuvres. Dann drei Teller für gebratene Hühnchen und drei Salatteller. Ein Glück, daß es dazu keine Kartoffeln gab, sonst hätten wir wohl noch extra Teller gebraucht. Dann kamen drei Teller für den Käse und drei Teller für das Obst. Eigentlich hätte man noch weitere Teller gebraucht, nämlich für das Brot; doch dieser Meinung war man nicht. Das Brot war einen Meter lang und dünn wie eine Knackwurst. Es lag auf dem Tischtuch, und wir brachen davon Stücke ab, überall blieben kleine Brösel und halbverspeiste Stückchen liegen. Ich begann zu ahnen, daß meine süße Suppe und mein Mehlpudding nicht besonders gut nach Frankreich paßten. In Gedanken verfaßte ich den ersten Brief an Omi. Sie würde große Augen machen, wenn ich ihr erzählte, daß wir Brathühner ohne Kartoffeln und Soße aßen, und Käse mitten in der Mahlzeit, und Clementinen und Weintrauben als Dessert, und das alles an einem gewöhnlichen Werktag.
    Als wir beim Kaffee saßen, kam Vati - aufgekratzt und hingerissen, voller Mitteilungsbedürfnis. Aber er beherrschte sich, denn die Aubels mußten aufbrechen, und wir bekamen die letzten Anweisungen, ehe sie davonfuhren.
    Endlich schlug die Tür hinter ihnen zu. Ich war allein mit Vati. Allein in unserem neuen Heim, das uns für drei Monate beherbergen sollte. Uns zwei kleine, unerfahrene Inselbewohner, in einer großen, unruhigen und schrecklich spannenden Stadt.
    Ich schlang die Arme um Vatis Hals.
    „Ist dies nicht ein Märchen, Paps?“
    „Nanu!“ rief Vati und drehte sich jäh um.
    Bajadere war ihm auf die Schultern gesprungen und unterbrach jede weitere Unterhaltung.
    Und dann stand ich und wusch ab. Abwasch, Abwasch und nochmals Abwasch. Künftig würde es nur einen Teller pro Nase geben, selbst wenn Vati sieben Gerichte zu Mittag verlangen würde. Den Entschluß faßte ich an diesem ersten Abend.
    Vati packte die Koffer aus und richtete die Zimmer. Ich sollte das kleine Zimmer behalten, in dem ich mittags geschlafen hatte. Es war eigentlich das Arbeitszimmer von Monsieur Aubel, aber die Couch war gut und das Zimmer gemütlich.
    Ich stellte den Katzenkorb neben
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