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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta
Autoren: Berte Bratt
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kommen mußte. Der gute Thedje, mein besonderer Freund unter den Badewärtern, mußte mich rausholen und übergab mich mit einer verbissenen Miene Vati, der zu meinem Pech ausgerechnet gerade da auf dem Strand erschienen war.
    Als ich Vatis Gesicht sah, wußte ich, was mir blühte. So kam es auch. Vati war außer sich vor Angst und Wut, und er gehört nicht gerade zu den Menschen, die sich beherrschen können. An Ort und Stelle versohlte er mir meinen Allerwertesten, daß ich die Engel singen hörte.
    Die Badegäste ringsherum protestierten. Dies sei Brutalität und Kindesmißhandlung und Vati solle sich schämen.
    Die Situation wurde ungemütlich, und Vati schleppte mich mit nach Hause. Dort heulte ich mich aus; Vatis Raserei legte sich, wir blieben sitzen und guckten uns gegenseitig an.
    „Hm“, sagte Vati.
    „Das kannst du sagen!“ sagte ich.
    „Aber Britta“, sagte Vati kleinlaut. „Du hast die Schläge verdient! Und ich war außer mir vor Angst!“
    „Ach nein! Was du nicht sagst! Aber die Sommergäste sagen, daß du mich mißhandelt hast. Übrigens hättest du auch warten können, bis wir zu Hause waren. Es war mir scheußlich peinlich, vor so vielen Menschen Haue zu kriegen!“
    Vati dachte nach. Lange.
    „Bist du mir denn jetzt böse, Britta?“
    Da mußte ich lachen.
    „Ach nein, ich kenne dich doch. Du bist genauso großartig in deiner Güte wie in deiner Wut. Aber Paps, weißt du, was wir tun müssen? Wir müssen ab sofort allen Menschen zeigen, wie gut wir uns verstehen, und wie lieb wir einander haben und was für ein Engel du bist. Sonst verkaufst du diesen Sommer kein einziges Bild!“
    „Du liebe Zeit!“
    „Du furchtbare Zeit, meinst du wohl. Denn dann sitzen wir hier
    und verhungern langsam, aber sicher.“
    „Du Ruppsack, warum mußtest du geradewegs in einen Stromwirbel rausschwimmen?“
    „Und warum mußtest du vor den Augen aller Menschen meinen Po versohlen?“
    „Weil ich wütend war!“
    „Nicht möglich! So was schwante mir auch. Sehe ich furchtbar verheult aus?“
    Vati betrachtete mich eingehend.
    „Deine Guckerchen sind noch etwas rot.“
    Ich wußte Rat.
    „Dann setze ich eben die Sonnenbrille auf. Und jetzt nehme ich die Einkaufstasche und mache Besorgungen und plaudere mit so viel Menschen wie möglich und bin furchtbar fröhlich und lächelnd und vergnügt und spreche liebevoll von meinem guten und jähzornigen Paps, der so viel Angst um das Leben seiner Tochter hatte.“
    „Und morgen gehen wir wieder zum Strand.“
    „Liebevoll eingehakt, Paps! Und du mußt mir einen Haufen Schokolade kaufen.“
    „Oh, du ausgekochte Range! Mach, daß du wegkommst, ein bißchen hoppla bitte! Und was die Schokolade betrifft - hier hast du eine Mark als Schmerzensgeld!“
    Ich schlang schnell die Arme um seinen Hals, und dann zog ich los, mit Sonnenbrille, Einkaufstasche und schmerzendem Hinterteil, um meinen armen Vater zu rehabilitieren und unsere Existenz zu sichern.
    So ist Paps. Er ist der netteste und der heftigste Mensch, den der liebe Gott geschaffen hat. Er ist voll guter Laune und so unpraktisch, daß es zum Heulen ist - wenn es nicht eben zum Lachen wäre. -Übrigens ist er Kunstmaler und verkauft Bilder an die Sommergäste, und zwischendurch sitzt er mit der Nase in seinen dicken Büchern über Fresken und mittelalterlicher Kirchenkunst.
    Einer der Sommergäste aus diesem denkwürdigen Sommer war Redakteur Ahlsen. Er war es, der als erster Vati in den Arm gefallen war. Er war es, der von allen Gästen Vati am meisten beschimpft hatte.
    Und gerade ihn hatte ich getroffen, als ich am selben Nachmittag ausging. Er hatte sich über mein vergnügtes Lächeln gewundert und mit dem Kopf geschüttelt, als ich über die ganze Geschichte lachte. Ich erzählte ihm, daß Vati nur deshalb außer sich geraten war,
    weil seine einzige Tochter sich selbst in Lebensgefahr begab. Kurz gesagt, es war mir wirklich geglückt, Redakteur Ahlsen umzustimmen. Am nächsten Tag kam er an den Strand und ließ sich mit uns in ein Gespräch ein. Danach war er zu uns ins Haus gekommen und hatte Vati ein Bild abgekauft. Später hatte Vati ihn in Kopenhagen getroffen, und sie waren gute Freunde geworden.
    „Schau her.“
    Vati legte einen zerknüllten Brief vor mich hin. Vatis Briefe neigen alle zum Zerknülltwerden, wenn er sie auf dem Wege von der Post liest. Der Brief kam aus Paris.
    „Lieber Herr Dieters, soeben lese ich in der Zeitung, daß Sie ein Stipendium bekommen haben. Ich freue mich sehr
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