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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta
Autoren: Berte Bratt
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wir werden also in einem gewöhnlichen Abteil reichlich Platz haben.“
    Das stimmte. Wir konnten die Beine ausstrecken; ich schlief sogar ein paar Stunden fest, mit einer zusammengerollten Strickjacke unter dem Kopf und zugedeckt mit dem neuen Mantel.
    Einmal wachte ich auf und blinzelte hinüber zu Vater. Ich begegnete seinen Augen. Er saß hellwach, den Blick auf mich gerichtet, einen Blick voll unendlicher Güte, Liebe und Besorgtheit. Ich reichte ihm die Hand.
    „Es ist so gemütlich, mit dir zu reisen, Paps.“
    „Gleichfalls, Putzi. Versuche nun weiter zu schlafen.“
    Ich schloß die Augen und fühlte, daß der Mantel um mich gelegt wurde. Eine leichte, behutsame Hand strich mir über das Haar.
    Das also war der Gare du Nord! Der Bahnhof war nicht imponierender als der Hauptbahnhof in Hamburg, aber das Bewußtsein, daß wir im Ausland, in Frankreich, in Paris waren, machte mich ganz schwindelig.
    Natürlich konnte Vati Französisch. Selbstverständlich! Aber als er nach dem Weg zur nächsten Metrostation fragen wollte, fiel es ihm schon ein bißchen schwer, die richtigen Wörter aus seinem Schulwissen herauszufinden. Wer weiß, wie es gegangen wäre, wenn nicht ein bekanntes Gesicht neben uns aufgetaucht wäre.
    „Na, sieh mal an, da sind Sie ja, Herr Dieters, willkommen in der Seinestadt. Was, das ist die kleine Britta? Du bist ja eine richtige Dame geworden - Verzeihung, Sie sind ja-“
    Oh, wie himmlisch war es, Dänisch zu hören!
    „Bitte schön, bleiben Sie doch beim Du, Herr Ahlsen, ich bin ja erst sechzehn Jahre. Sind Sie gekommen, um uns abzuholen?“
    „Ja, was denkst du, warum ich sonst so früh am Morgen auf dem Bahnhof stehe? Ich fühle mich doch mitverantwortlich, daß ihr hier seid. Ich dachte, wir könnten jetzt erst einmal zusammen frühstücken gehen. Es ist noch ein bißchen zu früh, um nach Colombes zu fahren. Haben Sie nicht mehr Gepäck, Herr Dieters? Dann brauchen wir keinen Gepäckträger. Komm, Britta, ich nehme dir deinen Koffer ab. Wollen wir im Bahnhofsrestaurant essen oder anderswohin gehen? Nein, halt, hier wird gerade ein Tisch frei, hier bleiben wir.“
    Kleine runde Tische standen draußen vor dem Restaurant in der Bahnhofshalle. Es war warm und gemütlich, obwohl es erst Februar war.
    Wir bekamen frische Brioches und Croissants aus Blätterteig, die herrlich schmeckten. Vati und Ahlsen tranken Kaffee, und ich durfte wählen zwischen Café au lait, einer abscheulichen Mischung von viel Milch und wenig Kaffee, und Schokolade. Glücklicherweise war ich schlau genug, Schokolade zu nehmen.
    Redakteur Ahlsen plauderte und erzählte. In wenigen Tagen mußte er nach Kopenhagen zurück. Solange er noch in Paris war, wollte er Vati gern mit einem französischen Kirchenarchitekten und außerdem mit ein paar Kunstmalern bekannt machen.
    „Wenn ich für heute bestimmen darf“, lächelte Ahlsen, „so schlage ich vor, daß wir zuerst mit Sack und Pack nach Colombes fahren und Britta und das Gepäck dort absetzen. Britta soll ja, soweit ich verstanden habe, Hausfrau sein. Sie kann sich während der Zeit mit Frau Aubel unterhalten, erfährt, wo die Handtücher liegen, wo der Mülleimer geleert wird, und alles, was mit diesen gesegneten Katzenviechern zusammenhängt. Ich entführe inzwischen deinen Vater für ein paar Stunden, Britta, was meinst du?“
    Jawohl, das schien mir ganz vernünftig; ich hatte nichts einzuwenden.
    So fuhren wir mit der Metro und dem Vorortzug. Mir wurde ganz schwindelig von dem Verkehr, der Eile und der Menschenmenge überall, und nicht zuletzt von der Sprache. Ich wagte gar nicht daran zu denken, daß ich ab morgen Einkäufe in Französisch machen sollte. Gut, daß ich Zeigefinger hatte! Ich würde nie etwas anderes kaufen als das, was in der Auslage war und worauf ich mit den Fingern zeigen konnte.
    Glücklicherweise konnte ich fließend sagen: „Je ne comprends pas français.“
    Zwischen einem Fabrikgebäude und einem modernen hohen Mietshaus stand ein kleines altmodisches Haus. Am Eingang rankte sich Geißblatt hoch, wenigstens hielt ich es dafür. Die knorrigen Zweige hatten ja weder Blätter noch Blüten. Das Haus war aus roten Ziegeln, und die Fensterrahmen waren grün gestrichen.
    Soviel konnte ich gerade noch sehen, während Ahlsen klingelte und eine dicke kleine Dame uns öffnete.
    „Sieh da, unsere Gäste! Herzlich willkommen, ja, Sie verstehen ja Dänisch, hat Herr Ahlsen gesagt, willkommen, Herr Dieters, setzen Sie doch den Koffer ab, hier
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