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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman
Autoren: Birgit Ebbert
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war der Inhaber ein Jude, es roch dort schon nach Jude wie in der Buchhandlung dieses Weizmanns.
    Fast wäre er in seinen Vordermann gerannt, der angehalten hatte, weil sich ihr Zug vom Domplatz über den Prinzipalmarkt, vorbei an der Buchhandlung Coppenrath, durch den Bispinghof und die Frauenstraße dem Ende näherte.
    Überall standen Menschen und jubelten ihnen und ihrem Karren voller Bücher zu. In Wäschekörben trugen manche die Bücher, sogar Margarinefässer hatte Bruno entdeckt. Überall hingen die Plakate, mit denen die Veranstaltung angekündigt wurde. Da, wo sonst die Straßenbahn mit ihrer blauen, roten und gelben Linie fuhr, standen und liefen Menschen. Die Standartenkapelle der SA marschierte vorweg, Vertreter seiner SA und der SS erkannte er, Jungen aus der Hitlerjugend und vielen anderen Verbindungen. Sogar die Abzeichen der Hochschulgruppe des Stahlhelms meinte er in der Menschenmenge auszumachen. Und er war dabei.
    Er hatte die Erklärung des Hochschulgruppenführers des deutsch-nationalen Studentenbundes im Ohr und fühlte sich von der Aufforderung, sich in die braunen und grauen Bataillone einzureihen und weiter für das neue Deutschland wie bisher zu kämpfen, persönlich angesprochen. Er, Bruno Schulze-Möllering, würde alles dafür tun, um am Aufbau des neuen Deutschlands mitzuwirken.
    Der Zug kam nur langsam voran. Den Drubbel und den Rosenplatz hatten sie schon passiert. Um 21 Uhr sollten sie auf dem Hindenburgplatz eintreffen.
    Ein Blick auf die goldene Uhr, die ihm sein Vater zum Abitur geschenkt hatte, zeigte Bruno, dass in zehn Minuten das große Spektakel begann. Der einzige Wermutstropfen war dieser Roloff. Dass der es geschafft hatte, ihn bei der Wahl zum Leiter des Kampfausschusses zu schlagen, ärgerte Bruno.
    »Geht’s heute noch weiter?«, fragte hinter ihm jemand. Bruno sah sich um und kniff die Augen zusammen. Im ersten Moment dachte er, Samuel stünde dort, doch dann erkannte er einen Studenten, von dem er wusste, dass er ebenfalls Jude war. Dass der sich traute, hier zu erscheinen, war eine Frechheit. Das war eine deutsche Aktion, hier hatten diese Volksverräter nichts zu suchen. Bruno wollte losbrüllen, da rief jemand seinen Namen: »Rottenführer Schulze-Möllering, brauchen Sie eine Extra-Einladung?« Roloff schien seine Rolle als Leiter wirklich auszukosten.
    Am liebsten hätte Bruno diesem jüdischen Bengel, der hinter ihm lief, seine Fackel ins Gesicht geworfen. Aber er hatte so viel aufs Spiel gesetzt, um mit den Büchern zu punkten. Bei jedem Halt vor einer Buchhandlung hatte der Fahrer gedroht, ihn stehen zu lassen und alles seinem Vater zu berichten. Sollte er doch, es konnte nicht mehr lange dauern, bis er zum Scharführer ernannt wurde, dann konnte ihm sein Vater nichts mehr vorschreiben.
    Bruno nahm seinen Platz in dem Rechteck ein, das die Studenten mit ihren Fackeln um den Scheiterhaufen bildeten. Das war eine der guten Seiten daran, dass er nicht der Leiter des Kampfausschusses war, fand Bruno. Er musste nicht in den Wald und Äste und Zweige für den Scheiterhaufen besorgen. Er brauchte nur abzuwarten, bis das Feuer brannte und die Sprüche ausgerufen wurden. Die Bücher waren bereits in der richtigen Reihenfolge gestapelt, sodass er blitzschnell als Erster Bücher zu den Feuersprüchen auf den Scheiterhaufen werfen konnte. Dabei würde er diesem Wichtigtuer Roloff die Schau stehlen. Wenn er schon nicht die Feuersprüche ausrufen durfte, wollte er wenigstens der Erste sein, der die Bücher ins Feuer warf.
    »Hey, du da«, rief er einen Studenten zu sich, der keine Fackel hielt. »Halt mal!« Bruno drückte dem verdutzten Jungen seine Fackel in die Hand und ging zu dem Karren. Er kontrollierte, ob sein Bücherstapel vollständig war und nahm ihn mit an seinen Platz in dem Karree.
    Die Kapelle spielte endlich die ersten Töne von ›Burschen heraus‹, das war das Signal für den Beginn der Aktion, endlich wurden die Pechfackeln entzündet.
    Bruno schnaubte verächtlich, als Roloff an das Mikrofon trat und seine Begrüßung brüllte. Das hätte er tausendmal besser gemacht. Und wie die Leute klatschten! Er konnte es kaum abwarten, dass endlich die Verbrennung begann. Nun trat dieser Professor aus Osnabrück ans Rednerpult. Eine völlig überflüssige Einlage, fand Bruno. Aber da hatte er sich nicht durchsetzen können. Das, was der Mann sagte, war ja richtig, dass man dem Nationalsozialismus danken musste, dass er sich für die Rettung vor der geistigen
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