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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman
Autoren: Birgit Ebbert
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habe ich als Junge immer geträumt, einmal einen Schatz zu finden«, sagte Martin und betrachtete den alten Lederkoffer. Karina legte den Koffer auf die kleine Mauer vor dem Haus.
    »Sollen wir ihn öffnen?«, fragte sie und sah Martin an, obwohl sie keine Antwort erwartete. Sie holte einmal tief Luft und rieb die Erde von den Eisenbeschlägen. »Was ist, wenn der Koffer abgeschlossen ist?« Sie spürte, wie ihre Neugier und ihre Nervosität wuchsen.
    »Das sehen wir dann«, beruhigte Martin sie.
    Karina ergriff gleichzeitig mit beiden Händen die Verschlüsse des Koffers und drückte sie auf. Sie lösten sich. Vorsichtig klappte sie den Deckel hoch. Sie wusste nicht, was sie erwartete hatte. Ganz sicher kein Papier, das wie Pergament aussah und von einem Packband umwickelt war.
    »Das ist Wachspapier«, erkannte Martin. »Das schützt vor Feuchtigkeit, irgendwo habe ich das einmal gelesen.«
    Karina hob das Paket aus dem Koffer, sie versuchte, den Knoten des Bandes zu lösen, und war froh, dass Martin ein Taschenmesser hervorholte.
    Karina suchte die Stelle, an der das Papier überschlagen war, und öffnete das Päckchen vorsichtig. Als Erstes bemerkte sie die Bücher. »Heinrich Mann. ›Der Untertan‹. Alfred Döblin. ›Berlin Alexanderplatz‹«, las sie und: »›Sternstunden der Menschheit‹ von Stefan Zweig. Guck mal, ›Der Fall Maurizius‹ von Jakob Wassermann, den habe ich irgendwann gelesen. Ich hätte nicht gedacht, dass der Roman schon so alt ist.«
    »›Deutschland, Deutschland über alles‹ von Tucholsky, daraus haben wir in der Schule Auszüge gelesen.« Martin nahm Karina das Buch aus der Hand.
    »Kafka, Brecht«, Karina betrachtete ein Buch nach dem anderen. »Das sind doch alles bekannte Namen und die haben die Nazis verbrannt!« Die Titel kamen ihr zum Teil bekannt vor, manche waren ihr völlig fremd. »Irmgard Keun. ›Das kunstseidene Mädchen‹. Nie gehört.«
    Martin suchte nach dem Impressum. »Das ist 1932 erschienen«, sagte er und griff zum nächsten Buch. »1931.«
    »Tante Katharina hat also wirklich Bücher vergraben, um sie vor der Verbrennung zu retten.« Karina setzte sich auf das kleine Mäuerchen. Sie musste sich erst einmal vor Augen führen, was ihre Großtante riskiert hatte, als sie die Bücher gerettet hatte, die über 70 Jahre in der Erde lagen.
    »Schau mal!« Martin riss Karina aus ihren Gedanken und hielt ihr ein Notizheft mit einem schwarzen Papierumschlag hin. Er schlug es auf und Karina erkannte die Schrift ihrer Tante.
    »Das Tagebuch. Tante Katharina hat also doch ein Tagebuch geführt.« Sie blätterte das Heft durch und blieb am 15. November 1931 hängen. »Zum Glück braucht der Buchhändler eine Hausangestellte. Heute ist mein erster Tag. Ich bin so froh, dass ich weg bin aus dem Haus des Doktors. Hier sind auch zwei Männer, aber sie sind ganz anders als Bruno und der Doktor.« Karina las leise weiter und ließ das Heft sinken. »Das ist wirklich unglaublich. Bruno Schulze-Möllering hat versucht, sie zu vergewaltigen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein Bischof!«
    »Damals war er noch kein Bischof.« Martin versuchte anscheinend, die Ehre seines Berufsstandes zu retten, auch wenn Bruno Schulze-Möllering der anderen Fraktion angehört hatte, wie er als Protestant die Katholiken gerne bezeichnete. »Aber eigentlich ist das egal«, sagte er dann. »Eine Vergewaltigung ist immer schlimm.«
    Karina nickte. »Du hast recht.« Sie lächelte Martin an. »Pfarrer sind eben auch Menschen, was?«
    Martin lächelte ebenfalls. »Und dieser Pfarrer hier freut sich schon darauf, die ganze Geschichte deiner Tante in einer Ansprache zu erzählen.«
    »Aber vorher werde ich Jo Tengelkamp damit konfrontieren. Ich bin mir inzwischen sicher, auch nach dem Telefonat mit Hanno Möllering, dass er den guten Ruf seines Bischof-Onkels und seiner Familie retten wollte.« Sie wischte sich über die Stirn und hinterließ etwas Erde im Gesicht, die Martin wegwischte.
    »Und seinen Besitz«, unterbrach er sie. »Das scheint mir mindestens ein genauso gutes Motiv. Denk nur, wie viele Immobilien die Familie hier zu einem Spottpreis von Juden gekauft hat. Wer weiß, vielleicht hat der Großvater von Jo Tengelkamp nicht einmal etwas dafür bezahlt. Übrigens spielt er mit dem Stadtarchivar Klaus Westerburg zusammen Fußball. Sie sind wohl dicke Freunde, habe ich gehört.«
    Karina nickte. Das passte in ihr Puzzle. Nur eine Frage ließ ihr keine Ruhe. »Wie ist das rechtlich, wenn sich
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