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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7
Autoren: Mirjam Mous
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beeinflussen.«
    »Die sind ja vollkommen durchgeknallt«, sagte Louis. »Einsperren und nie wieder rauslassen.«
    »Ganz meine Meinung.« Bolland tickte mit dem Rührstäbchen an seinen Becher. »Sobald wir sie gefunden haben.«
    »Sind sie entkommen?«, fragte ich fassungslos.
    »Mit einem der Transporter. In der ganzen Aufregung haben wir es zu spät bemerkt.«
    Der Transporter, der mich fast umgefahren hatte! Ich hätte sie zum Anhalten zwingen müssen, einen Stein durch die Fensterscheibe werfen ... »Lara«, sagte ich. »Sie kann uns zu ihren Eltern führen.«
    »Leider«, Bolland vermied meinen Blick, »ist Lara ebenfalls verschwunden. Wir vermuten, dass die Familie Rogers sich wiedervereinigt hat und jetzt irgendwo untergetaucht ist.«
    Ich fluchte, was mir einen missbilligenden Blick meiner Mutter eintrug.
    »Aber Jones haben wir.« Bollands Stimme war eine einzige Entschuldigung. »Und alle anderen Mitglieder der CooperationX, dank des USB-Sticks. Es ist vorbei mit ihren Praktiken. Seit die Mikrochips entfernt sind, haben alle Boys ihr Gedächtnis wieder. Zeugenaussagen genug, um die ganze Bande für immer hinter Gitter zu bringen.«
    »Und Boy One?«, fragte ich. »Haben Sie den noch aufgespürt?«
    »Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen«, antwortete Bolland. »Aber es scheint, dass er tatsächlich während eines Auftrags umgekommen ist.«
    Da fluchte sogar meine Mutter.
    Ein paar Tage später steckte ich Schlafanzug, Zahnbürste und Zahnpasta in meine Tasche. Laras Laptop, Louis’ Handy und das Foto des grauen Gebäudes hatte Bolland beschlagnahmt. Die Bestellliste vom Pizza Hut hatte ich heimlich behalten. Sie erinnerte mich an Louis, der zu einer Pflegefamilie in Florida gezogen war – und vielleicht würde ich mich bei der Bedienung mit der roten Schürze noch einmal bedanken. Ohne sie hätte ich Lara vielleicht doch eingeweiht und dann hätte alles ganz anders enden können.
    »Hast du alles?«, fragte meine Mutter.
    Ich nickte und hing mir den Riemen über die Schulter. »Auf Wiedersehen«, sagte ich in die Runde.
    »Das hoffe ich nicht, Junge«, sagte mein übernächster Nachbar. »Besser, man muss nicht in ein Krankenhaus.«
    Lachend verließen wir den Raum.
    »Kathy hat unbedingt Girlanden aufhängen wollen«, sagte meine Mutter. »Sie ist so froh, dass du wieder nach Hause kommst.«
    Ich legte den Arm um ihre Taille und bekam große Lust, sie hochzuheben.
    »Ich habe Apfelkuchen gebacken.« Sie strich mir kurz über die Wange. »Und du darfst bestimmen, was wir heute Abend essen.«
    Wir gingen an der Rezeption vorbei und betraten die gläserne Halle, die zur Außentür führte. Der Himmel trug ein frisch gewaschenes Blau, die Sonne schien und niemand stand am Ausgang, um mich aufzuhalten.
    Ich atmete tief ein. Die Welt lag vor mir, frisch und zum Reinbeißen wie eine dampfende Pizza. Von jetzt an hatte ich, Sam Waters, das Heft in den Händen. Und selbst wenn ich mich hundertmal in die Finger schneiden würde – ich würde es nicht anders haben wollen. In Zukunft würde jede Wahl meine eigene Entscheidung sein und kein Chip würde mich zu etwas zwingen können.
    »Ich hätte Lust auf Pizza«, sagte ich. »Cheezy Crust.«
    Dann trat ich hinaus in die Freiheit.

Fünf Jahre später
    Im 19. Jahrhundert hat der Mensch
die Maschine geschaffen.
Im 21. Jahrhundert scheint die Maschine
den Menschen zu erschaffen.
(Variante einer Äußerung von Adriaan Roland Holst,
gefunden im Internet)
    Lara schaute hinaus. An der Straßenbahnhaltestelle warteten Leute unter Regenschirmen. Auf dem Bürgersteig hüpfte ein Mädchen in Gummistiefeln in eine Pfütze, was ihr großen Spaß machte.
    Mit einem Seufzer wandte sich Lara vom Fenster ab. Sie wohnte nun schon so lange in Amsterdam, aber an den Regen gewöhnte sie sich nie. An einem Tag wie diesem vermisste sie den Garten von Tante Bobbie noch mehr als sonst. Die Sonne im Laub. Den süßen Duft der Pflanzen auf dem Carport.
    Lustlos schaltete sie das Radio ein.
    »Die Belästigung durch herumlungernde Jugendliche gehört nun auch in Utrecht der Vergangenheit an«, meldete der Sprecher der 16-Uhr-Nachrichten. »Mithilfe des neuen Konzepts lassen sich die Jugendlichen viel besser steuern. Eindhoven hat den Plan, der schon in Amsterdam und Rotterdam Erfolge verbuchte, jetzt ebenfalls begrüßt.«
    Das neue Konzept. Lara fühlte an der Narbe hinter ihrem Ohr. Sie war genau an der Stelle, an der früher einmal ein Chip gesessen hatte.
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