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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7
Autoren: Mirjam Mous
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Horizont. Die gelben Felder wurden von einer grauen Decke eingehüllt. Zum Glück war die Straße nicht sehr kurvenreich. Solange ich in diesem Tempo weiterfahren konnte, würde ich es schaffen. Ich sah in den Rückspiegel. Auch die Straße hinter mir war verlassen. Vielleicht fuhr der Mustang immer noch hinter dem Lastwagen her. Das würde bedeuten, dass Jones weiterhin gefesselt in meinem Zimmer lag. Sonst hätte er die Weißkittel bestimmt gewarnt, dass ich zu dem grauen Gebäude fahren würde ...
    Die Abzweigung! Fast hätte ich sie verpasst.
    Mittlerweile war es stockfinster. Die Scheinwerfer gaben kaum noch genug Licht und der Weg wurde immer schlechter. Der Pick-up donnerte von einem Schlagloch ins nächste. Jetzt klapperte es nicht mehr nur am Armaturenbrett, ich hörte es überall. Der ganze Wagen stöhnte und ächzte wie eine alte Frau.
    »Durchhalten«, bat ich, als wäre das Auto keine Maschine, sondern ein Mensch. »Noch ein paar Minuten.«
    In der Ferne sah ich ein rotes Licht. Der Sendemast!
    Dann geschah etwas Schreckliches. Das Auto, das gerade noch allerlei beunruhigende Laute von sich gegeben hatte, wurde beängstigend still, was noch hundertmal beunruhigender war. Ich knallte mit einem Reifen in ein Loch und lenkte mich wieder hinaus. Das Auto rollte noch ein Stück weiter, als wollte es sich einen Scherz mit mir erlauben, und blieb nach ein paar Metern doch noch stehen.
    Ich fluchte und versuchte, erneut zu starten. Ein lang gezogenes Kkrrrr quälte meine Ohren, aber der Motor selbst schwieg hartnäckig.
    Nicht jetzt! Bitte, nicht jetzt!
    Zum zweiten Mal drehte ich den Schlüssel im Zündschloss, aber der Pick-up war nicht in Gang zu bringen.
    Die Benzinanzeige verwandelte sich in einen anklagenden Zeigefinger. Ich hämmerte mit der Faust auf das Armaturenbrett. Ein leerer Tank. Dummdummdumm! Warum hatte ich den Benzinstand nicht kontrolliert, als ich an der Tankstelle stand? Niedergeschmettert legte ich den Kopf auf das Steuer. Die Wunde hinter meinem Ohr klopfte. Was sollte ich machen? Noch zehn Minuten, höchstens. Sogar wenn ich rannte und es schaffen würde ...
    Ich hatte mit dem Wagen den Schlagbaum durchbrechen wollen, quer über den Parkplatz, um dann wie ein Rammbock durch die Glasfront am Eingang zu krachen. Ein wahrer Orkan aus Lärm und Panik wäre entstanden, wodurch keiner mehr auf die Boys achtete. Keiner außer mir.
    Und jetzt war alles umsonst gewesen. Ich hatte kein Werkzeug, um den Zaun durchschneiden zu können. Der Pförtner würde mich zu Fuß niemals durchlassen. Ohne Auto würde ich nicht bis zu dem grauen Gebäude gelangen. Nicht nahe genug. Tränen der Ohnmacht schossen mir in die Augen. Das hier war zu groß, ich konnte es nicht allein schaffen. Ich brauchte Hilfe. Hilfe von außen. Louis’ Handy! Ich musste es riskieren, es gab keine andere Möglichkeit. Ich zog das Telefon aus der Tasche und tippte die Notrufnummer ein.
    2
    Ein großes graues Gebäude mit einem Turm daneben. Südlich der Straße zwischen Branding und Flatstaff. In zehn Minuten fliegt es in die Luft.«
    Die Frau am anderen Ende der Leitung wollte allerlei Fragen stellen. Wie ich hieß. Wie ich an diese Information kam.
    »Keine Zeit. Benachrichtigen Sie die Polizei, das FBI, alle!« Ich drückte sie weg, steckte das Handy in meine Tasche, griff nach meinem Rucksack und öffnete die Tür. Beeilung. Wenn die Boys aus dem Gebäude geholt wurden, wollte ich dabei sein. Die Nacht hing unwirklich still und samtschwarz über mir. Fast wie ein sternenbesetzter Zaubermantel. Ein wenig Magie konnte ich auch durchaus gut gebrauchen. Mein Kopf drehte sich, meine Schritte waren unsicher und die Haut hinter meinem Ohr fühlte sich an, als würde eine brennend heiße Nadel hineingestochen. Wie viele Minuten noch? Warum beeilten sie sich nicht? Sie würden mir doch wohl glauben?
    Endlich. Ein flappendes Geräusch zerriss die Stille. Erst noch weit weg, dann näherte es sich schnell. Ich legte den Kopf in den Nacken. Ein Hubschrauber! Mit einem starken Scheinwerfer suchte er die Ebene ab. Bei dem Pick-up blieb der Lichtstrahl kurz hängen, dann schwenkte er in meine Richtung.
    »Verlassen Sie sofort dieses Gelände«, sagte eine Stimme aus dem Lautsprecher über mir. »Gehen Sie nicht weiter. Das ist ein Befehl.« Es klang genauso drohend wie die Warnschilder bei dem grauen Gebäude. Vielleicht saßen ja gar keine Hilfstruppen in dem Hubschrauber, sondern Wächter, die für die Cooperation arbeiteten! Ich tat, als
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