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Bony und die weiße Wilde

Bony und die weiße Wilde

Titel: Bony und die weiße Wilde
Autoren: Arthur W. Upfield
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ihm hielten, Sie hatten so viel für ihn getan und waren jetzt empört über seine Undankbarkeit. Da griff er Sie erneut an. Richtig?«
    »Ja. Nein, es war nicht -«
    »Doch, Sadie. Sie wissen, daß es so war. Er bedrängte Sie, und Sie flüchteten hinter die Truhe. Sie sahen die Pistole liegen, und in Ihrer Angst und Verzweiflung griffen Sie danach und feuerten. War es nicht so? In panischer Angst nahmen Sie die Pistole und feuerten auf ihn.«
    »Ja, Nat. Ja. Und doch - ganz so war es nicht. Oh, lassen Sie mich doch nicht Dinge sagen, die ich gar nicht meine.«
    Bony blickte Sadie an. Sein Blick war ernst und bezwingend, seine Augen so blau und tief wie das Meer.
    »Ich lasse Sie nicht Dinge sagen, die Sie nicht meinen, Sadie!« schrie er das Mädchen an. »Ich - ich selbst spreche es doch aus. Für Sie!«

24

    Das Sturmzentrum hatte sich auf die Antarktis hin zubewegt und auf dem Meer seine deutliche Spur hinterlassen. Zu beiden Seiten der Felsbarriere kamen gewaltige Brecher hereingestürmt. Ein Wellenberg nach dem anderen, in Abständen von etwa fünfzig Sekunden. Hinter der Felsbarriere verhielten sich die tosenden Wellen wie die Speichen eines Rades, liefen kreisend um die mächtigen Klippen, um schließlich gegenüber dem Höhleneingang aufeinanderzuprallen.
    Bony stand mit Sadie unter dem überhängenden Felsen. Alle anderthalb Minuten wurde der steinige Strand zu ihren Füßen überflutet, und der weiße Gischt schäumte kaum drei Meter unterhalb ihres Standortes.
    Der Himmel hing tief über Australiens Fronttür, er hatte die dunkelgraue Farbe des Meeres angenommen. Der eisige Sturm wehte mit solcher Gewalt, daß er den Gischt bis hinauf zum Plateau und den Teesträuchern trieb. Der Höhleneingang unter dem Felsüberhang bildete ein Vakuum, an dem vorbei der Schaumvorhang in die Höhe getrieben wurde.
    Die Felsterrasse, über die sie den nach oben führenden Pfad erreichen konnten, wurde beim Ansturm eines jeden Wellenberges überflutet. Immer wieder hatte Bony die Sekunden gezählt, die zwischen dem Eintreffen der einzelnen Brecher vergingen, und er war zu dem Ergebnis gekommen, daß man zu dem Pfad gelangen konnte, vorausgesetzt, man beeilte sich und rutschte nicht aus auf dem nassen Fels.
    Das Toben der Elemente war so stark, daß man sein eigenes Wort nicht hören konnte. Bony gab Sadie zu verstehen, sie möge ihm ins Innere der Höhle folgen.
    »Haben Sie eine Ahnung, wann der Hochwasserstand erreicht ist?«
    »Nein«, erwiderte das Mädchen. »Ich wüßte es, wenn ich gesehen hätte, zu welchem Zeitpunkt die Sonne aufgegangen ist.«
    »Ich habe die Wellen genau beobachtet. Wenn die Brandung ein wenig höher geht, sind wir abgeschnitten. Was denken Sie?«
    »Selbst bei Ebbe würden die Wassermassen nicht zurückfließen. Der Sturm drückt viel zu sehr. Die Brecher könnten durchaus bis in unsere Höhle dringen. Ich wünschte, es käme so. Ich möchte sterben. Ich möchte nicht mehr länger leben. Lassen Sie mich hier.«
    Sie standen neben der Sturmlaterne, bis zu der das Tageslicht drang. Vorsichtig schob sich Bony zwischen Sadie und die tobende See. Sie blickte in dumpfer Verzweiflung zu Boden.
    »Sie wollen also nicht länger leben!« schrie er sie zornig an. »Sie wollen sterben! Welch ein Unsinn! Sie stehen da und jammern und gebärden sich wie dieser Narr Othello, nachdem er seine Desdemona erwürgt hatte. Sie beklagen nur das eine, und nichts anderes interessiert Sie mehr. Ach, zum Teufel! Ich hätte große Lust, Ihnen die dummen Gedanken auszuprügeln.« Er packte sie am Arm und bog mit der anderen Hand gewaltsam ihr Kinn in die Höhe, aber sie hatte die Augen geschlossen. »Jetzt will ich Ihnen mal was sagen: Vor vierzehn Jahren waren Sie ein dummes, verträumtes kleines Mädchen, das in einen Ritter mit prächtiger Rüstung verliebt war - das sind Ihre eigenen Worte, und sie sind sicher wahr. Dann ging Ihr edler Ritter fort, um Ihnen die Sterne vom Himmel zu holen, aber ein böser Drache besiegte ihn. Ein Drache! Welch eine Beleidigung für einen Drachen!« Sadie blickte ihn immer noch nicht an. Er schüttelte sie heftig hin und her.
    »Seit damals haben Sie sich an die Vorstellung geklammert, daß er ein edler Ritter in schimmernder Rüstung sei, der nur durch tragische Umstände vom Weg abgekommen war. Sie haben die ganzen Jahre über eine Vision geliebt. Als Marvin sich jetzt heimlich ins Elternhaus zurückstahl, bildeten Sie sich immer noch ein, er sei derjenige, der in Ihrer Vorstellung
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