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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut
Autoren: Arne Dahl
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Aas«, sagte er still. »Dabei war sie eine Heldin.«
    »Die Lagavulin war leer«, sagte Chavez und sah klein und nichtssagend aus. »Es waren natürlich keine Steuersysteme für Kernwaffen an Bord. Und LinkCoop ist ein stinknormales Import– und Exportunternehmen in der Computerbranche, völlig legitim. Der Vizedirektor Henrik Nilsson bedauert zutiefst, daß ihr souveräner Sicherheitschef Robert Mayer verschwunden ist. Er hat die Gelegenheit benutzt und eine Vermißtenmeldung aufgegeben.«
    »Benny Lundberg ist heute morgen gestorben«, sagte Kerstin Holm. »Sein Vater war da und hat den Respirator abgeschaltet. Er ist festgenommen worden und sitzt eine Etage unter uns.«
    Gunnar Nyberg stand mit einem Ruck auf und verließ den Raum. Sie sahen ihm nach. Sie hofften, daß er nicht vorhatte, hinunterzugehen und den unglücklichen Lasse Lundberg totzuschlagen.
    Hjelm saß schweigend da. Er hatte nichts zu sagen. Es gab nichts zu sagen. Er grübelte über den Begriff »wortloser Schmerz« nach.
    Hultin fuhr fort: »Wir wissen, daß Lamar Jennings seinen Vater rund eine Woche beschattet hat. Es kann nicht besonders schwer gewesen sein, Robert Mayer zu finden: Er steht im Telefonbuch. Schon am Tag nach seiner Ankunft in Schweden fertigte Lamar den Schlüssel zu dem Lagerraum an. Er muß Wayne Jennings bereits damals gefolgt sein; vielleicht beging Wayne Jennings schon damals einen Mord, vielleicht gibt es Scharen von Hingerichteten, die wir nie entdecken werden. Etwas veranlaßte Lamar auf jeden Fall, den Schlüssel nachzumachen – und aus irgendeinem Grund wußte er, daß sein Vater in jener schicksalhaften Nacht mit Eric Lindberger im Schlepptau dort auftauchen würde. Wir wissen nicht, wie –und nicht, warum – Lindberger Jennings nach dem Treffen im Riche zum Freihafen begleitete, und nicht, warum sie sich im Riche trafen. Vielleicht glaubte Lindberger, daß es um Orpheus ging; die Mitglieder sind ja geheim. Es gibt überhaupt ziemlich viel, was wir nicht wissen.«
    Hultin machte eine Pause und fuhr in gemessenerem Tonfall fort: »Der Kalte Krieg ist vorbei. Was wir an seiner Stelle bekommen haben, ist fast noch schlimmer, weil wir nicht verstehen, was es ist. Die Welt schrumpft, und wir scheinen mehr als alle anderen zu schrumpfen. Wir haben vorbildliche Polizeiarbeit geleistet, das kann uns in der Trauer ein Trost sein, doch das reicht nicht. Uns ist eine Reihe politischer und psychologischer Fehleinschätzungen unterlaufen, die zeigen, daß wir nicht richtig Schritt halten mit dem Lauf der Welt. Die Gewaltkriminalität von internationaler Art gleitet uns aus den Händen. Die blinde Gewalt ist ein Spiegel der zielgerichteten Gewalt. Lamar Jennings war eine Zerrspiegelversion seines Vaters. Böses Blut kehrt wieder und geht um, wie man zu sagen pflegt.«
    Paul Hjelm lachte plötzlich. Es war ein Hohnlachen, das sich gegen ihn selbst richtete. Nicht einmal das Sprichwort war richtig gewesen. Wayne Jennings hatte ihn korrigiert.
    »›Der Plumpsack geht um‹, heißt es«, sagte er und wischte sich die Tränen ab. Es waren nur scheinbar Lachtränen.
    Sie betrachteten ihn einen Moment. Sie wußten, wie er sich fühlte, und gleichzeitig begriffen sie, alle, wie sie da waren, wie unmöglich es eigentlich ist, jemals auch nur das Geringste von einem anderen Menschen wirklich zu verstehen.
    »Haben wir noch etwas vergessen?« sagte Hultin.
    »Die USA haben auf jeden Fall einen Serienmörder weniger«, sagte Kerstin Holm und lachte grimmig. »Ein anderer Serienmörder serienmordete ihn. Wieder einmal erweist Wayne Jennings sich als the Good Guy.«
    »Das Resultat zählt«, sagte Hjelm. Es gab keine Worte mehr, die seine eigenen waren. Nichts war mehr sein eigenes. Alles war okkupiert. Er war eine kleine Modelleisenbahn, die in einem geschlossenen Bereich immer im Kreis fuhr.
    »Ja dann«, sagte Jan–Olov Hultin und erhob sich. »Ich muß jetzt pissen. Wir können nur hoffen, daß Gott bald ein Einsehen hat.«
    Sie wollten nicht richtig auseinandergehen. Es war, als ob sie die gegenseitige Nähe brauchten. Doch schließlich wurden sie in die Welt hinaus geschickt, ebenso einsam, wie sie hineingekommen waren, und ebenso einsam, wie sie sie wieder verlassen würden. Hjelm und Holm waren die letzten in der Reihe.
    Paul hielt Kerstin kurz vor der Tür fest. »Ich habe noch etwas, was dir gehört«, sagte er und kramte in seiner Brieftasche. Er zog das Foto des alten Pastors hervor und reichte es ihr.
    Sie sah ihn an. Es war
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