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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut
Autoren: Arne Dahl
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Sie starrte sie entgeistert an. Als sie im Hintergrund Söderstedt erblickte, schien sie aufzuatmen.
    »Hands on your heads!« schrie Norlander.
    »It's just the Swedish police!« rief Justine den drei Männern zu. Sie und die drei legten die Hände hinter den Kopf.
    Der Helly–Hansen–Mann stand auf und sagte auf gotländisch: »Was soll das? Was machen Sie hier?«
    »Herman Bengtsson, vermute ich«, sagte Hultin und zeigte mit der Pistole auf ihn. Setzen Sie sich, und nehmen Sie die Hände hinter den Kopf.«
    Bengtsson gehorchte widerwillig.
    »Durchsuchen«, befahl Hultin.
    Norlander und Chavez durchsuchten zügig. Keiner der fünf hatte eine Waffe bei sich. Die Zeichen häuften sich, und sie waren besorgniserregend.
    »Sie haben mich angerufen.« Justine Lindberger nickte nachdenklich. Eine gewaltige gedankliche Anstrengung schien in ihrem Kopf vor sich zu gehen.
    »Wo ist die elektronische Ausrüstung?« fragte Hultin.
    »Was für eine elektronische Ausrüstung?« sagte Herman Bengtsson. »Wovon reden Sie?«
    »Wie viele Personen sind außer Ihnen noch an Bord?«
    »Niemand mehr«, sagte Justine Lindberger und seufzte. Die Besatzung kommt in einer Stunde.
    »Und die Wachen? Sie können doch Steuersysteme für Kernwaffen nicht unbewacht lassen.«
    Justine Lindberger saß wie erstarrt. Sie dachte nach. Intensiv. Dann schien ihr etwas klarzuwerden. Sie schloß ein paar Sekunden die Augen. Als sie sie wieder öffnete, war ihr Blick verändert, resigniert, fast traurig. Wie vor einem Hinrichtungskommando. »Wir schmuggeln keine Atomwaffen«, sagte sie. »Im Gegenteil.«
    »Jorge, Viggo, Arto. Geht und seht nach. Aber seid vorsichtig.«
    Sie verschwanden. Zurück blieben Jan–Olov Hultin, Paul Hjelm, Kerstin Holm, Justine Lindberger, Herman Bengtsson und die drei dunkelhäutigen Männer mit vom Tod gezeichneten Blicken.
    Justine sprach, als hinge ihr Leben davon ab, daß sie genau die richtigen Worte wählte: »Herman und ich gehören der Menschenrechtsorganisation Orpheus Life Line an, die im Irak tätig ist. Wir müssen versteckt arbeiten, die Feinde sind mächtig. Eric gehörte auch zu uns. Er starb, ohne etwas preiszugeben. Er war stärker, als ich mir vorstellen konnte.«
    Dann machte sie eine Geste in Richtung der drei Männer. »Diese Männer sind hohe Offiziere der irakischen Armee. Sie sind desertiert. Sie haben extrem wichtige Informationen über den Golfkrieg, und weder Saddam noch die USA werden zulassen, daß sie bekannt werden. Sie sind auf dem Weg in die USA, um sich dort unter den Schutz einer großen Medienorganisation zu stellen. Von dort sollen die Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, um auf keinen Fall unterdrückt werden zu können. Die amerikanischen Medien sind die einzige Kraft, die stark genug ist, um Widerstand zu leisten.«
    Hultin sah Hjelm an, Hjelm sah Holm an, Holm sah Hultin an.
    »Sie müssen uns gewähren lassen«, sagte Justine Lindberger. »Jemand hat Sie hinters Licht geführt. Jemand hat Sie benutzt.«
    Hjelm sah Wayne Jennings vor seinem inneren Auge, der sagte: »Das werden sie nie erfahren.« Ihm war zum Kotzen zumute.
    »Wenn das so ist, sind sie Ihnen auf der Spur«, sagte Kerstin Holm. »Wir müssen Sie hier rausbekommen.«
    »Wir können das Schiff keinesfalls auslaufen lassen«, sagte Hultin. »Es muß genau untersucht werden. Also nehmen wir Sie jetzt mit, und zwar unverzüglich.«
    »Es ist Ihre Pflicht, uns jetzt zu schützen«, sagte Justine Lindberger und sah sehr, sehr müde aus. »Sie haben sie hierher geführt – jetzt müssen Sie uns mit Ihrem Leben schützen.«
    Hultin betrachtete sie mit tiefem Bedauern und ging rückwärts in Richtung der zerstörten Tür. Er wich zur Seite. Holm kam heraus, dann Herman Bengtsson, die drei Männer, Justine und Hjelm.
    Sie standen draußen an Deck. Der Wind heulte. Der Regen peitschte.
    Sie bewegten sich vorsichtig auf die Laufplanke zu.
    Da geschah es, wie auf ein Kommando.
    Herman Bengtssons Kopf wurde abgerissen; sein Körper stürzte aufs Deck, Blut sprudelte. Die drei Männer wurden von einem Kugelhagel gegen die Wand des Führerhauses geschleudert. Die Daunenjacken färbten sich rot, Daunen flogen. Die Männer sanken wie Gliederpuppen zusammen. Kerstin warf sich über Justine; sie dachte nicht, sie war ein lebender Schild. Sie fühlte, wie eine Kugel ihre Schulter streifte und sich nur wenige Zentimeter entfernt in Justines rechtes Auge bohrte. Blut spritzte in Kerstins Gesicht. Ein letztes Ausatmen.
    Hultin
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