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Bobby Z

Bobby Z

Titel: Bobby Z
Autoren: Don Winslow
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Abschlussfeier
waren, saßen Tim und ein Kumpel mit zwei ziemlich abgefuckten Bräuten, ein paar
Sixpacks und einem miesen Joint in einer alten Karre, die sie in der Nähe der
Müllhalde von Thousand Palms geparkt hatten. Tim kam noch nicht mal zum Vögeln
- sein Mädchen kotzte bloß auf seinen Schoß und pennte weg.
    »Dagegen warst du doch schon von Geburt an eine Witzfigur«, fügt
Gruzsa hinzu.
    Was soll ich dazu sagen?, denkt Tim. Er hat ja recht.
    Aufgewachsen ist Tim - wenn man das Aufwachsen nennen kann - in einem
Scheißkaff namens Desert Hot Springs, California, an der Interstate 10, direkt
gegenüber dem Ferienparadies Palm Springs, wo die ganzen reichen Leute wohnen.
Die Leute, die in Desert Hot Springs lebten, mussten in Palm Springs Klos
putzen und Geschirr spülen und Golftaschen schleppen. Die meisten von ihnen
waren Mexikaner bis auf ein paar heruntergekommene weiße Säufer wie Tim Kearney
senior, der Tim bei seinen seltenen Besuchen zu Hause mit einem Gürtel grün und
blau schlug, dabei auf die Lichter von Palm Springs deutete und lallte: »Siehst
du das dort drüben? Dort isses, das große Geld.«
    Tim fand, dass sein alter Herr damit verdammt recht hatte, und er war
noch nicht einmal vierzehn, als er damit begann, in die Häuser von Palm
Springs einzubrechen, Fernsehgeräte, Videorecorder, Kameras, Bargeld und
Schmuck mitgehen zu lassen und die Alarmanlagen auszutricksen.
    Nach Tims erstem Einbruch fragte ihn dann der Familienrichter, ob er
ein Alkoholproblem hätte, und Tim, der zwar ein monumentaler Pechvogel, aber
nicht auf den Kopf gefallen war, wusste eine Chance zu nutzen, wenn sie sich
ihm bot. Also zerdrückte er ein paar Krokodilstränen und sagte, ja, leider sei
er Alkoholiker. Am Ende bekam er Bewährung, ein paar Sitzungen bei den
Anonymen Alkoholikern sowie eine saftige Tracht Prügel von seinem alten Herrn
- statt einer Jugendstrafe und einer Tracht Prügel von seinem alten Herrn.
    Tim ging zu den Treffen, und natürlich saß da der Richter, um zu
überprüfen, ob er auch hinging, und lächelte ihn an, als wäre er sein eigener
Sohn. Obwohl er dann doch etwas ungehalten wurde, als Tim nach seinem zweiten
Einbruch wieder vor ihm stand und herauskam, dass er neben den üblichen
Fernsehern, Videorecordern, Kameras, Bargeld und Schmuck auch den größten Teil
der Hausbar hatte mitgehen lassen.
    Doch der Richter konnte sich über diese persönliche Enttäuschung
hinwegsetzen und schickte den jungen Tim in eine Entziehungsanstalt in der
Nähe. Tim verbrachte einen Monat in Gruppentherapie, wo er lernte, wie man sich
rücklings in die Arme von jemand anderem fallen lässt und dieser Person
fortan vertraut. Außerdem lernte er all seine guten und schlechten
Charaktereigenschaften kennen und noch verschiedene andere Dinge »fürs Leben«.
    Die Therapeutin in der Klinik fragte Tim, ob er glaube, dass er ein
geringes Selbstwertgefühl habe, und Tim gab dies bereitwillig zu.
    »Warum glauben Sie denn, dass Sie ein geringes Selbstwertgefühl
haben?«, fragte sie verständnisvoll.
    Tim antwortete: »Weil ich immer noch in Häuser einbreche ...«
    »Ganz richtig, ja.«
    »... und mich dabei immer noch schnappen lasse.« Danach arbeitete die
Therapeutin noch intensiver mit Tim.
    Tim hatte schon fast das ganze Programm absolviert, als er einen
kleinen Rückfall hatte, die Portokasse der Klinik mitgehen ließ und sich
draußen dafür was Ordentliches zu rauchen kaufte. Die Therapeutin fragte Tim:
»Wissen Sie, was Ihr eigentliches Problem ist?«
    Tim antwortete, er wisse es nicht.
    »Sie haben ein Problem mit Ihrer Impulskontrolle«, sagte sie. »Sie
haben nämlich keine.«
    Diesmal war der Richter wirklich sauer, murmelte mit zusammengebissenen
Zähnen etwas von »harter Brocken« und schickte Tim nach Chino.
    Wo Tim brav seine Strafe absaß und noch eine ganze Reihe weiterer
Dinge fürs Leben lernte, bis ihm, gut einen Monat nach seiner Entlassung,
wieder die glitzernden Lichter von Palm Springs zublinzelten. Diesmal suchte er
nach Schmuck und war schon fast mit der Beute aus dem Haus, als er über einen
Rasensprenger stolperte und sich den Knöchel verstauchte, worauf ihn die
Wachleute von der West-Tech Security schnappten.
    »Das kann auch bloß dir passieren«, sagte sein Vater, »mitten in
dieser verdammten Wüste über eine Wasserpumpe zu stolpern.«
    An dieser Stelle holte der Alte seinen Gürtel heraus, aber Tim hatte
in Chino tatsächlich eine ganze Menge Dinge fürs Leben gelernt. Ein
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