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Bobby Z

Bobby Z

Titel: Bobby Z
Autoren: Don Winslow
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paar
Sekunden später kippte der Alte nach hinten um, und es war niemand da, der ihn
daran gehindert hätte, der Länge nach am Boden aufzuschlagen.
    Tim machte sich darauf gefasst, wieder nach Chino zu kommen, aber
diesmal hatte er einen anderen Richter.
    »Haben Sie eigentlich eine Erklärung für das alles?«, fragte der
Richter Tim.
    »Das Problem ist«, sagte Tim, »meine mangelnde Impulskontrolle.«
    Der Richter war nicht dieser Meinung. »Ihr Problem ist, dass Sie
einbrechen und stehlen.«
    »Das Einbrechen und das Stehlen ist kein Problem«, sagte Tim. »Das
Problem ist, wie man hinterher abhaut.«
    Der Richter dachte, wenn Tim ein solcher Klugscheißer war, dann sollte
er seine ungezügelten Energien vielleicht besser bei der Armee einsetzen, statt
wieder nach Chino zurückzukehren und neue Dinge fürs Leben zu lernen.
    »Du schaffst nicht mal die Grundausbildung«, sagte Tims alter Herr.
»Dazu bist du ein viel zu großer Schlappschwanz.«
    Das dachte Tim auch. Er hatte Probleme damit, Dinge zu Ende zu bringen
(die Highschool, die Therapie, das Einbrechen), und konnte sich vorstellen,
dass das bei den Marines nicht anders sein würde. Es war aber doch anders.
    Tim gefiel es nämlich bei der Armee. Ihm gefiel sogar die Grundausbildung.
    »Ist alles ganz easy«, sagte er zu seinen ungläubigen Zimmergenossen.
»Du machst einfach deinen Job, und sie lassen dich in Ruhe. Ganz anders als im
richtigen Leben.«
    Außerdem kam er durch das Militär endlich raus aus Desert Hot Springs.
Raus aus dem verdammten Nest und raus aus der verdammten Wüste. In der
Grundausbildung bei den Marines wachte Tim jeden Morgen auf und sah als Erstes
das Meer, und das fand er total cool, weil er sich dann wie einer von diesen
coolen Kaliforniern fühlte, die am Meer wohnen. Tim dachte, wenn er bei den
Marines bleiben würde, müsste er niemals wieder eine verdammte Wüste sehen,
denn die Marines gehörten zur Navy, und die hatte immer mit dem Meer zu tun.
    Also hielt Tim durch. Er hielt die ganze Dienstzeit durch und meldete
sich sogar noch für eine Ehrenrunde. Er bekam sein Diplom, Korporalsstreifen
und eine Berufung in die Desert Warfare School in Twenty-Nine Palms, etwa
achtzig Kilometer von seiner guten, alten Heimatstadt Desert Hot Springs
entfernt.
    Na klar doch, dachte Tim, na verdammt klar doch. Und schon hat sie
mich wieder, diese Scheißwüste. Fast hätte er die Fliege gemacht, aber dann
dachte er, na, was soll's, die Zeit kriege ich auch rum. Vielleicht geht's ja
nächstes Mal nach Hawaii.
    Dann marschierte Saddam Hussein in Kuwait ein, um Tim persönlich eins
auszuwischen. Tim kam per Schiff nach Saudi-Arabien, und das war sozusagen
Wüste hoch drei.
    »Ich kann's kaum glauben, dass du bei den Marines warst«, meint
Gruzsa.
    »Semper fi«, antwortete Tim.
    Natürlich weiß Gruzsa das schon - Tim weiß, dass er es weiß, weil
seine verdammte Akte da auf dem Tisch liegt. Gruzsa weiß alles über Tims
Karriere bei den Marines.
    Bloß eins weiß Gruzsa nicht über Tim, und er käme auch gar nicht
drauf, weil es nicht ins Bild passt. Da sitzt er vor dieser hochgradigen Niete,
dem ewigen Verlierer und Holzkopf, der nicht mal einen anständigen
Einbruchdiebstahl hinkriegt, und dieser Typ hat im Golfkrieg ein Verdienstkreuz
der Navy bekommen.
    Bei der Schlacht von Khafji, vor dem großen amerikanischen
Gegenschlag. Mitten in der Nacht fahren Einheiten irakischer Artillerie über
die Grenze, und Kearneys Reserveeinheit ist das einzige, was ihnen den Weg
versperrt. Die Einheit hängt mutterseelenallein an der Grenze herum und wird
einfach überrollt. Corporal Tim Kearney zieht vier verwundete Marines unter
irakischen Panzern hervor. In der Begründung für die Ordensverleihung heißt es,
er sei da draußen in der nächtlichen Wüste herumgerannt, als wäre er John Wayne
persönlich - er habe herumgeballert, Handgranaten geworfen und seine Kumpel in
Sicherheit gebracht.
    Um dann zum Gegenangriff überzugehen.
    Gegen Panzer.
    Eine Ein-Mann-Abrissbirne, sagt ein Augenzeuge.
    Natürlich kann er nicht gewinnen, aber immerhin zieht er ein paar
Panzer aus dem Verkehr, und seine Einheit ist noch intakt, als am nächsten
Morgen Verstärkung eintrifft.
    Kearney bekommt das Verdienstkreuz, und dann folgt - nach klassischer
Kearney-Manier - die unehrenhafte Entlassung. Weil er einen saudischen
Offizier zusammengeschlagen hat.
    Scheiße, denkt Gruzsa, dafür hätten sie ihm gleich noch einen Orden
geben sollen.
    »Sie haben dich
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