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Blutsbrüder

Blutsbrüder

Titel: Blutsbrüder
Autoren: Ravensburger
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ich was für dich.«
    Darius stützt die Ellenbogen auf die Tischplatte und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Rike tritt von hinten an ihn heran, streicht ihm über das Haar und küsst ihn in den Nacken.
    Dann stellt sie einen uralten Beute l – Jute statt Plasti k – auf den Tisch, holt eine Flasche Sekt raus, öffnet den Kühlschrank und legt sie in das ramponierte Gefrierfach. Anschließend kramt sie in dem Tragebeutel herum und fördert ein Kästchen zutage: rot, mit einer schwarzen Schleife und bestäubt mit einem feinen Goldpuder.
    »He, pack mein Geschenk aus. Und danach erzähl mir, was los ist.«
    Wie aus ungewohnter Ferne dringt ihre Stimme an Darius’ Ohr. Er blickt Rike an, sieht sie wie hinter einem Schleier, entfernt die schwarze Schleife, öffnet das rote Pappschächtelchen, nimmt einen Anhänger hervor, der spitz ist und an einem geflochtenen Lederband hängt, hört Rike sagen: »Ein Haifischzahn. Der soll dich an mich erinner n – und außerdem wird er dich beschützen.«
    Darius nuschelt: »Danke.« Und dann sagt er leise: »Alles ist scheiße.«
    Anschließend erzählt er Rike, die neben ihm stehen geblieben ist, von dem Vorfall auf dem Fabrikhof und seinem Treffen mit Hakan. Danach ist es still in der Küche.
    »Was wird er tun?«, fragt sie zaghaft.
    »Sich stellen«, erwidert Darius. »Kämpfen.«
    »Warum?«
    »Er redet von Stolz und Ehre. Er will nicht feige sein.«
    Wieder schweigen sie eine Weile. Endlich entgegnet Rike: »Tut mir leid, das sagen zu müssen: Aber dein Freund redet wie meine früheren Kumpels.«
    Darius zuckt die Schultern. »Und?«
    »Du kannst ihm nicht helfen. Er wird nicht auf dich hören. Er lebt längst auf einem anderen Planeten.«
    Wieder hebt Darius die Achseln. Ärgerlich sieht Rike ihn an. »Stolz und Ehr e – das klingt wie Blut und Ehre.«
    »Du verstehst ihn nicht.« Darius zögert. »Was bist du ohne Stolz? Nichts. Du schämst dich vor dir selber. Und ohne Ehre ist es genauso.«
    Rike stützt die Hände auf den Tisch, betrachtet Darius prüfend und schweigt eine Weile. Dann zieht sie einen Stuhl zu sich heran, setzt sich Darius gegenüber und beugt sich über den Tisch zu ihm hin.
    »Hakan weiß nicht, wo er hingehört. Aber du solltest es wissen.«
    Sie schiebt das rote Schächtelchen mit dem spitzen Haifischzahn auf dem Tisch hin und her, schiebt es schließlich zu Darius, als wolle sie verhindern, dass sie es wieder an sich nimmt und unwillkürlich einsteckt. Darius legt das Band mit dem Zahn um den Hals und lächelt verlegen, entgegnet aber nichts.
    »Du hast alles super hinbekommen«, sagt Rike. »Du hast eine Wohnung. Du bist weg von deinem Vater. Du bist mit mir zusammen.«
    Ihre Stimme klingt beschwörend.
    »Wir können gemeinsam deinen Geburtstag feiern. Du kannst, wenn du das willst, zur Polizei gehen. Die kümmern sich um Alina und regeln alles andere.«
    »Was soll ich denen sagen? Dass sich zwei Jungen prügeln wollen?«
    »Tj a … na ja.«
    Rikes Blick ist wehmütig, als sie den Haifischzahn so zurechtrückt, dass er in der Mitte vor Darius’ Brust hängt.
    »Sieht richtig gut aus.«
    Sie dreht sich um, geht zur Küchenkommode und holt zwei langstielige Gläser aus der Vitrine, die sie in der Spüle auswäscht und dort stehen lässt.
    Als sie auf dem Weg zum Kühlschrank ist, um den Sekt herauszuholen, murmelt Darius, der spürt, wie sich eine Klammer um seinen Brustkorb legt: »Ich werde ihm helfen.«
    Abrupt dreht Rike sich um und stößt gegen die Spüle. Böse funkelt sie ihn an.
    »Pass mal auf, du hast jetzt die Wahl: Ic h – oder dieser Idiot!«
    Wieder bewundert Darius, wie geschmeidig sie sich bewegt und wie durchtrainiert sie wirkt.
    Für die Länge eines Lidschlags sieht er sie und sich auf der Matratze im großen Gemeinschaftsraum liegen, der Sekt ist ausgetrunken, verhaltene Musik, keine Beleuchtung. Rike und er haben einander ausgezogen und jetzt sieht sie ihn auf eine Weise an, die ihn wissen lässt, was er sagen muss: »Ich liebe dich.«
    Und während er es sagt, weiß er, dass es die Wahrheit ist, und als sie erwidert: »Ich liebe dich auch«, spürt er, dass die wenigen Worte aus ihrem Innern kommen. Er weiß auch, dass sie gar nicht hätte aussprechen müssen, was ihre Augen ihm längst gesagt haben.
    Und dann sieht er sich mit ihr während der Ferien, die nicht mehr fern sind, an einem Strand liegen oder an einem See, in Frankreich oder an der Küste von Griechenland, er sieht, wie sie in einer stillen Buch t –
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