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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale
Autoren: Markus Heitz
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weiterkommen?«
    »Ihnen wird das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche bekannt sein?«, fragte Hansen und leerte ihren Becher. »Die neue Offerte wird natürlich eher Ihren Neigungen entsprechen. Meinem Auftraggeber ist es nicht nur wichtig, Sie finanziell abzusichern - sondern auch, Ihr Geschäft vor Schaden zu bewahren ...«
    Jetzt war es genug! Und er schiss auf sein Karma. Er atmete tief ein. »Drohen lasse ich mir nicht! Das haben schon ganz andere nicht geschafft. Raus!«
    Sie lächelte. »Sie scheinen ein netter Mann zu sein. Deswegen habe ich Sie gewarnt. Ihr Geschäft ist viel zu schön, um zu Bruch zu gehen. So viel Glas ...«
    Will konnte kaum glauben, was ihm die Frau da unverblümt ins Gesicht sagte. »Ich fürchte mich nicht vor Schlägern.« Er kam um den Tresen herum und griff nach ihrem Ellbogen, um sie auf die Straße zu setzen.
    Sie machte einen Schritt zurück. »Das wäre aber besser. Mein Auftraggeber hat einige Angestellte, die Sie um zwei Köpfe überragen und wenigstens zwanzig Kilo mehr Muskelmasse auf die Waage bringen als Sie. Ihr Kalahari wird Ihnen nichts nützen.« Hansen nickte ihm zu, bevor er etwas erwidern konnte.
    »Ich verabschiede mich jetzt, Herr Gul. Wenn ich meinen Fuß über die Schwelle gesetzt habe, bleibt Ihnen eine Stunde, es sich zu überlegen und sich bei mir zu melden. Danach muss ich meinem Mandanten Bescheid geben, wie es sich mit Ihrer Vermittlungsbereitschaft verhält.« Hansen schnappte die Rosen und ging betont langsam zur Tür; sie gab ihm die Gelegenheit, seine Meinung doch noch zu ändern.
    Doch Wills Widerstand war aus vielen Gründen geweckt. Er hatte das Geschäft aus eigener Kraft aufgebaut, es mit viel Schweiß zu einem wahrlich blühenden Laden gemacht. Er kam von ganz unten, und er wusste, was Herausforderungen waren. »Ich bin vor der hiesigen Schutzgeldmafia nicht eingeknickt, da werde ich es auch nicht vor Ihren Leuten tun«, sagte er. »Mit Shivas Beistand werde ich allem trotzen, wenn es nötig ist.«
    Mit ernstem Gesicht verfolgte er, wie die Maklerin das India verließ und ihm durch die Scheibe einen mitleidigen Blick zuwarf, an den Rosen roch und zur Uhr über dem Tresen deutete. Dann stieg sie in einen geparkten Porsche 911. Sekunden darauf war sie weggefahren. Will schaute zur Statue des Gottes Ganeesha neben der Uhr. »Ist das eine deiner Prüfungen für mich, mein Lord«, fragte er und überlegte, was er tun sollte, während er ein ganzes Bündel Räucherstäbchen vor dem Figürchen entzündete.
    Polizei? Nein, das wollte er selbst regeln. Ein paar Freunde aus dem Kalari-Club anrufen? Schon eher. Das Angebot doch annehmen? Niemals!
    »Eine Stunde.« Will betrachtete den kräuselnden Rauch und sandte Gebete an Kali, Shiva und Ganeesha. Danach goss er sich neuen Chai ein und betrachtete die weißen Lilien ihm gegenüber. Lilien. Todesblumen.
    Er dachte an die von Hansen angerissene Geschichte des Anwesens. Wie viel davon hatte sie erfunden? Vor dem Teufel, der das Haus angeblich schützte, fürchtete er sich jedenfalls nicht. Der christliche Teufel war für ihn nicht mehr als ein böser Geist; vor seinem Einzug hatte er ein indisches Reinigungsritual im Anwesen und im Garten zelebriert, um solche zu verjagen und der Seele der verstorbenen Nichte Ruhe zu geben. Dennoch blieb er auf der Hut und achtete auf kleine Anzeichen für ungewöhnliche Vorgänge. Bemerkt hatte er nichts, auch nicht die von Hansen erwähnten Kadaver. Will erinnerte sich daran, wie er zur Anstellung als Housesitter gekommen war: Vor der Eröffnung des India hatte er einige Zeit für verschiedene Landschaftsarchitekten gearbeitet. Das feste Einkommen fehlte ihm schmerzhaft, als der Laden nicht gleich so erfolgreich anlief, wie er sollte. Das über einen seiner alten Auftraggeber und eine Anwaltskanzlei vermittelte Angebot war genau im richtigen Moment gekommen - und selbst wenn er das Geld nicht dringend gebraucht hätte: Beim Anblick des prächtigen Anwesens und des Gartens war an ein Nein gar nicht zu denken gewesen. Das Haus hatte wirklich etwas von einem Palast - und war zudem größtenteils in einem üppigen, indischen Stil eingerichtet, in dem Will sich sofort ausgesprochen wohl fühlte. Es war fast so, als wäre das alles extra für ihn hergerichtet worden, auch wenn dies natürlich nicht sein konnte. Zudem waren die Konditionen beinahe unanständig gut.
    Seufzend machte sich Will wieder an seine Arbeit; er musste noch einen Grabschmuck fertigstellen, der am späten
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