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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale
Autoren: Markus Heitz
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nach unten und griff nach einer schwarzledernen Aktentasche, die Will zuvor nicht aufgefallen war. Wann hatte sie sie am Tresen abgestellt? Sie holte eine Unterlagenmappe heraus und schob sie ihm hin. »Dies ist der Kaufvertrag inklusive aller Formalitäten, die ich für Ihren Boss erledigen werde, wenn er unterzeichnet hat. Sie leiten die Unterlagen weiter, bringen die Sache zu einem guten Abschluss, und mein Mandant zeigt sich mit fünfzigtausend Euro erkenntlich, steuerfrei auf einem Konto Ihrer Wahl, Herr Gul. Liechtenstein, Luxemburg, irgendwelche Insel-Banken.« Gespannt betrachtete sie sein Gesicht.
    Will räusperte sich, um seine Überraschung zu überspielen, und nahm einen Schluck Tee. Er überlegte schweigend. Fünfzigtausend Euro! Das war viel Geld ... und weckte zwangsläufig seine Neugier. »Warum möchte Ihr Mandant denn das Haus? Wer einem Vermittler wie mir so viel anbietet, muss einen ziemlich guten Grund haben.«
    »Der Grund ist ganz einfach: Sentimentalität«, antwortete sie leichthin. »Einer seiner Vorfahren hat darin gelebt. Kein direkter Verwandter leider, sonst hätte er von seinem Erbrecht Gebrauch machen können.«
    »Verzeihen Sie mir, aber das hört sich doch eher nach einer etwas dürftigen Erklärung an.« Sie musterte ihn und versuchte zu ergründen, welche Botschaft er ihr damit übermitteln wollte. Dann öffnete sie die Mappe, riss die erste Seite heraus und legte eine neue hinein, die sie aus der Aktentasche nahm. »Herr Gul, ich sehe einen sympathischen Mann vor mir, dem ich es durchaus zutraue, Menschen von Dingen zu überzeugen. Damit ich mir sicher sein kann, dass Sie das tun, erhöhe ich das Angebot an Sie: hunderttausend Euro. Zu den gleichen Konditionen.«
    »Hunderttausend Euro?«, rief er beinahe erschrocken. Aus seiner Neugier wurde Misstrauen. Dazu kam, dass Hansens Art ihm immer unsympathischer wurde. Sie belog ihn, das fühlte er, um etwas Wichtiges zu verheimlichen.
    »Hunderttausend Euro, Herr Gul.« Sie klappte die Mappe zu. »Ich weiß, dass Ihr Unternehmen nicht schlecht läuft. Aber eine Eins mit fünf Nullen dahinter - das ist viel Geld. Machen Sie schon! Greifen Sie zu - oder wollen Sie ein solcher Idiot sein?«
    Mit jedem Euro, der ihm mehr geboten wurde, stand Wills Entschluss, seinen Arbeitgeber nicht zu beeinflussen, unumstößlicher fest. Hier stimmte etwas nicht. Und beleidigen lassen musste er sich auch nicht. »Es wäre besser, wenn Sie jetzt gehen.«
    »Sie sind ein geschickter Verhandler.« Hansen öffnete den Mund ein wenig, und er sah, dass sie mit der Zunge gegen die Schneidezähne drückte, eine kleine Pause einlegte und sagte: »Zweihunderttausend Euro und ein kleines Haus in unmittelbarer Nähe zu Ihrem Blumenladen, damit Sie morgens nicht mehr so weit fahren müssen.«
    »Nein, Frau Hansen!«, wies er entschieden, aber halbwegs freundlich zurück, auch wenn ihm das Angebot noch in den Ohren klingelte. »Sagen Sie Ihrem Kunden, dass es mir sehr leidtut, aber dass ich keine Rücksicht auf seine ... Sentimentalitäten nehmen kann.«
    Sie sah ihn beleidigt an. »Ab welchem Betrag kommen wir ins Geschäft, Herr Gul?« Hansen nahm erneut Anlauf, und ihrer kalten Stimme nach zu urteilen, war es das letzte Angebot. »Ich rate Ihnen, es nicht zu übertreiben.«
    »Bei keinem Betrag«, kam es rasch über seine Lippen. »Es tut mir leid, aber Sie beißen bei mir auf Granit. Wenn Sie meinem Arbeitgeber das Haus abkaufen möchten, versuchen Sie es direkt bei ihm.«
    »Sie wissen, dass das nicht funktionieren wird. Er reist durch die Weltgeschichte, und lediglich Sie haben seine Nummer.«
    »Da haben Sie recht - Pech für Sie und Ihren Kunden.« Da er sich stets bemühte, sein Karma positiv zu beeinflussen, fügte er hinzu: »Seien Sie mir nicht böse.« Er nahm zwei weiße Rosen aus dem großen Bündeleimer und streckte sie ihr entgegen. »Hier, als kleine Entschädigung.« »Ich bin Ihnen nicht böse.« Die Frau sah ihm über die Blumen hinweg direkt in die Augen. »Aber mein Auftraggeber ist es nicht gewohnt, zu verlieren.«
    »Einmal ist immer das erste Mal, Frau Hansen - und dieses Mal hat er verloren.« »Glauben Sie das wirklich? Mein Besuch ist, nun ... nennen wir es die erste Runde«, warf sie ein. »Ich habe Ihnen ein Angebot gemacht, das Sie nicht überzeugen konnte - nun werden wir den Einsatz erhöhen müssen.«
    Will seufzte und deponierte die Rosen vor ihr auf der Theke. »Haben Sie immer noch nicht verstanden, dass Sie mit Geld nicht bei mir
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