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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale
Autoren: Markus Heitz
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professionellen Überredens besaßen, würde er rasch an seine Grenzen gelangen, wenn er sie nicht überraschend ausschaltete. Sein Herz schlug schneller.
    »Ein gutes Geschäft. Aber vorher«, sagte er, wandte sich um und nahm ein neues, unterarmdickes Bündel Räucherstäbchen zur Hand, das er mit einem Minigasbrenner entzündete, »möchte ich erst noch das Wohlwollen Ganeeshas herbeirufen.« Will schwenkte die glimmenden Enden derart, dass ihn der Rauch einnebelte - dann stieß er unvermittelt zu, zielte auf das Gesicht des Anführers und traf, wie er am Schrei und am Zischen hörte. Will ließ die Stäbchen los, flankte mit einem Mutschrei über den Tisch, trat dabei nach zwei Gegnern, die er am Kinn und gegen die Brust traf. Beide gingen zu Boden, während der Anführer im Gang tobte und sich das verbrannte, mit zahlreichen schwarzen Punkten übersäte Gesicht hielt. Seine Sonnenbrille hatte ihn vor der Blindheit bewahrt.
    Wills Puls raste, trotzdem war er hochkonzentriert. Kalarippayat allein würde ihm nicht helfen; er trainierte vorwiegend Tritt- und Kampfstock-Techniken, weil er im Laden viel mit den Händen arbeitete und es sich nicht leisten konnte, sie zu verletzen. Sein Kampfstock lag zu Hause, Tritte waren dank der Schürze, die er immer noch trug, nur eingeschränkt möglich -und abgesehen davon, ging es gerade auch nicht um den meditativen Charakter eines Sports, sondern um Selbstverteidigung. Zum Glück konnte sich Will auf seine Reflexe und sein Improvisationstalent verlassen; als der Fausthieb des Angreifers, der rechts von ihm stand, auf ihn zuraste, griff Will instinktiv nach der langen Holzlatte, die er normalerweise benutzte, um Geschenkpapier gerade abzureißen. Ein guter Kampfstockersatz! Er wehrte die heranfliegende Hand mit der Latte ab, rammte dem Gegner zuerst das Knie in den Magen und trat ihm dann, als der Kerl ächzend zusammenbrach, frontal auf das Kniegelenk. Dann drosch er mit der Latte gegen den Kopf des linken Feindes, der den Hieb zwar blockte, dafür aber einen weiteren gegen die Brust erhielt, der ihn keuchend zu Boden sinken ließ, wo er ohnmächtig wurde. Will keuchte und riss den Knoten der Schürze auf, die seine Bewegungsfreiheit zu sehr einengte. Noch war die Gefahr nicht gebannt. In der Zwischenzeit hatten sich die anderen zwei Schläger, die er nach dem Anführer angegriffen hatte, wieder hochgerappelt und zogen ihre Waffen. Sie sahen aus wie abgesägte Pistolengriffe mit einem dicken, kastenförmigen Ende plus Abzug. Es knallte. Will spürte einen Stich in der Brust, dann schien sie zu explodieren - und sein Körper wurde zu einem einzigen Krampf. Gurgelnd kippte er um, ließ die Latte fallen und rutschte am Tresen entlang, bevor er aufschlug. Das Brennen in seiner Brust blieb, und er meinte zu sehen, wie sich dünne Kabel von seinem Oberkörper bis zu der merkwürdigen Waffe spannten.
    »Was sagst du zu dem Taser, Arschloch?«, höhnte der Mann, der sie hielt. »Steck dir deinen Kung-Fu-Scheiß sonst wo hin!«
    Ein unkontrollierbares Zucken, das vom Kiefer bis zu den kleinen Zehen reichte, setzte Will außer Gefecht. Das geschundene, pünktchengezierte Gesicht des Anführers tauchte vor ihm auf. »Du scheiß Reiskocher!«, schrie er, schnappte sich eine Vase und goss sich das Wasser ins Gesicht, um die Asche der Räucherstäbchen abzuspülen. Danach schmetterte er das Gefäß mit Wucht auf Will nieder. Der Aufprall auf der Hüfte tat verflucht weh und überlagerte fast den Schmerz, den der Strom verursachte. »Indischer Wichser«, wurde er angebrüllt. »Du hast ein Scheißglück, dass wir genaue Anweisungen haben, wie mit dir zu verfahren ist, sonst würdest du ...« Der Anführer ballte die Hände zu Fäusten und rang mit der Beherrschung. »Der Vertrag liegt auf dem Tresen. Ruf die Hansen an, wenn du ihn übergeben hast.« Er nickte und hieß einen seiner Mitarbeiter, sich um den ohnmächtigen Kameraden zu kümmern; die anderen zwei zertrümmerten routiniert die Regale, bis alles, was einmal gestanden hatte, zerborsten auf der Erde lag. Die Hängekästen landeten ebenfalls auf dem Boden, sogar die Schaufenster gingen zu Bruch.
    Will kauerte auf dem Boden, die Kabel verbanden ihn nach wie vor mit dem Taser. Der Mann, der ihn bediente, hielt die Hand am Regler, als Drohung, die Voltzahlen jederzeit wieder hochjagen zu können. Schließlich endete das Brennen in Wills Brust und das Muskelzucken; der Taser war abgeschaltet worden.
    »So, Inder, du weißt Bescheid. Wir
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