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Blutlinie

Blutlinie

Titel: Blutlinie
Autoren: Kim Jones
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restlichen Schnee damit weg und setzte mich auf das klamme Holz. Den MP3-Player schaltete ich aus, konnte ich mich doch ohne Musik in den Ohren auf das Gelesene viel besser konzentrieren. Das Buch, in den behandschuhten Händen haltend, tauchte ich in die Welt von Cathy und Heathcliff ein. Tatsächlich kam kurze Zeit später die Sonne durch und ließ den See in ihren Strahlen glitzern. Ich seufzte auf, genoss das Bild, das aussah, als wäre es aus einem Traum entsprungen und schloss ein wenig die Augen.
    Nach ein paar Minuten widmete ich mich wieder dem Roman, als ein Hund mich plötzlich kurz beschnüffelte und dann weiterlief. Es war ein männlicher Rottweiler, wie ich sehen konnte, dessen Fell seidigschwarz schimmerte. An seiner Halsunterseite, der Brust, den Läufen und über den Augen hatte er mahagonifarbene Stellen, die in einem schönen Kontrast zu der dunklen Farbe standen. Er war groß und kräftig, seine Muskeln zeichneten sich unter dem Haarkleid ab. Der Hund schien kein Gramm Fett an sich zu haben und wedelte temperamentvoll mit dem Schwanz.
    Ich sah mich um, weil ich mich wunderte, dass der Rottweiler, auch wenn er noch so lieb erschien, nicht an der Leine geführt wurde. Doch niemand machte Anstalten, dass er ihm gehörte. Der Hund lief weiter und pinkelte an einen Baum.
    Ich hörte einen Pfiff, blickte in die Richtung, aus der er gekommen war, doch ich konnte niemanden sehen. Der Rottweiler aber setzte zum Sprung an, verfiel in einen geradezu wilden Galopp und verschwand über die Wiese, dann hinter einer Baumgruppe. Ein gut erzogenes Tier, das auf sein Herrchen oder Frauchen voller Treue hörte. Ich war beeindruckt.
    Noch eine Weile gab ich mich der Stimmung meines Buches hin, lächelte, litt mit den Liebenden und entschloss mich nach einer Stunde die Segel zu streichen. Nun wurde mir doch recht kalt und ich wollte mir keinen Schnupfen holen. Ferner wollte ich noch etwas essen und ein paar Minuten verschnaufen, bevor Mary auftauchte und mich mit ihrer verrückten Art mitriss, was sicherlich nicht schlecht war, bei den trüben Überlegungen, die mir viel zu oft innewohnten. Doch nachdem, was damals geschehen war, konnte ich es mir nicht übel nehmen.
    Ich warf einen letzten Blick auf das funkelnde Wasser, dann machte ich mich auf den Weg nach Hause. Es war ein entspannter Tag bis jetzt gewesen, an dem ich Einiges geschafft hatte, also konnte ich mich heute Abend durchaus mal wieder amüsieren.

2. Dancing Queen
    Pünktlich um halb sieben wurde meine Klingel zu einem Sturmgewehr, so lange und durchdringend wurde sie betätigt. Ich verdrehte die Augen, drückte den Knopf, damit Mary heraufkommen konnte und wartete geduldig. Völlig außer Atem kam sie die letzte Treppe hoch.
    „Wenn mein Make up verläuft, bist du schuld!“, rief sie und wischte sich kurz über die Stirn.
    „Nun übertreib mal nicht, es ist viel zu kalt zum Schwitzen“, sagte ich und ließ sie herein.
    Wir umarmten uns, dann zog sie ihren warmen Mantel sowie die Stiefel aus und ich schnappte nach Luft, während ich ihr superdünnes rotes Kleid betrachtete, das ihre schönen Kurven so deutlich zur Geltung brachte, dass nichts mehr der Fantasie überlassen blieb.
    „Warum hast du überhaupt was angezogen?“, fragte ich sie und beäugte den üppigen Busen, der sich seinen Weg aus dem Kleid bahnen wollte – ob mit ihrer Erlaubnis oder ohne.
    Ihr Haar hatte sie zu einem frechen Zopf gebunden und große Creolen komplettierten das Bild.
    „Und wieso sieht du wie eine Vogelscheuche aus?“, wollte sie mit zusammengekniffenen Augen wissen.
    Wir lachten beide lauthals los.
    „Du wirst sie alle verrückt machen, das ich dir doch klar?“
    Mary schaute an sich herab.
    „Meinst du wirklich?“, sagte sie zweifelnd, grinste dabei aber wissend.
    „Das weißt du doch genau. Woher hast du das Kleid? Das war doch sicher sauteuer.“
    „Zusammengespart, von meinem kläglichen Gehalt. Ich musste es einfach haben. Dein Rock ist nett“, meinte sie mit einem Blick nach unten.
    Nett? So wie im Sinne von: Scheiße, aber schön?
    Mir gefiel der schwarze Rock, der fast bis zu den Knien reichte. Ich trug dazu lange schwarze Lederstiefel und ein ebenso dunkles Shirt. Mary durchsuchte eine Tüte, die sie mitgebracht hatte.
    „Probier das mal an!“, kicherte sie und reichte mir ein türkisfarbenes Top mit Spaghettiträgern, das eine große Blume zierte, die in Schwarz darauf gedruckt war. Es hatte was, das musste ich zugeben.
    „Nun mach schon“,
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