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Blutlinie

Blutlinie

Titel: Blutlinie
Autoren: Kim Jones
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Lichter erblickte, wusste ich auch schon, warum man den Namen Bowl ausgesucht hatte.
    Vor uns erhob sich eine glänzende, riesige Silberkugel, die aussah, als hätten Außerirdische diese hier vergessen. Futuristischer ging es kaum. Menschen standen vor dem Eingang, lachten, unterhielten sich. Ordner mit militärisch geschnittenem Haar und Muskelbergen sorgten für Ruhe, wirkten cool und gleichgültig, selbst wenn sich Stimmen erhoben und diskutieren wollten. Flackernde Lichter drehten sich an der gigantischen Kugel und warfen ihre Strahlen durch die Menge; Flutlichter waren an den Seiten aufgestellt, um den Schutz der Gäste und die Raufbolde im Überblick behalten zu können. Mary suchte nach einer Parkgelegenheit. Ich sah ein Schild, das darauf hinwies, dass sich hinter dem Club die Parkplätze befanden. Mary folge den anderen Autos, die sich bereits zu einer Schlange formiert hatten.
    „Wahnsinn, oder?“
    Ihre Stimme klang ehrfürchtig, während mein Herz aus dem Brustkorb stolperte und sich im Magen wieder fand.
    „Ganz schön was los hier“, sagte ich und schluckte schwer.
    Meine Aufmachung kam mir nun doch etwas zu gewagt vor. Aber nun war es zu spät, um zu flüchten.
    Mary fand in einer der letzten Reihe einen Platz, stellte den Citroen ab und begutachtete sich im Autospiegel.
    „Willst du auch noch mal?“
    Ich setzte mich ein Stückchen auf und betrachtete mein etwas gerötetes Gesicht. War das tatsächlich Aufregung? Mein Make up sah immer noch gut aus, doch die Pupillen schienen unnatürlich groß. Ich atmete tief durch.
    „Es kann losgehen. Entspann dich“, grinste sie, als sie meinen Blick bemerkte.
    Sie tauschte ihre Stiefel gegen ein paar rote Pumps, stieg aus und zog sich den Mantel an. Ich folgte ihr und schlang auch meine warmen Mantel um mich. Wer wusste schon, wie lange wir draußen auf den Einlass warten mussten. Um uns herum nahm ich Frauen wahr, die eindeutig aus Hochglanzzeitschriften entsprungen waren. Plötzlich fühlte ich mich in meinem Rock und den Strumpfhosen wie ein Trampel. Wie konnte man so dicke Waden haben?
    „Du hast schon wieder Komplexe“, stöhnte Mary und hakte sich an meinem rechten Arm unter.
    „Und wenn schon? Sieh dir doch mal die Weiber an! Die müssen doch gar nichts essen und den ganzen Tag joggen.“
    Mary sah sich um.
    „Männer mögen nicht solche aufgetakelten Ziegen“, lachte sie und stupste mir den Ellenbogen leicht in die Seite.
    Ich verdrehte die Augen.
    „Und warum hast du dich dann so aufgemotzt?“
    Darüber schien sie echt nachzudenken.
    „Weil ich’s gern mache. Aber du musst das nicht tun, weil du’s eben nicht magst. Du siehst auch so klasse aus.“
    Ich kam ins Grübeln.
    „Heißt das, du denkst, dass du nicht hübsch bist? Aber das bist du, Mary, auch ohne dieses ganze Zeug. Sogar in deiner Bäckerschürze siehst du niedlich aus.“
    Verblüfft sah sie mich an.
    „Das habe ich nicht gehört!“ Ihr Ton sollte ernst sein, doch sie lächelte dabei. „Dann haben wir beide eben Komplexe.“
    Die Stimmung hatte sich wieder aufgelockert und wir beide lachten herzlich. Ich wüsste nicht, was ich ohne Mary tun sollte, so war sie mir ans Herz gewachsen.
    Als wir uns hinter die Wartenden einreihten, die am Einlass standen, schaute ich mich um. Die Kugel wirkte einschüchternd, wie sie haushoch vor uns thronte. Ich fragte mich, wie die Luft sich dort drinnen anfühlte, jedoch gab es sicher eine gute Klimaanlage, die das Gebäude speiste. Anders war ein Überleben doch nicht möglich. Letztendlich wollte ich nicht aufgrund der Nebelmaschine ins Gras beißen. Mir tränten schon die Augen, als ich an das Gefühl dachte, wie das Fluid, das sie verströmte, langsam in alle Körperöffnungen kroch.
    „Schau mal, der ist süß“, raunte mir Mary ins Ohr.
    Ich folgte ihrem Blick. Links an der Seite stand ein junger Mann mit hellblonden Locken. Er hatte ein hübsches Lächeln, das bei unseren Blicken gekonnt zum Einsatz kam. Seine blauen Husky-Augen strahlten. Er trug eine verwaschene Jeans, darüber nur einen grauen Windbreaker.
    „Nicht hässlich“, zischte ich, was Mary zum Lachen brachte.
    Ihr Blickkontakt mit ihm wurde unsanft unterbrochen, als wir endlich an der Reihe waren. Wir bezahlten den Eintritt, der mich eine Woche sonst ernährte, dann bekamen wir einen fluoreszierenden Stempel in Form einer Kugel aufgedrückt, den ich kurz unter dem speziellen Licht erkannte.
    Mary suchte die Umgebung ab, doch offensichtlich war der Typ verschwunden,
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