Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutlinie

Blutlinie

Titel: Blutlinie
Autoren: Kim Jones
Vom Netzwerk:
bittere Realität. Man hatte mich gekidnappt und hier abgelegt, wie eine Leiche, die bald seziert werden würde.
    Jemand ist bei mir…jemand ist in diesem Raum…und starrt mich an…
    Ruckartig schlug ich meine Augen auf, die sogleich von dem hellen Licht geblendet wurden. Ich zwinkerte, mein Herz klopft wie verrückt, während ich krampfhaft versuchte, etwas zu erkennen. Tränen flossen mir über die Wangen, ich blinzelte immer wieder, schaute durch den Raum, suchte den Boden, die Wände ab. Stand dort jemand? Hockte etwas auf dem Boden? Und plötzlich sah ich ihn.
    An die Wand gelehnt, mit verschränkten Armen, erblickte ich eine dünne Gestalt, deren Gesicht von den Schatten verschluckt wurde.
    Darius?
    Es war keine Überraschung, dachte ich nur. Ich hatte geahnt, wie sehr er mich hasste, wie er mir dies schon durch seine Blicke, Gesten und die schauderhafte Stimme gezeigt hatte. Mein Kopf wurde schwer, ich musste ihn wieder auf den Tisch unter mir legen.
    Schritte näherten sich, abrupt, ließen mein Blut in den Ohren rauschen. Ich schloss mit allem ab, sah meine Eltern vor mir, Brandon, Mary und Maggie, nahm das Gute mit, verwünschte das Böse, das mir nicht folgen sollte, egal, wohin ich ging. Sie würden mich sicher nicht am Leben lassen, auch wenn ich die Auserwählte sein sollte. Sie würden es sich nicht leisten können, dass ich mich verwandelte und ihnen dann nicht folgte. Das Risiko würde viel zu groß sein, untragbar, wenn ich erst einmal genügend Macht bekommen hatte. Auch wenn ich überhaupt keine Ahnung hatte, zu was ich fähig sein würde. Es war doch gar nicht so schlimm, zu sterben, oder? So musste ich nicht mehr frieren, die Ungewissheit würde von mir abfallen und ich war keine Gefahr für die Reinen , wenn mich die Dunklen zu ihrem Spielball machen würden. So oder so ein Gewinn, nur nicht für mich. Wenigstens hatte ich noch ein normales Leben, lebte nicht die ganze Zeit in Angst und kannte mein Schicksal vorher nicht. Das ist mehr, als andere von sich behaupten können. Wie ging dieser Spruch? Du kannst deinem Schicksal nicht entrinnen…
    Dass er sich als wahr erweisen würde, hätte ich niemals geglaubt.
    „Sieh mich an“, ertönte eine heisere Stimme so laut und aggressiv neben mir, dass ich zusammenzuckte.
    Sie gehörte nicht Darius. Erleichtert atmete ich auf, und wusste nicht wieso. Sollte ich doch noch kämpfen? Sie davon überzeugen, dass alles ein großes Missverständnis war? Ich drehte meinen Kopf, ließ meine Augen nach oben gleiten. Erschrocken keuchte ich auf.
    Verengte rote Augen starrten auf mich nieder, eingerahmt von einem Gesicht, dass an Hässlichkeit nicht zu überbieten war. Die Nase, so lang gebogen wie ein Schnabel, Haut wie aus Papier, so dünn und eng über das Gesicht gespannt, dass sie gleich reißen müsste. An den Wangen und der Stirn Vertiefungen, die in unförmige Dellen übergingen, von einem schmutzigen Beige-Ton, der krank aussah. Ganz kurz zuckte durch meine Gedanken das Bild von Darius, der eine ebenso geschaffene Haut hatte, nur ohne die Dellen, die dem Dunklen , der vor mir stand, ein bedrohliches Aussehen gab. Er hatte kaum Lippen, die in schmalen Strichen untergingen, Zähne aber so lang und spitz, dass ich mir unweigerlich vorstellte, wie es war, von ihnen gebissen zu werden. Der Dunkle trug die ergrauten Haare zu einem ordentlichen Zopf gebunden, die Kleidung bestand aus einem dunklen Anzug, der sehr teuer aussah.
    Sie hatten mich! Es war kein böser Traum, aus dem ich erwachen konnte. Alles hatte nichts genützt. Es war vorbei.
    „Braves Mädchen“, schnurrte er, hob die langen Finger und schob ein paar Haarsträhnen aus meinem Gesicht.
    Seine kühlen Finger verursachten eine Gänsehaut, die nicht dem Umstand geschuldet war, dass seine Haut eisig war, sondern, dass er mich berührte.
    „Hab keine Angst, wir brauchen dich noch“, lächelte er.
    „Was…was wollen Sie von mir?“
    Sein Grinsen wurde breiter.
    „Das weißt du doch schon längst, mein Mädchen, du musst mir nichts vormachen. Dumm bist du sicher nicht.“
    Sein Blick schweifte über meinen Körper, der kaum von dem durchsichtigen Nachthemd bedeckt wurde. Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Ich empfand Ekel und Angst. Was würde er mit mir tun? Was hatten sie vor?
    „Ich bin nicht das, für das sie mich halten“, kam es zitternd über meine Lippen. „Bitte lassen sie mich gehen.“
    „Das kann ich leider nicht, schon zu lange haben wir nach dir gesucht. Du bist uns
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher