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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Frösteln. Was Lasse nicht laut
ausgesprochen hatte, das las er überdeutlich in seinen Augen.
»Aber nicht irgendein Opfer«, vermutete er.
Lasse schüttelte den Kopf, seine Augen wurden leer. Er
antwortete nicht. In diesem Moment flog die Tür in ihrem
Rücken auf und Arnulf trat ein.
»Nein«, sagte er, »sie wollen kein anderes Opfer, sondern das,
das ihnen zusteht. Sie wollen Verinnia, niemanden sonst.«
Seine Augen loderten vor Zorn. Andrej warf einen Blick durch
die offen stehende Tür in seinem Rücken. Arnulf war nicht
allein gekommen. Er hatte nahezu das ganze Dorf mitgebracht.
»Ich kann mich nicht erinnern, dich hereingebeten zu haben«,
sagte Lasse ärgerlich.
Arnulf machte eine wütende Handbewegung, wie um Lasses
Worte beiseite zu fegen. »Ich verstehe und achte dich, Lasse«,
sagte er mühsam beherrscht und in einem Ton, der das genaue
Gegenteil verstehen ließ. »Aber begreifst du denn nicht, was …«
»Ich begreife vor allem, dass du ein Feigling bist«, unterbrach
ihn Lasse und stand auf.
Arnulf straffte kampflustig die Schultern, und für einen
Moment war Andrej überzeugt, dass die beiden riesigen Männer
nun aufeinander losgehen würden. Aber dann, ganz plötzlich,
trat Arnulf einen halben Schritt zurück und verzog sein Gesicht
zu einer verständnisvollen Miene.
»Glaubst du denn, ich verstehe dich nicht, Lasse?«, fragte er
sanft. »Auch mir tut Verinnia leid. Ihr Vater war ein guter
Freund und ich weiß, dass du ein tapferer Mann bist. Aber du
hast gesehen, was geschieht, wenn wir versuchen, uns gegen das
Schicksal zu wehren. Sind fünf Tote denn noch nicht genug?«
Andrej tauschte einen Blick mit Abu Dun. Der Nubier zögerte
einen winzigen Augenblick, und der Ausdruck auf seinem
Gesicht erschien ihm undeutbarer denn je. Dann aber nickte er
fast unmerklich. Und Andrej fragte: »Und ist nicht einer mehr
zuviel, Arnulf?«
Der schwarzhaarige Riese fuhr herum wie eine wütende
Schlange. »Was mischt Ihr Euch ein«, zischte er. »Ihr wisst
doch gar nicht, wovon Ihr redet.«
»Wir wissen, dass sie zweimal im Jahr kommen und ein
Menschenopfer von euch verlangen«, sagte Abu Dun an Andrejs
Stelle. »Wie lange wird es noch dauern, bis keiner mehr von
euch übrig ist, um mit seinem Leben das der anderen zu
erkaufen?«
»Was können wir schon tun?«, fauchte Arnulf.
»Ihr könntet kämpfen«, schlug Andrej vor.
Arnulf lachte böse. »Kämpfen! Man kann nicht gegen diese
Kreaturen kämpfen. Sie sind keine Menschen, sondern
Ausgeburten der Hölle! Wie willst du etwas töten, das bereits tot
ist?«
»Was meinst du damit?«, fragte Abu Dun. »Das bereits tot
ist.«
Arnulf zögerte einen Moment, dann hob er die Schultern.
»Niemand weiß genau, was sie sind«, sagte er. »Es heißt, sie
wären verfluchte Seelen. Männer, die vor mehr als einem
Jahrhundert einen Pakt mit dem Teufel selbst geschlossen
haben. Seither sind sie weder tot noch lebendig. Sie altern nicht
und es ist fast unmöglich, sie zu töten. Aber sie brauchen dann
und wann frisches Blut, um ihren Pakt mit dem Satan zu
erneuern.«
»Was für ein Unsinn!«, sagte Abu Dun. »Mit solchen
Geschichten erschreckt man in meiner Heimat kleine Kinder.«
»Und hier macht man das mit Geschichten von schwarzen
Männern, an die auch niemand glaubt«, schnappte Arnulf. »Du
kannst glauben, was du willst. Ich weiß, was ich gesehen habe.
Sie sind unsterblich.«
Andrej verspürte ein kurzes, aber eisiges Frösteln, als er an
Verinnias Vater zurückdachte und an das, was er in seiner
Gegenwart gespürt hatte. Etwas wie eine jahrhundertealte
Fäulnis, die schlimmer war als der Tod. Er hatte gedacht, es
wäre der Wundbrand, der das Blut des Mannes vergiftet hatte.
Aber vielleicht war es ja die Berührung von etwas gewesen, das
viel schlimmer und böser war.
»Und wenn wir euch helfen?«, fragte er leise. »Abu Dun und
ich sind schon auf Untote gestoßen. Du hast recht, sie sind
schwer zu töten, aber es ist möglich.«
»Verinnias Vater hat es getan«, fügte Abu Dun hinzu. »Und
wir würden euch helfen.«
Arnulf wirkte unschlüssig. Aber schließlich schüttelte er doch
den Kopf. »Es ist unmöglich«, beharrte er. »Selbst wenn wir es
wollten, wie sollte das gehen? Sie schicken niemals mehr als
einen an Land, und nach dem, was gestern passiert ist,
wahrscheinlich nicht einmal mehr das.«
»Ich dachte, das hier wäre ein Fischerdorf«, sagte Abu Dun
spöttisch. »Habt ihr denn keine Schiffe?«
»Ein paar
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